Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwei wie wir: Roman (German Edition)

Zwei wie wir: Roman (German Edition)

Titel: Zwei wie wir: Roman (German Edition)
Autoren: Philip Tamm
Vom Netzwerk:
trinkt einen Schluck Tee, konzentriert sich, trinkt erneut und wendet schließlich ihren Blick mir zu. »Ich gebe zu, dass du mich beeindruckt hast in den zurückliegenden Wochen. Das mit den Rosen fand ich zwar albern und über die Briefe von Walter habe ich mich geärgert. Das mit der Sprayeraktion war krank, und ich frage mich, warum du dafür nicht im Gefängnis gelandet bist. Und auch dass du vor dem Haus im Zelt wohnst, dass du beim Joggen auftauchst und dich einfach in unser Haus schleichst … alles ziemlich unterirdisch. Aber trotzdem, ich bin beeindruckt. So viel Durchhaltevermögen hätte ich dir nicht zugetraut.«
    »Ich … «
    »Warte, ich bin noch nicht fertig. Ich habe dich bestimmt nicht so lange zappeln lassen, weil es mir Spaß macht. Oder weil ich es genießen könnte, wie du dich abstrampelst. Ich dachte, dass es gut für dich selbst ist. Um dir endlich klar über dich selbst zu werden.«
    »Das habe ich geschafft, Inna. Ich bin mir klar geworden.«
    Sie lächelt, schüttelt aber den Kopf. »Ja, vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Es ist viel passiert, Alex, und es ist viel kaputtgegangen. In mir, zwischen uns, vielleicht auch in dir. Das weiß ich nicht. Ich selbst werde lange Zeit brauchen, bis ich dir wieder vertrauen kann.«
    »Aber heißt das, dass du es versuchen möchtest? Heißt das, dass du mir die Chance gibst, es dir zu zeigen?«
    »Das tue ich schon seit Längerem. Ich meine, die Sache mit dem Zelt … Wenn ich dir oder uns keine Chance geben würde, hätte ich es bestimmt nicht hingenommen. Das heißt, am Anfang war ich mir nicht sicher. Ich dachte, dass du aufgibst. Dann hat es sich verändert. Ich wurde neugierig. Und sogar zuversichtlich.«
    »Das freut mich«, sage ich leise. »Wirklich.«
    Sie greift über den Tisch und trinkt aus meinem Glas einen Schluck Weißwein. Ich sehe sie fragend an, sie nickt, ich stehe auf und hole ein zweites Glas.
    »Weißt du, wovor ich Angst habe, Alex? Davor, dass du denkst, dass alles wieder in Ordnung ist. Jedenfalls wenn du wieder nach Hause zurückkommst. Ich habe Angst davor, dass alles viel zu schnell wieder genauso wird wie vorher.«
    »Das wird es nicht«, sage ich.
    »Wie kannst du dir so sicher sein?«
    Ich senke den Blick und muss schlucken. »Die zurückliegenden Monate sind nicht spurlos an mir vorbeigegangen. Ich habe eine Menge gelernt, über mich, über mein Leben, über das, was ich erwarte, was ich erhoffe, was ich mir wünsche.«
    »Was wünschst du dir?«
    »Dass wir es noch einmal versuchen. Nicht mehr, nicht weniger. Ein Versuch. Ich denke nicht, dass alles wieder in Ordnung ist. Ich weiß, dass es nicht so ist. Aber ich weiß auch, dass da noch eine Menge zwischen uns ist. Viel zu viel, um einfach aufzugeben.«
    »Und Sandra?«
    Ich mache eine wegwerfende Handbewegung. »Ich sage es ungern, aber sie ist mir völlig egal. Wir haben uns nur einmal wiedergesehen. Es hatte nichts zu bedeuten. Nein, das stimmt nicht. Natürlich hatte es in dem Moment etwas zu bedeuten. Aber nicht das . Trotzdem war es wichtig, um mir klar zu werden, was ich will. Ich will dich.«
    »Es tut gut, das zu hören.«
    »Was ist mit Robby?«
    Inna lächelt. »Oh, er hat seine Qualitäten. Tai-Chi-Männer können Dinge, die … «
    »Geh bitte nicht ins Detail«, unterbreche ich sie.
    »Eifersüchtig?«
    »Worauf du einen lassen kannst.«
    Wir trinken schweigend. Ein paar Minuten vergehen.
    »In Ordnung, lass es uns versuchen«, sagt sie dann. »Aber ohne Garantie.«
    »Ich weiß«, sage ich.
    W i r schlafen in dieser Nacht miteinander. Ich muss an die Qualitäten von Tai-Chi-Männern denken, an Sandra, an die ganzen zurückliegenden Monate. Nach und nach aber verblassen die Gedanken, und ich sehe Innas Gesicht vor mir, wie ich es lange nicht mehr gesehen habe. Das Gesicht einer vertrauten Fremden. Einer fremden Vertrauten. Sehr nahe dran, ziemlich weit weg.

43
    D i rekt nach Weihnachten fliegen Inna und ich für eine Woche nach La Gomera, um den Jahreswechsel dort zu verbringen. Julian ist uns dankbar, weil er die Silvesternacht nun hemmungslos und ohne unsere Aufsicht mit seinen Freunden genießen kann. Emma ist zuerst traurig, weil wir sie alleine lassen, aber nachdem klar ist, dass sie die ganze Woche bei ihrer Freundin Anna-Lena verbringen kann, ist sie versöhnt.
    Inna und ich bewohnen eine kleine Bauernkate in der Nähe der Küste. Wir schlafen lange, lesen, schwimmen. Abends sitzen wir mit den Hippies am Strand, kiffen ein wenig, trinken
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher