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Zwei Jahre Ferien

Zwei Jahre Ferien

Titel: Zwei Jahre Ferien
Autoren: Jules Verne
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war, doch das Meer verhinderte, soweit zurückzusinken, wie es bei stillem Wetter der Fall gewesen wäre.
    »Was beginnen wir dann also? sagte Gordon.
    – Ich weiß es nicht… ich weiß es nicht!… antwortete Briant. Und welches Unglück, es nicht zu wissen… welches Unglück, in unserer Lage fast noch Kinder und, wo es so nöthig wäre, nicht Männer zu sein.
    – Die Nothwendigkeit wird unsere Lehrmeisterin sein, versicherte Gordon. Verzweifeln wir nicht, Briant, und handeln wir klug!
    – Ja, handeln, Gordon! Wenn wir den »Sloughi« vor Wiedereintritt der Fluth nicht verlassen haben, wenn wir noch eine Nacht an Bord bleiben müssen, sind wir verloren…
    – Kein Zweifel, denn die Yacht wird dann zertrümmert werden. Wir müssen dieselbe auf jeden Fall verlassen haben…
    – Gewiß; um jeden Preis, Gordon!
    – Wäre es nicht rathsam, eine Art Floß oder etwas wie eine Fähre herzustellen?
    – Daran hab’ ich wohl auch gedacht, antwortete Briant, leider hat uns der Sturm aber alles dazu geeignete Material entführt. Die Schanzkleidung abzubrechen, um aus deren Theilen ein Floß zusammen zu zimmern, dazu fehlt uns die Zeit. So bleibt nur die Jolle übrig, deren wir uns aber bei dem schweren Seegange nicht bedienen können. Doch nein, wir könnten auch noch versuchen, ein Tau durch den Klippengürtel zu ziehen und dessen Ende an der Spitze eines Felsens zu befestigen. Vielleicht gelingt es uns, daran bis ganz in die Nähe des Strandes hingleiten zu können…
    – Wer soll das Tau aber auslegen?
    – Ich, erklärte Briant.
    – Und ich werde Dir helfen, sagte Gordon.
    – Nein, ich vollbring’ es allein, versetzte Briant.
    – Denkst Du dabei die Jolle zu benützen?
    – Das hieße, es wagen, sie ganz einzubüßen, Gordon, und es ist besser, diese als allerletztes Hilfsmittel aufzubewahren.«
    Bevor er zur Ausführung seines gefahrvollen Vorhabens schritt, wollte Briant jedoch, um jede unglückliche Möglichkeit auszuschließen, noch eine nützliche Maßregel treffen.
    An Bord befanden sich verschiedene Schwimmgürtel, und er veranlaßte die kleinsten Gefährten, sich sofort mit denselben auszurüsten. Im Fall sie die Yacht verlassen mußten, während das Wasser noch so tief war, daß diese mit den Füßen keinen Grund fanden, würden diese Apparate sie schwimmend erhalten, und die größeren Knaben, welche an dem Tau hinglitten, sollten sie dann nach dem Strande zu vor sich herschieben.
    Es war jetzt zehneinviertel Uhr. Binnen fünfundvierzig Minuten mußte die Ebbe den tiefsten Stand erreicht haben. Am Steven des »Sloughi« maß man nur noch vier bis fünf Fuß Wasser, es schien aber nicht, als ob dieser Stand sich noch um mehr als wenige Zoll erniedrigen sollte. Gegen sechzig Yards weiterhin stieg der Grund freilich merkbar höher auf, das verrieth sich deutlich an der mehr schwärzlichen Farbe des Wassers, sowie an den zahlreichen Spitzen, die längs des Strandes aufgetaucht waren. Die Schwierigkeit lag nur darin, über die tiefere Stelle vor dem Schiffe glücklich hinweg zu kommen. Gelang es Briant, in dieser Richtung ein Tau auszulegen und es an einem Felsen haltbar zu befestigen, so mußte dieses Tau, nach dessen Anspannung mittels des Gangspills an Bord, es ermöglichen, eine Stelle zu erreichen, wo man wenigstens Grund fand. Holte man an demselben Kabel die Ballen mit Mundvorräthen und Werkzeugen herüber, so gelangten diese voraussichtlich unbeschädigt an’s Land.
    Wie gefährlich dieser Versuch auch sein mochte, so wollte Briant doch Niemand gestatten, für ihn einzutreten, und er traf demgemäß seine Vorbereitungen.
    Am Bord befanden sich mehrere schwächere Taue von etwa hundert Fuß Länge, welche gelegentlich zum Bugsiren gedient hatten. Briant wählte eines von mittlerer Dicke, das ihm am geeignetsten erschien, und befestigte dasselbe, nachdem er sich halb entkleidet, am Gürtel.
    »Jetzt Achtung, Ihr Andern! rief Gordon. Seid bei der Hand, das Tau nachgleiten zu lassen. Hierher auf’s Vorderdeck!«
    Doniphan, Wilcox, Croß und Webb konnten ihre Mithilfe bei einem Unternehmen nicht verweigern, dessen Wichtigkeit sie einsahen. Trotz ihrer Mißlaune ließen sie sich dazu herbei, an dem Tau mit anzufassen und dieses je nach Bedarf nachschießen zu lassen, um Briant’s Kräfte möglichst zu schonen.
    In dem Augenblicke, wo dieser bereit stand über Bord zu springen, näherte sich ihm sein Bruder und rief:
    »Ach, Briant, was wagst Du?
    – Keine Furcht, Jacques! Aengstige Dich nicht um
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