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Zweyer, Jan - Rainer Esch 02

Zweyer, Jan - Rainer Esch 02

Titel: Zweyer, Jan - Rainer Esch 02
Autoren: Alte Genossen
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Sachen.«
    Der Fahrgast öffnete den Kofferraum des BMW und nahm einen Aktenkoffer und einen hellen Sommertrench heraus, den er sich über den Arm warf. Er verschloss seinen Wagen, ging zum Taxi und setzte sich auf die Rückbank hinter den Beifahrersitz. Aktenkoffer und Mantel legte er links neben sich.
    »Fahren Sie mich bitte zum nächsten Hauptbahnhof.«
    »Nach Recklinghausen?«, fragte Esch.
    »Wenn das der nächste ist, dann dahin. Aber schnell. Ich hab’s eilig.«
    »Klar.« Esch meldete sich bei seiner Zentrale, nannte das Fahrziel, startete das Taxi, schaute in den Rückspiegel und musterte den Mann, den er auf Ende vierzig, Anfang fünfzig schätzte. Sein Fahrgast berlinerte leicht, nicht sehr viel, aber dennoch genug, dass er seine Herkunft aus der Bundeshauptstadt nicht verheimlichen konnte.
    »Panne gehabt?«, versuchte Rainer ein Gespräch zu beginnen. Er unterhielt sich gern mit seinen Kunden, sofern diese noch dazu in der Lage waren und nicht durch übermäßigen Alkoholkonsum daran gehindert wurden. So hatte er schon eine Menge interessanter Leute kennen gelernt, unter anderem auch Stefanie.
    »Ja«, antwortete der Mann hinter ihm.
    »Was ist denn kaputt?«
    »Weiß nicht.«
    Nicht sehr erschöpfend diese Unterhaltung, fand Esch. Er startete einen erneuten Versuch. »Wie sind Sie denn an unsere Nummer gekommen?«
    »Auskunft«, kam die knappe Antwort.
    Sehr gesprächsfreudig schien dieser Fahrgast nicht zu sein.
    Langjährige Erfahrung sagte Esch, dass er die Klappe zu halten hatte. Vom richtigen Gespür für die Stimmungen der Leute, die er durch die Gegend fuhr, hing oftmals die Höhe des Trinkgeldes ab.
    Von Zeit zu Zeit warf Esch im Rückspiegel einen Blick auf seinen Gast. Er hielt seinen geöffneten Aktenkoffer auf dem Schoß, kramte in seinen Unterlagen, rutschte auf seinem Platz hin und her und durchsuchte die Taschen seines Trenchcoats, um ihn dann umständlich wieder neben sich auf die Rückbank zu legen. Manchmal sah der Mann durch die Fondsscheibe nach hinten, als ob er etwas erwartete. Zweimal griff er zum Handy, wählte eine Nummer, brach dann aber nach einem Blick nach vorne den Wahlvorgang wieder ab. Auf Rainer machte er einen unruhigen, fast schon hektischen Eindruck.
    Dann sprach ihn der Mann an: »Sagen Sie, wie heißt Ihr Taxiunternehmen?«
    »Krawiecke, warum?«
    »Und Sie haben Ihren Firmensitz in Recklinghausen?«
    »Ja, weshalb interessiert Sie das?«
    »Gewohnheit. Ich habe mal was in einem Taxi vergessen. Es ist leichter, das Verlorene zurückzubekommen, wenn man den Namen des Unternehmens kennt. Ihre Wagennummer ist vier?«
     
    »Ach so.« Esch hatte schon vor Jahren aufgehört, sich über die Marotten seiner Fahrgäste zu wundern. »Ja, Krawiecke vier.«
    »Danke.« Sein Fahrgast schwieg erneut.
    An der Abfahrt Marl-Sinsen verließ Esch die Autobahn und fuhr über die Bundesstraße 225 südlich zurück in Richtung Recklinghausen. Er stoppte das Taxi direkt vor dem Haupteingang des Hauptbahnhofes und stellte den Taxameter auf null.
    »Zweiunddreißigachtzig, bitte.«
    Der Mann gab ihm zwei Zwanzigmarkscheine. »Stimmt so.«
    »Vielen Dank. Auf Wiedersehen.«
    Grußlos verließ sein Fahrgast den Wagen. Esch war die Unhöflichkeit völlig egal. Bei einem solchen Trinkgeld verzieh er fast alles. Er sah den Mann im Bahnhofsgebäude verschwinden und reihte sich mit seinem Fahrzeug wieder hinten in die Schlange der wartenden Taxis ein.
    »Krawiecke vier an Zentrale, bin frei am Hauptbahnhof.«
    »Verstanden Krawiecke vier. Rainer, warte auf den Interregio aus Münster.«
    »Renate, für dich tu ich doch fast alles.«
    »Leider nur fast. Aber ich komme trotzdem darauf zurück.
    Ende.«
    Esch lehnte sich zurück, fingerte eine Reval aus der Packung und inhalierte mit Genuss. Nach einigen Minuten sah er auf seine Armbanduhr. Kurz vor Sechs. Der Interregio musste jeden Moment einlaufen und Kundschaft ausspucken. Er schaute zum Eingang des Bahnhofes. Dann stutzte er. Sein Fahrgast von vorhin verließ gerade das Bahnhofsgebäude wieder, schaute sich suchend um und betrat eine der Telefonzellen neben dem Eingang. Esch beobachtete, wie der Mann sein Handy aus der Jackentasche nahm, wählte und dann mit dem Gerät am Ohr gestikulierend sprach. Augenscheinlich war der Mann sehr erregt.
    Bevor Esch sich jedoch die Frage beantworten konnte, warum sich jemand bei dreißig Grad im Schatten mit einem Handy in eine stickige Telefonzelle quetscht, rief ihn seine Taxizentrale.
    »Krawiecke vier,
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