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Zweyer, Jan - Rainer Esch 01

Zweyer, Jan - Rainer Esch 01

Titel: Zweyer, Jan - Rainer Esch 01
Autoren: Glück ab Glück auf
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geparkter roter Kleinwagen. Danach blickte er auf einen Zettel, den er in der Hand hielt.
    Nachdem Kaya eine Stunde gewartet hatte, startete er den Golf und fuhr Richtung Industriegebiet. Er bog in die Straße ab, an der die Halle lag, die Rainer ausspionieren wollte.
    Es war nichts Auffälliges zu entdecken. Cengiz parkte den Wagen und ging den Trampelpfad entlang, den Esch ihm vor einigen Tagen gezeigt hatte. Als er ihren Spähposten erreicht hatte, sah er sich um und rief leise Rainers Namen. Keine Reaktion.
    Nachdenklich machte sich der Türke auf den Rückweg. Er hatte gerade den Teich erreicht, als ihm zwei Männer entgegenkamen. Sie blieben stehen. Einer hielt eine Zigarette in der Hand an: »Entschuldigen Sie, könnte ich mal Feuer haben?«
    Kaya wollte gerade bedauern, als ihn der zweite von der Seite packte und ihm ein feuchtes Tuch ins Gesicht drückte. Cengiz wurde schwarz vor Augen.
    Als Esch aufwachte, griff er instinktiv zu seinem Kopfkissen, um es sich passend zurechtzurollen, und zur Decke, um sie sich erneut über die Ohren zu ziehen. Es dauerte einige Zeit, bis er realisierte, daß da kein Kopfkissen war. Es gab auch keine Bettdecke. Eigentlich gab es überhaupt kein Bett. Er stöhnte. Ein Kater war nichts gegen die Schmerzwellen, die durch seinen Schädel schwappten.
    Langsam richtete er sich auf. Sein Bett war ein Bettgestell, wie sie in den fünfziger Jahren in Krankenhäusern, Altersheimen, Internaten, Erziehungsheimen und ähnlichen angenehmen Sozialeinrichtungen des Wirtschaftswunderlandes zahlreich im Einsatz gewesen waren. Ein Bügel aus gebogenem Stahlrohr am oberen und unteren Ende des Bettes, gelbbeige lackiert, auf dem ein Stahlrahmen lag. Und ein Stahlfedergeflecht, das normalerweise als Unterlage für die Matratze diente. Es gab aber keine Matratze. Nur das Stahlfedergeflecht.
    Rainer sah an die Decke. Dort brannte eine typische Kellerleuchte. Glaskuppel mit Eisenbügel davor. Höchstens zwanzig Watt. Die Lampe, sofern man eine solche Funzel Lampe nennen konnte, warf ein diffuses Licht in einen fensterlosen Keller.
    Esch suchte mit den Augen die Wand nach einem Lichtschalter ab. Fehlanzeige. Neben der Tür war kein Schalter. Dafür hatte die Tür von innen auch keinen Griff.
    Sondern nur einen Knopf.
    Er drehte sich um, um zu ergründen, was die penetranten Schnarchgeräusche verursachte, die er seit seinem Erwachen hörte. In der Ecke stand ein weiteres Bettgestell. Und auf diesem Bettgestell lag Cengiz. Genau das hatte Esch befürchtet, seit er das Schnarchen hörte. Rainer sah auf seine Uhr. Sieben. Ihm fehlten einige Stunden. Hoffte er. Es konnten auch Tage sein. Frustriert verschränkte er seine Hände hinter dem Kopf und schlief erschöpft wieder ein.
     
    Stefanie streichelte ihn. »Wach auf, Rainer, Liebster«, flüsterte sie. »Bitte, wach auf, mein Schatz.« Sie schubste ihn zärtlich in die Seite. Obwohl Streicheln, Flüstern und Schubsen sehr angenehm waren, beschloß Esch, aufzuwachen.
    Das Streicheln entpuppte sich als Ohrfeige, das Schubsen als heftiges Schulterrütteln und das zärtliche Flüstern als Schreien.
    »Nun wach schon auf, du Arsch. Wach auf, Mensch. Das hier ist kein Spaß mehr. Wach auf, sonst prügele ich dich wach. Du mußt aufwachen.«
    Rainer schlug die Augen auf. Sein Alptraum war wahr geworden. Cengiz beugte sich über ihn, schrie ihn an und schüttelte seine Schultern. Schlagartig hatte ihn die Realität wieder.
    »Schon gut, schon gut. Hier bin ich.« Erneut versuchte Rainer, sich aufzurichten. Diesmal gelang es. »Mann, ich fühl mich…«, er sah seinen Freund an, und dessen angeschlagene Physiognomie bewog ihn, die Klappe zu halten. »Vergiß es.
    Dir geht’s auch nicht blendend, oder?«
    »Hast du ›nicht blendend‹ gesagt? Oder hab ich da was falsch verstanden? Beschissen geht’s mir, total beschissen. Weißt du warum? Hast du auch nur die geringste Ahnung, warum?«
    Kaya schüttelte Esch heftig.
    »Ich bin wach, danke. Du kannst jetzt aufhören. Es reicht. Du kannst aufhören!« Den letzten Satz brüllte Esch.
    »Ach, ich kann aufhören? Wir sitzen hier in diesem, diesem…«, Kaya fehlten die Worte, »… diesem Loch. Und du erklärst mir, ich kann aufhören. Aufhören womit? Mich aufzuregen? Ich will, verstehst du, will mich aufregen. Als du selig gepennt hast, hab ich mich hier umgesehen. Sofern das der richtige Ausdruck ist. In diesem Verließ gibt es vier rohe, unverputzte Wände, einen Betonboden und eine Betondecke, eine
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