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Zwergenkinder (04) - Der Kristall der Zwerge

Zwergenkinder (04) - Der Kristall der Zwerge

Titel: Zwergenkinder (04) - Der Kristall der Zwerge
Autoren: Alfred Bekker
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Gleichgewicht verlor und auf die Seite kippte.
    Ein sechsarmiger Riese aus dem fernen Zylopien, der wohl als Träger im Hafen arbeitete und mit langen Baumstämmen beladen war, wirbelte herum. Dabei schlug er mit einem der Baumstämme gegen einen Fahnenmast, der krachend umstürzte und ein halbes Dutzend gerade wieder aufgerichteter Marktstände niederriss.
    Genau dort, wo Ambaros eben noch gestanden hatte, klaffte ein Loch im Pflaster des Platzes auf. Es hatte einen Durchmesser von zehn Schritten und war gut fünf Schritte tief.
    Ambaros wäre um ein Haar doch noch hineingerutscht, aber Arro und Tomli sprangen rechtzeitig hinzu und zogen ihn mit aller Kraft weg.
    Dann starrten sie in den Einschlagskrater.
    »Ein Meteorit!«, glaubte Arro.
    Tatsächlich lag da ein Brocken dampfendes Gestein, das an einigen Stellen glühte. Doch die Glut erlosch recht schnell. Gleichzeitig wurde der gesamte Einschlagskrater von einem magischen Schimmer erfüllt.
    Sicherheitshalber zog Tomli seinen Zauberstab. Vielleicht würde er sich und seine Gefährten vor der Magie schützen müssen, die in dem Loch wirkte.
    Der dampfende Gesteinsbrocken war etwa so groß wie ein Zwergenkopf. Er bewegte sich und veränderte ständig seine Form. Und mit einem Mal verstand Tomli auch, was Olba mit ihren Andeutungen gemeint hatte. Dieser Stein lebte auf eine unheimliche Art und Weise.
    Er formte Arme und Beine mit Pranken und Klauen aus sowie einen Kopf mit Augen, die dämonisch leuchteten, und einem Maul voller nadelspitzer Zähne.
    Die Arme vergrößerten und verlängerten sich zunächst, dann schrumpften sie wieder, während die Beine mit ihren Klauenfüßen immer mächtiger wurden. Zuletzt entfalteten sich Flügel, die sich langsam auf und nieder bewegten.
    »Ein Gargoyle!«, entfuhr es Olfalas. Diese steinernen Wesen, die als entfernte Verwandte der Drachen galten, gab es auch im Land der Elben.
    »Aber kein gewöhnliches Exemplar«, bemerkte Lirandil.
    Der Gargoyle flatterte empor. Seine Farbe veränderte sich: Das Steingrau wurde zu einem giftigen Grün, das dem mancher Frösche und Echsen ähnelte. Das Wesen leuchtete aus dem Inneren heraus, sodass es für Augenblicke ein magischer Lichtflor umgab.
    Es landete am Rand des Kraters, der bei seinem unsanften Aufprall entstanden war. Nur einen Schritt von Tomli entfernt hockte es auf dem Boden und ließ den Blick seiner glühenden Augen schweifen.
    Da erreichte Tomli ein Gedanke: »Aus Stein wurde ich Geschöpf. Hinfortgeschleudert.«
    Ein Fauchen entfuhr dem Maul des katzengroßen Wesens.
    »Ganz vorsichtig!«, mahnte Meister Saradul. »Diesem Biest sollten wir nicht über den Weg trauen!«
    Die Hand des Zaubermeisters griff bereits verstohlen zum Zauberstab. Als die Händler und Besucher des Marktes den Gargoyle sahen, stoben sie entsetzt auseinander. Selbst den sechsarmigen Riesen packte das Grauen. Er ließ seine Baumstämme fallen und stürzte davon.
    »Ein Dämon!«, hörte man jemanden rufen. »Flieht, so schnell ihr könnt.«
    Ambaros rappelte sich wieder auf und scharrte mit den Hufen. Der Zentaur wäre am liebsten davongaloppiert. Aber einerseits wollte er seine Gefährten nicht einfach im Stich lassen, andererseits war er nun einmal sehr neugierig.
    »Könnte es sein, dass dieses Geschöpf etwas mit dem Weltenriss zu tun hat?«, fragte Arro. »Wie ein Erzbrocken, den man einfach einschmelzen und mit dem Schmiedehammer platt schlagen kann, sieht es gewiss nicht aus.«
    »Schweig!«, herrschte Meister Saradul ihn an. »Dies ist nicht der Zeitpunkt, da ein Schmied sich äußern sollte.«
    »Was meint Ihr …«
    Saradul fiel ihm ins Wort: »Allein dein Gedanke, dieses Wesen mit Feuer und Schmiedehammer bearbeiten zu wollen, könnte es zu einem Angriff verleiten!«
    Wie zur Bestätigung fauchte der Gargoyle aggressiv.
    »Keine Sorge, niemand haut dich platt oder schmilzt dich ein«, versicherte Tomli und hoffte, dass das Wesen den gleichzeitigen Gedanken verstehen würde.
    Es fauchte ein weiteres Mal, seine Augen glühten erneut auf, und Tomli empfing einen Schwall von Gedanken. Teils waren sie völlig chaotisch und kamen ihm vor wie Gemurmel in einer fremden Sprache, teils bestanden sie aus Bildern: ein explodierender Himmelskörper, das gleißende Licht der Sonne, ein langer gewundener Weg, ein Aufglühen in der Luft und ein Einschlag in den Boden.
    »Ar-Don ist mein Name, und ich komme von einem fernen Ort und aus ferner Zeit. Durch die Zeit geflogen – etwas zerrt mich hierher. Ein
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