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Zwergenfluch: Roman

Zwergenfluch: Roman

Titel: Zwergenfluch: Roman
Autoren: Frank Rehfeld
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gefordert. Barlok hatte den Arbeiter vor diesem Tag noch nie gesehen, kannte nicht einmal seinen Namen, sodass er keine persönliche Trauer verspürte, wohl aber eine tiefe Betroffenheit. Der Erkundungstrupp stand unter seinem Kommando, und damit trug er die Verantwortung für dessen Schutz. Das Leben und die Sicherheit der Männer waren ihm anvertraut worden, aber nun war einer von ihnen tot. Obwohl Barlok sich keiner Vernachlässigung seiner Pflicht schuldig gemacht hatte, wertete er den Verlust dennoch als persönliches Versagen.
    »Wir... wir erreichten das Ende des Stollens und wollten bereits umkehren«, berichtete Warlon endlich stockend. Barlok entging nicht, dass der junge Krieger auch während des Sprechens seinen Blick ständig zu dem Durchbruch schweifen ließ. Die Bruchkanten des Gesteins verrieten, dass dieser erst frisch geschaffen worden war, doch was sich dahinter befand, konnte Barlok nicht erkennen, da die Dunkelheit wie eine undurchdringliche Mauer war, die alles vor seinen Blicken verbarg. Ein kaum wahrnehmbarer Hauch, nur wenig kälter als die Umgebungsluft, wehte aus dem Spalt.
    »Aber dann schlug Talos ein paarmal mit seiner Hacke gegen die Wand«, fuhr Warlon fort und deutete auf den
toten Arbeiter zu seinen Füßen. »Der hohle Klang verriet uns, dass das Hindernis nicht besonders dick sein konnte. Wir brauchten nur wenige Minuten, um die Wand einzureißen, und dahinter...« Er schauderte. »Es gibt dort eindeutige Spuren künstlicher Bearbeitung. Du musst sie dir selbst ansehen. Man kann sie unmöglich beschreiben, so fremdartig und grausam sind sie. Deshalb habe ich sofort den Befehl zum Rückzug gegeben. Talos ging als Erster, und kaum war er wieder in den Stollen zurückgekehrt... Es ging alles zu schnell, keiner von uns konnte etwas erkennen. Von einem Moment auf den anderen war er tot!« Warlons Blick begann zu flackern, und er sah immer wieder zu dem Wanddurchbruch hinüber. »Ich schwöre, ich habe meine Pflicht nicht verletzt, was immer ihn getötet hat, muss unsichtbar und unglaublich schnell sein und -«
    Barlok erkannte, dass die bislang mühsam unterdrückte Panik von dem Krieger Besitz zu ergreifen drohte. Mit der gepanzerten flachen Hand schlug er ihm seitlich gegen den Helm. Das laute Scheppern brachte Warlon zum Verstummen und beendete auch das furchtsame Raunen, das seine Worte bei den übrigen Zwergen ausgelöst hatte.
    »Reiß dich zusammen!«, herrschte Barlok ihn an und zwang sich zu einem geordneten Vorgehen, um der Bedrohung zu begegnen, die in spöttischen Schatten über die Wände zu tanzen und mit dem kühlen Lufthauch aus dem Spalt seinen Geist zu vernebeln schien. »Wir sind Krieger, vergiss das nicht!« Er fuhr herum. »Und ihr anderen sichert gefälligst das Terrain! Bin ich denn nur von unfähigen Dummköpfen umgeben?«
    Hastig postierten sich die drei übrigen Krieger so, dass sie die Gruppe der Arbeiter zum offenen Ende des Ganges hin abschirmten. Barlok schüttelte grimmig den Kopf und
versuchte zu vergessen, dass er selbst erst gewaltsam die Beklemmung von sich hatte stoßen müssen, die von ihm Besitz ergriffen hatte. Gerade weil er die Männer alle persönlich ausgebildet und trainiert hatte, erwartete er entsprechend viel von ihnen, und entsprechend unnachgiebig reagierte er auf jeden Schlendrian oder anderes Fehlverhalten. Selbst innerhalb der Kriegerkaste war er deshalb nicht unumstritten. Manche hielten ihn für zu hart und seine Erwartungen für übertrieben, ein Relikt aus einer früheren, kriegerischeren Zeit. Barlok kümmerte sich nicht darum. Er verlangte von anderen nie mehr, als er auch selbst zu leisten vermochte, und damit war er stets gut gefahren. Seine Erfolge sprachen für sich. Kriege waren kein Zuckerschlecken, und ein Krieger, der das vergaß, war oft genug innerhalb kürzester Zeit ein toter Krieger. Diese Lektion durfte man in diesem Handwerk niemals vergessen.
    »Und wir beide werden uns jetzt auf der anderen Seite umsehen!«, wandte Barlok sich wieder an Warlon. Schrecken zeichnete sich auf dessen Gesicht ab, doch Barlok kümmerte sich nicht darum. Feigheit war in seinen Augen ein noch viel größeres Vergehen als Nachlässigkeit. »Lass dir eine Lampe geben. Du wirst mir zeigen, was ihr entdeckt habt.«

2
    DAS KOMPLOTT
    »Und ich sage, er hat seine Weisheit verloren«, beharrte Tharlia. »Gewiss, über viele Jahre hinweg war Burian ein großer und gerechter König, dem niemand seinen Platz in den Annalen unseres Volkes streitig
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