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Zwei Seiten

Zwei Seiten

Titel: Zwei Seiten
Autoren: Alison Grey
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… wir gehen dann wohl auch noch mal«, murmelte ich und schlenderte Richtung Buffet.
    Julia war dicht hinter mir, und als ich stehen blieb und mich umdrehte, prallte sie gegen mich. »Uff«, war alles, was sie von sich gab, bevor sie einen Schritt zurückwich.
    »Es tut mir leid, wie ich mich dir gegenüber verhalten habe«, sagte ich. Und es war die Wahrheit. Julias Nähe war mir immer noch unangenehm, und niemals würde ich ihre Abartigkeit und frei gewählte Perversion gutheißen. Aber dennoch konnte ich versuchen, mit ihr auszukommen. Zumindest wenn ich Oliver eine Chance geben wollte.
    Julia musterte mich skeptisch. »Meinst du das ernst?«
    Ich nickte.
    Während wir zusammen am Buffet entlanggingen und hier und da etwas auf unsere Teller legten, fragte ich: »Warum hast du Oliver nichts von unseren … Zusammenstößen auf der Party erzählt?«
    »Ganz ehrlich, das habe ich mich auch schon gefragt. Vermutlich, weil Nathalie so gut von dir geredet hat, bevor ich dich kennengelernt habe. Ich kann einfach nicht glauben, dass du wirklich so denkst. Vielleicht erzählst du mir irgendwann, was hinter all dem Hass steckt.« Sie zuckte mit den Schultern. »Und mal abgesehen davon ist Oliver total in dich verknallt. Du scheinst gestern wirklich Eindruck auf ihn gemacht zu haben. Ich habe nicht vor, ihm den Spaß zu verderben.«
    Aufgrund der letzten Bemerkung wurde ich wohl rot im Gesicht, denn meine Wangen fühlten sich plötzlich total heiß an. Wir waren schon fast wieder am Tisch. Ich seufzte und sagte leise zu ihr: »Ich hasse dich nicht. Ich verstehe dich nicht und finde falsch, was du tust. Das ist alles.«
    Während wir wieder nebeneinander Platz nahmen, schaute Oliver auf und fragte: »Was ist alles?«
    Mist! Nach Worten suchend sah ich Julia an.
    Die schmunzelte. »Mein lieber Bruder hört besser als du und ich zusammen.«
    Oliver biss von seiner Brötchenhälfte ab und grinste.
    Nach meinem Gespräch mit Julia hellte sich die Stimmung deutlich auf. Anja war zwar immer noch mehr oder minder ein Trauerkloß, aber sie gab ihr Bestes unter den gegebenen Umständen. Nach dem Essen tranken wir alle Kakao und lehnten uns entspannt zurück. Na ja … in meinem Fall, so entspannt man neben einer Lesbe eben sein konnte.
    »Was meint ihr, Mädels, sollen wir heute Abend im ›Palace‹ tanzen gehen?«, fragte Oliver. »Heute werden nämlich in der großen Halle Lieder der Siebziger, Achtziger und Neunziger gespielt. Wir könnten ja vorher im ›Atlantis‹ einen Happen essen gehen. Also? Was sagt ihr?«
    Oliver und ich hatten bisher kaum ein Wort miteinander gewechselt. Er mied es, mich direkt anzusehen. Stattdessen schien er diverse Gegenstände um sich herum unglaublich interessant zu finden, da er sie fast ohne Unterbrechung intensiv studierte: sein Essen, sein Schmiermesser, seine Serviette. Ja, sogar seine eigene Hand schien ihn zu fesseln.
    Ich fand seine Schüchternheit unglaublich süß. Außerdem sah Oliver verdammt gut aus. Diese leuchtend blauen Augen zogen mich in seinen Bann. Er war nicht zu groß und nicht zu klein, und seine sanften Gesichtszüge weckten in mir den Drang, seine frisch rasierte Wange zu streicheln.
    »Okay, ich bin dabei«, sagte ich schließlich.
    »Ich auch«, sagte Julia und alle sahen zu Anja.
    »Ich weiß nicht so recht«, murmelte sie. »Vielleicht werde ich einfach etw…«
    Julia ergriff Anjas Hand. »Denk nicht mal dran. Du musst rauskommen. Wir vier machen uns heute einen schönen Abend.«
    Nach kurzem Zögern nickte Anja.
    Ich beobachtete zwar aufmerksam die Bewegungen von Julias Hand, aber trotzdem war ich irgendwie stolz auf mich, diesmal nicht zu starren. Wenn ich eine Chance mit Oliver haben wollte, musste ich mich mit Julias kranken Neigungen arrangieren. Der heutige Abend würde zeigen, ob das wirklich klappen konnte.

Kapitel 3
    »Da bist du ja«, begrüßte mich Nathalie, als ich in die Küche kam.
    Ich warf ihr einen eindeutigen Blick zu. »Hast du dich gestern noch gut amüsiert?«
    Andere Frauen wären vermutlich errötet. Schließlich hatte ohne Zweifel jeder auf der Party gewusst, wohin sie mit Daniel später am Abend verschwunden war und vor allem warum.
    Doch Nathalie grinste. »Es wäre besser gewesen, wenn Daniel nicht so betrunken gewesen wäre. Seine … Standfestigkeit ließ zu wünschen übrig.«
    Ich goss mir eine Tasse Kaffee ein und legte meine Jacke über eine Stuhllehne. »So genau wollte ich es auch wieder nicht wissen.«
    Wir setzten uns einander
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