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Zwei Maenner fuer Miss Darcy

Zwei Maenner fuer Miss Darcy

Titel: Zwei Maenner fuer Miss Darcy
Autoren: Ali McNamara
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»Molly hat immer von Ihnen gesprochen, ja, das hat sie. Davon, wie Sie sie als Kind immer besucht haben – als sie noch das große Haus in Kerry hatte. Wirklich schade, dass Sie in letzter Zeit nicht mehr kommen konnten, obwohl …« Sie sieht mich vorwurfsvoll an.
    »Es ist nur … Ich hatte beruflich alle Hände voll zu tun und war auch sonst sehr beschäftigt.« Wie schon den ganzen Tag über meldet sich wieder mein schlechtes Gewissen.
    »Was machen Sie gleich noch einmal? Ich glaube, Molly hat erzählt, dass Sie Zeitungsreporterin sind, nicht wahr?«
    »So ähnlich … Ich arbeite als Kulturredakteurin bei einem Gesundheits-und-Beauty-Magazin für Frauen.«
    »Gesundheit und Schönheit, sagen Sie?« Maeve denkt kurz nach. »Was soll man denn darüber schreiben? Einmal kräftig mit einer ordentlichen Phenolseife abschrubben und dann mit kaltem Wasser abbrausen, das hat mich mehr als achtzig Jahre lang fit gehalten.«
    Überrascht schaue ich Maeve an. Sie sieht ganz gewiss nicht aus wie über achtzig. Auf den ersten Blick hätte ich sie höchstens auf Mitte/Ende sechzig geschätzt, und auch ihre Haut wirkt deutlich jünger.
    »Ja, das überrascht Sie jetzt, nicht wahr?« Stolz streicht sie die Rüschen ihrer Schürze glatt. »All diese teuren Cremes und Hautprodukte können Sie getrost vergessen! Die braucht man gar nicht.« Sie beugt sich zu mir. »Ich will Ihnen einen Rat geben, mein Kind. Sie sollten besser damit aufhören, sich all diese Schminke ins Gesicht zu schmieren. Auf lange Sicht wird Ihnen das die Haut ruinieren. Saubere, frische Luft und einen gesunden Lebensstil – mehr braucht man nicht, um jung zu bleiben.«
    Unbewusst taste ich mit der Hand nach meiner unglaublich kleinen Mulberry-Tasche. Die ist zum Bersten gefüllt mit Lippenstiften, Puderdöschen, Augenbrauenbürsten und Kompaktpuder – für gewöhnlich ist allein meine Make-up-Tasche größer als dieses winzige Ding. Heute allerdings habe ich mich für dieses Handtäschchen entschieden, weil es farblich genau zu meinen zinngrauen Louboutins passt. Für Tante Mollys Beerdigung wollte ich so gut wie möglich aussehen, selbst wenn sie nicht mehr da war, um mich so zu sehen.
    »So«, fährt Maeve fröhlich fort und scheint von einem Moment auf den anderen ihre ernste Warnung vergessen zu haben. »Es ist so schön, dass jemand von der britischen Seite von Mollys Familie es geschafft hat herzukommen, um ihr die letzte Ehre zu erweisen.«
    »Stimmt, von uns gibt es nicht mehr allzu viele«, fange ich an, doch da ist Maeve schon längst von einem schwergewichtigen Mann abgelenkt worden, der gerade über einer Platte mit Obstkuchen sinniert.
    »Mein Lieber, darf ich Ihnen ein Stück von dem Kuchen abschneiden?«, fragt sie ihn und ist froh, wenigstens irgendjemandem in Sachen Essen behilflich sein zu können.
    Während Maeve dem Mann ein großes Kuchenstück abschneidet, betrachte ich die bunt zusammengewürfelte Menschenmenge, die sich nun in der Küche des winzigen Steincottage drängt, das meiner Tante gehört hat. Aufgrund des Altersdurchschnitts nehme ich an, dass all diese Leute Mollys Freunde und Bekannte sind. Diese Vermutung habe ich bereits seit der Kirche – es war schon seltsam, dass alle Anwesenden so viel älter waren als ich. Bei Beerdigungen kommen normalerweise Trauernde verschiedenen Alters zusammen, doch bei Mollys Trauerfeier waren alle Anwesenden etwa in Mollys Alter. Familienmitglieder waren nicht darunter, da ich sehr genau weiß, dass Molly außer meiner Mutter keine Schwestern oder Brüder hatte. Und da meine Mutter gestorben ist, als ich zwanzig war, also vor mittlerweile gut sieben Jahren, bin ich die Einzige, die von dieser Seite der Familie übrig geblieben ist. Verzweifelt versuche ich, mich an einige der Geschichten zu erinnern, die Molly mir als Kind über ihre eigene Kindheit in Irland erzählt hat, doch wie sehr ich mir das Hirn auch zermartere – mir will einfach nichts einfallen. Es ist ein ziemlich frustrierender Gedanke, dass Erinnerungen, die ich wachrufen will, vergraben bleiben, während ich mich an anderes erinnern könnte, was ich aber lieber vergessen würde.
    Mit einem ungeduldigen Seufzer trinke ich den letzten Schluck meines Tees mit Milch. Wie konnte ich es nur so weit kommen lassen? Als Kind hat Tante Molly mir so viel bedeutet; wie habe ich zulassen können, sie dermaßen aus meinem Leben driften zu lassen? Ich hätte mich mehr bemühen müssen, mit ihr in Kontakt zu bleiben … Und ich hätte
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