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Zwischen Liebe und Begierde: Im Königreich der Oyesen (German Edition)

Zwischen Liebe und Begierde: Im Königreich der Oyesen (German Edition)

Titel: Zwischen Liebe und Begierde: Im Königreich der Oyesen (German Edition)
Autoren: Cassia K. McKenzie
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gehörst zu wem?“, wiederholte der Alte ungeduldig.
    Jasurea musste plötzlich an die dreißig Mitgefangenen denken, die auf dem Triumphzug hinter Nesean her geschlurft waren. Sie alle hatten niemanden, der sich um sie kümmerte. Sie alle würden langsam aber sicher umkommen.
    „Ich gehöre… ich gehöre zu Nesean Iku“, sagte sie rasch.
    „Was?“, rief der Alte ungläubig aus. „Zu wem? Habe ich richtig gehört? Du gehörst zum gefangenen Prinzen?“
    Jasurea spürte ihre Handflächen warm und feucht werden. Ihr Mund hingegen fühlte sich pelzig und völlig ausgetrocknet an. Jetzt. Jetzt würde sie auffliegen.
    Alles was sie zustande brachte, war ein knappes Nicken.
    „Verdammt, du bist ja schneller hier als der Prinzen furzen kann. Wie bist du über die Grenze gekommen? Wie hast du das geschafft, hm? Was bist du? Seine Schwester?“, bombardierte der Alte sie mit Fragen.
    Jasurea spürte, wie ihr schwindlig wurde. Sie wollte antworten, brachte aber nicht mehr als ein einzelnes Wort heraus. „Verlobte“, presste sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    „Unmöglich!“, rief der Alte aus.
    Jasurea zuckte zusammen. Sie erwartete schon, der Alte würde Dokumente verlangen, die ihre Identität bezeugten. Wenn er das tun würde, könnte er sie auch gleich dem König ausliefern. Dokumente konnte sie keine vorweisen.
    Doch der Alte fuhr fort: „Verlobte? Du sagst, Verlobte? Und ich dachte, der Prinz des Weizenvolkes sei genau darum nicht König geworden. Weil ihm eine Frau fehlte.“
    Jasurea erstarrte. Diese Geschichte hatte sie auch gehört. Der Vater von Nesean hatte eigentlich den Thron an seinen Sohn abtreten wollen, doch dies erwies sich als unmöglich, da Nesean keine Frau fand oder finden wollte. Das Weizenvolk erlaubte nur einem Paar, König und Königin zu werden, nicht jedoch einer Einzelperson.
    Jasurea nickte nun bekräftigend. „Was du sagst ist richtig. Unsere Verlobung ist ja auch noch jung. Sie wurde erst vor kurzem geschlossen, kurz bevor Nesean einmal mehr in den Kampf gezogen ist. Wir haben sie noch nicht öffentlich bekannt gegeben.“
    Der Alte zögerte. Er sah so aus, als zweifle er an Jasureas Worten.
    Jasurea presste die Zähne zusammen. Sie musste sich zwingen, nicht Hals über Kopf die Flucht zu ergreifen und den Kerkerhügel hinunterzustürzen.
    Schließlich aber nickte der Alte. „Gut. Dann geh. Deinen Prinz findest du im vierten Geschoss unter der Erde. Dort rufst du nach einer Wache. Sie wird dich zu ihm bringen.“
    Jasurea brachte nicht einmal ein Nicken zustande. Man ließ sie tatsächlich zum Prinzen vor! Doch statt erleichtert zu sein, wurde sie von Beklemmung erfasst, als sie zur schmalen Steintreppe trat, die sie tief unter die Erde führen sollte. Der Alte glaubte ihr doch, oder? Das war doch nicht etwa eine Falle? Man würde sie da unten doch nicht etwa einsperren?
    Bei der Treppe angekommen, zögerte Jasurea. Sie wusste jedoch, dass zu langes Zögern Verdacht erregen konnte, also gab sie sich einen Ruck und stieg hastig die Stufen hinunter, die sie ins dunkle Herz der Erde bringen sollten. Mit jeder Stufe, die sie tiefer in die Erde brachte, wurde es dunkler und unheimlicher. Im vierten Untergeschoss sah Jasurea so gut wie gar nichts mehr.
    Heiser rief sie nach der Wache. Ein Schatten löste sich von der Wand. Jasurea zuckte vor Schreck zusammen. Da ging eine kleine Gasleuchte an, die ein scheues Licht in den Korridor warf. Die Wache trat zu Jasurea und musterte sie wortlos im schmalen Lichtschein der Lampe.
    Als Jasurea erklärte, sie komme, um den Prinzen zu besuchen, starrte die Wache Jasurea einfach nur schweigend an. Sekunden verstrichen, Sekunden, in denen Jasurea vor Angst und Bange beinahe ohnmächtig wurde.
    Die Wache verlor kein Wort. Nach eingehender Musterung bedeutete sie Jasurea mit einem Kopfnicken, ihr zu folgen. Jasurea schloss vor Erleichterung die Augen. Zitternd folgte sie der Wache, die sie zu Neseans Zelle führte. Die Wache zückte einen Schlüssel, schloss eine schwere Stahltür auf. Mit einem Kopfnicken forderte die Wache Jasurea auf, die Zelle zu betreten.
    Jasurea zögerte ein letztes Mal, bevor sie den kleinen Raum betrat, der Neseans Zelle war. Kaum stand sie in der stockfinsteren Zelle, als die Stahltür mit einem Knall ins Schloss geworfen wurde. Jasurea schnappte ängstlich nach Luft. Jetzt war sie endgültig eine Gefangene der Dunkelheit. Sie konnte kaum ihre eigene Hand vor den Augen sehen, geschweige denn den Prinzen.
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