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Zwei Jahre Ferien

Zwei Jahre Ferien

Titel: Zwei Jahre Ferien
Autoren: Jules Verne
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Fall dieses Land nämlich eine Insel war, entstand die ernste Frage, wie man diese wieder verlassen könne, wenn es sich als unmöglich erwies, den Schooner wieder flott zu machen, den die nächste Fluth schon dadurch, daß sie ihn auf den Klippen hin und her warf, elend zertrümmern mußte. Und war diese Insel obendrein unbewohnt – solche giebt es im Stillen Ocean gar viele – wie sollten auf sich selbst angewiesene Kinder, die nichts besaßen, als was ihnen vielleicht von den Vorräthen der Yacht zu bergen gelang, sich die nothwendigsten Lebensbedürfnisse verschaffen?
    Auf festem Lande dagegen hätte sich die Aussicht auf Rettung entschieden verbessert, weil dieses Festland kein anderes als Südamerika sein konnte. Da mußten sie, auf dem Gebiet von Chile oder Bolivia, jedenfalls Hilfe finden, und wenn auch nicht sofort, so doch wenige Tage nach stattgehabter Landung. Freilich waren auf diesen Nachbargebieten der Pampas mancherlei schlimme Begegnungen zu fürchten – jetzt handelte es sich aber einzig darum, überhaupt erst das Land zu erreichen.
    Die Witterung war jetzt klar genug geworden, um alle Einzelheiten desselben zu erkennen, und deutlich unterschied man das Vorland des Strandes, das hohe, diesen im Hintergrunde einrahmende Ufer, nebst verschiedenen auf letzterem zerstreuten Baumgruppen. Briant erkannte sogar die Mündung eines Rio rechts am Ufer.
    Wenn der Anblick dieser Küste auch nichts besonders Anziehendes bot, so wies doch der grüne Vorhang derselben auf eine gewisse Fruchtbarkeit hin, welche der der Länder unter mittlerer Breite zu entsprechen schien. Voraussichtlich zeigte die Vegetation jenseits der Uferhöhe, wo sie Schutz vor den Seewinden und gewiß noch günstigeren Boden fand, eher eine üppigere Entwickelung.
    Bewohnt schien der sichtbare Theil des Ufers nicht zu sein, wenigstens bemerkte man hier kein Haus und keine Hütte, nicht einmal an der Mündung des Rio. Vielleicht wohnten die Eingebornen, wenn es solche gab, mit Vorliebe mehr im Innern des Landes, wo sie dem heftigen Ansturme des Westwindes am wenigsten ausgesetzt waren.
    »Ich kann nicht den geringsten Rauch entdecken, sagte Briant, das Fernrohr senkend.
    – Und am Strande befindet sich kein einziges Boot, bemerkte Moko.
    – Wie sollte das der Fall sein, da hier kein Hafen vorhanden ist?… warf Doniphan ein.
    – Ein Hafen ist dazu nicht gerade nothwendig, erwiderte Gordon. Einfache Fischerboote können auch in einer Flußmündung Schutz finden, und es wäre möglich, daß diese des Sturmes wegen sich hätten weiter landeinwärts zurückziehen müssen.«
    Gordon’s Bemerkung war ganz richtig. Mochte es nun diesen oder jenen Grund haben, jedenfalls war nirgends ein Boot wahrzunehmen, und in der That schien dieser Theil des Ufers keine Bewohner zu haben. Es mußte demnach die erste Aufgabe der jungen Schiffbrüchigen werden, festzustellen, ob dasselbe sich überhaupt als bewohnbar erweise
    Inzwischen sank das Wasser mit der Ebbe, doch sehr langsam, weiter zurück, denn der Wind von der Seeseite hemmte dessen Abfluß, obwohl dieser bei einer gleichzeitigen Drehung nach Nordwest schwächer zu werden schien. Jetzt galt es also sich bereit zu halten für den Augenblick, wo die Klippenreihe einen Uebergang gestatten würde.
    Es war nun gegen sieben Uhr. Jeder beschäftigte sich damit, die für den ersten Bedarf nothwendigsten Gegenstände auf das Deck zu schaffen, in der Hoffnung, die übrigen aufzufischen, wenn die Wellen sie aus Ufer trügen. Die Großen wie die Kleinen legten hierbei die Hände an. An Bord befand sich unter anderem ein großer Vorrath an Conserven, Bisquit, an gepöckeltem und geräuchertem Fleisch. Diese Nahrungsmittel wurden zu handlichen Ballen verpackt und sollten, unter die Größeren vertheilt, von diesen an’s Land geschafft werden.
    Um das aber ausführen zu können, mußte die Klippenreihe erst einen trockenen Weg bieten, und Niemand wußte doch, ob das Meer sich auch beim niedrigsten Stande so weit zurückziehen würde, um die Felsen bis zum Strande bloß zu legen.
    Briant und Gordon beobachteten unablässig und aufmerksam das Meer. Mit der Veränderung der Windrichtung wurde die Luft merkbar ruhiger und die Gewalt der Brandung begann ebenfalls nachzulassen, so wie man leicht bemerken konnte, daß das Wasser an den hervorragenden Felsblöcken niedersank. Der Schooner selbst lieferte einen Beweis für diese Abnahme des Wasserstandes, da er sich noch etwas weiter nach Backbord überneigte. Es war
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