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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer
Autoren: Verkauftes Sterben
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Sommergewitter kündigte sich an. Vielleicht brachte das ein wenig Abkühlung nach der Hitze der letzten Tage.
    Der Essener suchte zwischen seinen Einkäufen nach den Zigaretten, fand die Schachtel und schob sich eine Kippe zwischen die Lippen.
    WDR 2 spielte Sommerhits. Und er wartete.
    Als Hendrikson dann endlich auf der Bildfläche erschien, hätte Schmidt ihn beinahe nicht bemerkt. Der hoch gewachsene Mann betrat, von einer Gruppe anderer Kunden verdeckt, das Postamt. Schmidt war wie elektrisiert. Der Moment, dem er so entgegengefiebert hatte, war gekommen.
    Er griff zu der Plastiktüte und verließ den Wagen. Den Schlüssel ließ er stecken.
    Peter Schmidt überquerte die Straße und blieb an der Ecke links neben dem Haupteingang stehen. Er faltete die Arme über der Brust, sodass die rechte Hand in der Tüte versteckt die Sig Sauer hielt und die linke den Beutel stützte. Für einen unbefangenen Beobachter musste es so aussehen, als suche er in dem Plastikbehältnis etwas.
    Schmidt zählte die Sekunden, die ihm wie Stunden erschienen. Endlich trat Hendrikson wieder auf die Straße und blieb für einen kurzen Augenblick wie unschlüssig stehen. Der Essener zuckte zurück. Hatte ihn der andere entdeckt? Aber Hendrikson sah in die falsche Richtung. Dann setzte er sich wieder in Bewegung.
    Schmidt folgte ihm. Nur noch wenige Schritte. Hendrikson schien nicht zu ahnen, in welcher Gefahr er schwebte. Er blätterte den Stapel Briefe durch, den er im Postamt ausgehändigt bekommen hatte, und beachtete seine Umgebung nicht. Schmidt hatte fast die gewünschte Schussdistanz erreicht. Er wollte sich dem Apotheker bis auf wenige Meter nähern, erst dann die Pistole zücken und ihn anrufen. Er traute sich nicht zu, auf größere Entfernung zu treffen, schließlich war er kein geübter Schütze. Außerdem wollte er die Todesangst in den Augen des anderen Mannes sehen, er wollte, dass Hendrikson wusste, wer sich an ihm rächte.
    Als Peter Schmidt den Posteingang passierte, stürmten einige Kinder lärmend die Eingangstreppe herunter, gefolgt von einer aufgeregt rufenden jungen Frau. »Passt auf! Stellt euch alle in Zweierreihen auf, bevor wir gemeinsam über die Straße gehen.
    Wartet am Geländer.« Die Kids drängten nach vorn, schoben sich zwischen ihn und Hendrikson, der schon auf den Straßenrand zusteuerte. Schmidt zitterte vor Nervosität und Wut. Warum jetzt? Warum ausgerechnet in diesem Augenblick?
    Für einen Moment erwog er, die Waffe zu ziehen und abzudrücken. Aber was war, wenn der erste Schuss nicht traf?
    Möglicherweise war Hendrikson ebenfalls bewaffnet. Skrupel zurückzufeuern hatte er bestimmt keine, trotz der Kinder.
    Hendrikson hatte die andere Straßenseite fast erreicht.
    Schmidt beschleunigte seinen Schritt. Und dann bemerkte er den schwarzen Mercedes der Oberklasse. Das war Hendriksons Wagen, ohne jeden Zweifel. Vor noch nicht allzu langer Zeit hatte ihn Hendrikson in dieser Luxuskarosse in die Innenstadt kutschiert und ihn auf das Nummernschild aufmerksam gemacht: E-KG 111. »Mir kann nichts passieren. Ich habe mein EKG immer dabei«, hatte er damals gescherzt.
    Noch fünf, sechs Meter, dann hatte Hendrikson das Fahrzeug erreicht. Dann wäre er unerreichbar für Schmidts Rache. Er musste handeln. Sofort. Schmidt drehte sich um, rannte an der Post vorbei, spurtete über die Bebelstraße und sprang in den BMW. Jetzt kam ihm zugute, dass er nicht erst lange nach dem Schlüssel suchen musste. Er startete den Motor und folgte dem schwarzen Mercedes in die Freiligrathstraße in Richtung Einwohnermeldeamt. Die Ampel an der Behrensstraße stand glücklicherweise auf Rot. Schmidt konnte aufschließen.
     
    Zwischen seinem Wagen und dem Hendriksons befanden sich nun zwei weitere Fahrzeuge. Eine sichere Deckung. Gut.
    Sobald Hendrikson anhielt und den Mercedes verließ, würde Schmidt seine Rache vollziehen.
     
    63
    Als Rainer Esch erwachte, blickte er in zwei Gesichter, von denen er eines kannte. Er machte die Augen wieder zu in der Hoffnung, das bekannte Gesicht würde verschwinden oder sich zumindest in Elkes Antlitz verwandeln – vergeblich. Als der Anwalt die Augen erneut aufschlug, schaute immer noch Hauptkommissar Brischinsky grimmig auf ihn herab.
    Nachdem auch ein zweiter Blinzelversuch ergebnislos blieb, gab Rainer seufzend auf und ließ die Augen offen.
    »Wie fühlen Sie sich?«, fragte das unbekannte Gesicht besorgt.
    »Gut«, antwortete Esch und registrierte, dass die bärtigen Züge zu einem
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