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Zwei Seiten

Zwei Seiten

Titel: Zwei Seiten
Autoren: Alison Grey
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hatten. Stopp … maskulin? Gott, hatte mich Julia deshalb auf der Party angemacht? Ich fuhr mir durch die leicht zerzausten Haare.
    Nein. Ich sah so einfach besser aus. Kurze Haare machten einen doch nicht gleich lesbisch. Genauso wenig wie lange einen heterosexuell machten. Julia, mit ihren langen Haaren, war ja schließlich der Beweis.
    Blutunterlaufene Augen glotzten mich dümmlich an. Nathalie sagte immer, meine grünen Augen hätten einen ganz speziellen Farbton. Zumindest heute Nacht hatte sie recht.
    Ich trat einen Schritt zurück und betrachtete mich von oben bis unten. Nicht dass ich da weit zu schauen hatte. »Ich bin kein Zwerg«, grummelte ich. Mein Vater hatte mich immer Zwerg genannt. Dabei war ich doch 1,67 Meter groß.
    Ich schüttelte den Kopf über meine wirren Gedanken heute Nacht und trat in die angenehm heiße Dusche.
    Der Abend war irgendwie … ich weiß auch nicht, so … unerwartet gewesen. Oliver schien ein netter Kerl zu sein. Zumindest, soweit ich das nach den wenigen Worten, die wir gewechselt hatten, beurteilen konnte. Und er war ein guter Küsser. Es hatte mich nicht aus den Socken gehauen, aber welcher Kuss tat das schon?
    Und dann war da seine Zwillingsschwester Julia. Wirklich erstaunlich, wie ähnlich sie sich sahen. Und trotzdem war mir das erst aufgefallen, als ich beide zusammen gesehen hatte. Gut, Julia hatte lange schwarze Haare und Oliver kurze, perfekt getrimmte. Aber ansonsten … Sie schienen sogar gleich groß zu sein. Vielleicht so um die 1,75 Meter.
    Julia … sie war eine merkwürdige Person. Sie wirkte freundlich und intelligent. Immerhin hatte sie eine Klasse in der Schule übersprungen. Schade, dass sie so total fehlgeleitet war. Unter anderen Umständen hätte ich sie sicher näher kennenlernen wollen. Aber so … am Ende würde Julia noch denken, ich wäre an ihr interessiert. Außerdem war es nicht meine Aufgabe, sie von diesen Perversionen abzubringen. Und das hätte ich wohl ständig versucht, wenn ich länger in ihrer Nähe gewesen wäre.
    Das Wasser wurde kalt und ich zuckte zusammen. Ich hatte offenbar länger unter der Dusche gestanden als gedacht, denn das warme Wasser aus dem großen Wasserboiler war verbraucht. Altbau lebe hoch. In diesem Augenblick hätte ich für einen Durchlauferhitzer gemordet.
    Ein Griff neben die Duschkabine ließ mich aufstöhnen. Ich hatte vergessen, ein Handtuch bereitzulegen. Kopfschüttelnd und durchgeweicht trat ich aus der Dusche heraus. Meine Füße platschten auf den kalten Fliesen, während ich zum Badezimmerschrank ging, um mir ein Handtuch herauszuholen. Ich trocknete mich zügig ab und zog mir meinen geliebten Bärchenpyjama an. Anschließend tapste ich in mein Zimmer und krabbelte in mein großes Futonbett. Keine fünf Minuten später war ich eingeschlafen.
    * * *
    Ein Geräusch weckte mich. Musik? »It‘s not unusual«? Mein Handy! Jemand rief an. Ich riss die Augen auf und wurde von der Morgensonne geblendet. Ruckartig schlug ich die Bettdecke zurück und sprang aus dem Bett. Kaum stehend, wurde mir schwarz vor Augen. Alles drehte sich und ich legte mich auf die Nase. Ich ächzte und wartete einige Augenblicke, bis ich wieder etwas sah. Dann raffte ich mich auf und schleppte mich in den Flur zur Garderobe. In meiner Jackentasche war das Handy. Doch bevor ich es jedoch zu fassen bekam, endete die Musik. Grummelig holte ich das Handy hervor und schaute aufs Display. Ich kannte die Nummer nicht. Neugierig drückte ich die Rückruftaste.
    Nach zweimaligem Klingeln wurde abgenommen. »Liebknecht?«
    Ich überlegte einen langen Moment, bis mir einfiel, wer am anderen Ende war. »Hallo, Oliver. Entschuldige, du hattest gerade angerufen, aber ich war nicht schnell genug.«
    »Oh, guten Morgen, Scarlett. Hab ich dich geweckt? Bitte sag Nein.«
    Ich rieb mir die Augen und stolperte zurück in mein Zimmer, um Pantoffeln anzuziehen. »Nein, nein, ich war bloß … zu weit vom Handy weg. Ähm, wie spät ist es?«
    »Ich hab dich geweckt.« Oliver seufzte. »Bitte entschuldige. Es ist gleich Viertel vor elf.«
    »Das macht nichts. Wirklich. Ich bin notorische Langschläferin.«
    Ein flüchtiges Lachen am anderen Ende ging einem Räuspern voraus. »Du, hör mal«, sagte Oliver. »Ich, Julia und ihre Freundin Anja treffen uns in einer Dreiviertelstunde zum Brunch im ›New Orleans‹. Ich dachte, du hättest vielleicht Lust … na ja … mitzukommen?«
    Normalerweise hätte ich Ja gesagt. Wer konnte schon zum besten Brunch der
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