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Zwischen Licht und Dunkel

Titel: Zwischen Licht und Dunkel
Autoren: Ursula Spitzbart
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Deutschland-Aufenthalt einmal mein Rückflugticket versehentlich hatte verfallen lassen, wurde mir seine Gültigkeitsfrist problemlos verlängert. Meine Eltern hatten bei ihrem ersten Islandbesuch einen Inlandsflug gebucht, doch Papas Flugticket war plötzlich verschwunden. Wahrscheinlich lag es zusammen mit den geschriebenen Postkarten im Briefkasten. Der Ersatzflugschein wurde gebührenfrei ausgestellt.
    In einem vorausgegangenen Kapitel habe ich bereits dafür plädiert, angesichts des isländischen Windes mit der Handhabung von Autotüren vorsichtig zu sein. Ein Tipp, der vor allem auf folgenden Schrecksekunden beruht: Ich hatte meinen Reisepass bei den isländischen Behörden abgegeben, um meine Aufenthaltsgenehmigung eintragen zu lassen. Nun war er abholbereit und ich – mit Stefán als Privatchauffeur – im Begriff, ihn abzuholen. Alle Papiere, die ich für diesen Amtsgang benötigte, lagen auf dem Armaturenbrett meines Autos parat. Es war ein extrem windiger Tag, aber es eilte, und da geschah es trotz besseren Wissens: Wir öffneten beide zeitgleich die Autotüren. Und schon hatten sich meine Unterlagen in die Lüfte erhoben. Immer höher stiegen sie, über die stark befahrene Straßenkreuzung und den jenseitigen Häuserblock hinweg. Die postwendend eingeleitete Suchaktion blieb erfolglos. Da stand ich nun mit nichts in der Hand außer der Entschuldigung, dass mir der Wind ein Schnippchen geschlagen hätte. „Ach, das ist nicht so schlimm. Wir haben eine Kopie deiner Unterlagen. Hier, bitteschön!“ Damit war die Sache erledigt.
    Deutsche Planungstaktik gegen isländisches Chaos. Was sich zunächst wie die ultimative Katastrophen- Kombination anhört, ist bei näherem Hinsehen vielleicht doch nicht so schlecht. Im Idealfall nähern sich beide Parteien dem anderen Extrem wenigstens ein bisschen an. Im Zeichen der Globalisierung sollte auch der Isländer inzwischen erkannt haben, dass seine Methode nicht nur Freunde schafft. Was für ihn Flexibilität ist, könnte aus anderer Perspektive durchaus als Unprofessionalität ausgelegt werden. Im Gegenzug plädiere ich dazu, den Überorganisierten dieser Welt ein Stück Island-Therapie zu verordnen. So werden beide Seiten profitieren.

Eine kleine Namenskunde
    Þorkell Freyr Sigurðsson, Hólmfríður Hálfdánardóttir, Njörður Már Sigursveinsson, Pálmi Matthíasson, Skarphéðinn Sæþórsson, Þórhalla Sif Ástvaldsdóttir und Sigfús Þór Smárason. Ganz normale isländische Namen, die – wie man sieht – wahrlich dicke Brocken sein können. Ich hatte gerade erst begonnen, mich in der Welt der isländischen Sprache zurechtzufinden, als mein Arbeitgeber allen Angestellten ein Dale Carnegie-Seminar aufdrückte, um den Service gegenüber den Kunden noch einen Tick zu verbessern. Ich komme heute noch ins Schwitzen, wenn ich daran zurückdenke. Es begann mit folgender Gruppenübung, die dazu beitragen sollte, sich Kundennamen besser einzuprägen: Jeder musste seinen vollständigen Namen schauspielerisch darstellen und somit eine bildliche Brücke bauen. Ich war wirklich verblüfft, als ich mich im Nachhinein tatsächlich an einen guten Teil der zwei Dutzend Teilnehmernamen erinnern konnte. Eine Leistung, auf die ich heute noch stolz bin, hatte ich es als einziger Nicht-Isländer doch bedeutend schwerer als alle anderen. Mein (Nach)name, der ja auch in Deutschland ein Exot ist, war den anderen leicht im Gedächtnis geblieben.
    Der Isländer hat in der Regel keinen Vor- und Nachnamen im üblichen Sinne. An die Stelle des Familiennamens tritt der „Vatername“, der aus dem Vornamen des Vaters der jeweiligen Person besteht und der Endung - son oder - dóttir . Das bedeutet Sohn beziehungsweise Tochter. Dieses Grundprinzip der Namensgebung – Vererbungslehre auf isländisch sozusagen – hat sich auch in islandfernen Gefilden erstaunlich weit herumgesprochen. Wenn man es kennt, hat man schon fast gewonnen. Dann lassen sich auch die oben angeführten „namentlichen“ Zungenbrecher in den Griff bekommen.
    „Wie ist dein Name?“ und „Wessen Tochter bist du?“ sind folglich die bürokratischen Standardfragen an mich, ganz nach Islandmanier. Hört sich das nicht irgendwie persönlicher an als „Vorname, Nachname”? Ein Alfreðsdóttir statt Spitzbart liegt mir immer wieder auf der Zunge, in Anlehnung an Alfred, den Vornamen meines eigenen Papas. Ursula Alfreðsdóttir, das klingt doch gut.
    Recht gängig ist heutzutage außerdem ein zweiter Rufname, der
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