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Zweiherz

Titel: Zweiherz
Autoren: Antje Babendererde
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seinem Land. Will wird seinen Großvater nicht alleine lassen und ich werde Will nicht mehr allein lassen.«
    »Ich verstehe.« Arthur zog seine Tochter an sich. In einer langen Nacht hatte sie ihm erzählt, was Will im Internat widerfahren war. Arthurs Sprachlosigkeit hatte ihr das Reden nicht leicht gemacht, aber sein Bedauern war ehrlich gewesen.
    »Du verlierst mich nicht, Dad«, sagte sie. »Aber ich bin froh, dass Hannah so gut kochen kann, sonst hätte ich dir womöglich jeden Sonntag etwas von unserem Essen abgeben müssen.«

    Als am späten Nachmittag alle versammelt waren, die Kaye eingeladen hatte, gab Arthur Kingley seine Verlobung mit Hannah bekannt. Er erzählte vor allen Gästen freimütig, dass er und Hannah sich schon während des Studiums kennengelernt hatten und auch einige Zeit zusammen gewesen waren. Aber irgendwann hatten sich ihre Wege getrennt, sie hatten andere Partner geheiratet, ein Leben gelebt und ihre Partner wieder verloren. Nach all den Jahren waren sie sich in San Francisco wiederbegegnet und hatten festgestellt, dass sie sich immer noch mochten.
    Jemand pfiff fröhlich und alle lachten und klatschten. Das Leben war auf die Ranch zurückgekehrt. Sophies Familie hatte Hannah herzlich aufgenommen. Thomas und Wilma freuten sich, dass Arthur jemanden gefunden hatte, der ihm das Lachen zurückbrachte. Und Arthur war glücklich, seine dunkelhäutigen Nichten und Neffen wieder um sich zu haben. Er musste sich eingestehen, dass er sie sehr vermisst hatte.
    Hannah fügte sich zwischen diese Menschen, als würde sie sie schon ein Leben lang kennen. Sie verschenkte ihr Lachen und eine warme, aufrichtige Herzlichkeit. Irgendwann, so dachte Arthur, würde er ihr von jenem Mann erzählen, der er nach dem Tod von Kayes Mutter gewesen war.
    Ein Wagen kam die Schotterpiste von der Straße zur Ranch gefahren, und Will sprang auf, als sich anstelle von Füßen zuerst zwei Krücken aus der offenen Tür schoben. Maria hatte ihren Bruder zur Ranch gebracht, aber sie ließ sich nicht überreden, selbst zu bleiben.
    »Was ist denn hier los?«, fragte Aquilar, als er die vielen Menschen sah. »Wenn das eine Hochzeit ist und ihr vergessen habt, mich einzuladen, werde ich euch das schwer übel nehmen.«
    Will lachte. »Es ist keine Hochzeit, noch nicht...«
    »Junge, Junge.« Aquilar konnte nicht fassen, dass sich alle nach ihm umdrehten. Obwohl er außer Kaye und Will niemanden der Anwesenden kannte, wurde er mit großem Hallo begrüßt. Er sah Will fragend an.
    »Wir haben gerade ausgiebig von dir erzählt«, klärte Kaye ihn lachend auf. »Du bist jetzt ein Held.«
    Shannon, Totsonis sechzehnjährige Tochter, machte ihren Platz für Aquilar frei. Er lächelte sie dankbar an und Shannon wurde rot. Seine plötzliche Wirkung auf weibliche Wesen verblüffte Aquilar sichtlich, und er äußerte seine Hoffnung, dass nicht allein die Krücken dafür verantwortlich waren. Denn die wollte er so bald wie möglich wieder loswerden.

    Aquilar Yazzie musste viele höfliche Fragen nach seinem Wohlergehen beantworten und war später froh, als er endlich nicht mehr im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses stand. Als er von der Toilette zurückkehrte, begegnete er Will in der Küche.
    Will deutete auf den großen Tisch, auf dem jetzt schmutziges Geschirr und Essensreste standen. »Hier hast du gelegen«, sagte er.
    »Ich kann mich kaum daran erinnern.« Aquilar schüttelte den Kopf. »Die meiste Zeit war ich wahrscheinlich weggetreten. Aber als du mich durch den Slot-Canyon getragen hast, da dachte ich: Das schafft er nie.«
    »Und ich habe geglaubt, du wärst die ganze Zeit bewusstlos gewesen.«
    »Du bist stark, Will.«
    »Ich habe jeden Tag ein paar Klimmzüge gemacht in meiner Zelle. Es waren viele Tage.«
    »Ich verdanke dir mein Leben, sik’is .«
    Will lächelte. »Und ich dir meines.«
    »Wirst du noch ein bisschen Zeit für mich übrig haben, jetzt wo du mit Kaye zusammen bist?«
    »Ich werde immer Zeit für dich haben.«
    Aquilar nickte froh. »Vielleicht kann ich dir noch so dies und das beibringen, wenn ich wieder auf eigenen Beinen stehen kann.« Er klapperte auf seinen Krücken zur Tür, doch bevor er nach draußen verschwand, drehte er sich noch einmal um: »Wann wird eure Hochzeit sein?«
    »Schon bald. So lange, bis aus dir ein richtiger hataalíí geworden ist, wollen wir nicht warten. Aber wenn du wieder fit bist, dann könntest du im Water Hole Canyon eine Zeremonie abhalten, um die Geister der
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