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Zwei Jahre Ferien

Zwei Jahre Ferien

Titel: Zwei Jahre Ferien
Autoren: Jules Verne
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Bestrafung zu entgehen. Dabei sei auch bemerkt, daß die Schüler dieser Lehranstalten weit weniger den Regeln gemeinsamen Lebens und den daraus hervorgehenden Vorschriften des Stillschweigens u. s. w. unterworfen sind. Meist bewohnen dieselben besondere Zimmer, wo sie auch gewisse Mahlzeiten einnehmen, und wenn sie sich an die Tafeln eines gemeinsamen Speisesaales setzen, so steht es ihnen frei, nach Belieben zu plaudern.
    Je nach dem Alter sind die Schüler in Abtheilungen untergebracht, deren das Pensionat Chairman fünf zählt. Wenn in der ersten und zweiten die Kleinen sich gelegentlich noch an den Hals ihrer Eltern hingen, so ersetzten die Größeren schon den kindlichen Kuß durch den männlichen Händedruck. Dabei gab es keinen Lauscher, sie zu überwachen, das Lesen von Erzählungen und Zeitschriften war gestattet, Urlaubstage wurden häufig bewilligt, die Arbeitsstunden blieben möglichst beschränkt, während daneben auf Körperübungen, wie Turnen, Boxen und anregende Spiele in freier Luft, hoher Werth gelegt wurde. Als Dämpfer gegenüber jener Unabhängigkeit, welche die Schüler übrigens nur selten mißbrauchten, hatte man jedoch die körperliche Züchtigung, vorzüglich mit der Gerte, beibehalten. Gelegentlich ausgepeitscht zu werden, erschien den jungen Angelsachsen nicht als ehrenrührig, und sie unterwarfen sich widerspruchslos einer solchen Züchtigung, wenn sie dieselbe als verdient erkannten.
    Jedermann kennt die bei den Engländern gewöhnliche Achtung vor der Ueberlieferung im privaten, ebenso wie im öffentlichen Leben, und diesen Ueberlieferungen, selbst wenn sie an sich unvernünftig erscheinen, trägt man auch Rechnung in den Lehranstalten des weiten Reiches. Wenn es den älteren Schülern obliegt, die jüngeren zu unterstützen, so geschieht das nur unter der Bedingung, das letztere es den ersteren durch gewisse häusliche Dienstleistungen, denen sie sich auf keine Weise entziehen können, vergelten. Diese Dienste, welche in der Herbeischaffung des Morgenimbisses, der Reinigung der Kleider wie des Schuhwerkes, der Besorgung von Aufträgen u. dergl. bestehen, sind unter dem Namen »Faggisme« (etwa Fuchspflichten) bekannt, und diejenigen, welche sie zu leisten haben, heißen »Fags« (Füchse).
    Es sind die Kleinsten, die Mitglieder der ersten Abtheilungen, welche den Zöglingen der höheren Classen als »Füchse »dienen, und wenn sie sich dessen weigerten, würde ihnen das Leben gewiß recht sauer gemacht werden. Daran denkt jedoch Keiner, und das gewöhnt sie, sich einer Disciplin zu fügen, von der man z.B. bei den Zöglingen der französischen Lyceen keine Spur findet. Die Ueberlieferung verlangt es hier einmal, und wenn es ein Land giebt, welches diese beachtet, so ist es das Vereinigte Königreich, wo sie den einfachsten Londoner Straßenjungen ebenso beherrscht, wie die Peers des Oberhauses.
    Die Zöglinge, welche an der Spazierfahrt des »Sloughi« theilnehmen sollten, gehörten verschiedenen Abtheilungen der Pension Chairman an. Wie der Leser schon weiß, befanden sich an Bord des Schooners solche von acht bis zu vierzehn Jahren. Und diese fünfzehn Knaben, mit Einrechnung des Schiffsjungen, sollten weit weg verschlagen werden und die schlimmsten Abenteuer zu bestehen haben.
    Wir führen nun nicht nur ihre Namen auf, sondern auch ihr Alter, Gewohnheiten, Charakter, Familienverhältnisse neben den Beziehungen, welche zwischen ihnen bestanden, als sie zur gewöhnlichen Zeit der beginnenden Spätsommerferien die Anstalt verließen.
    Mit Ausnahme zweier Franzosen, der Brüder Briant, und Gordon’s, eines Amerikaners, sind Alle englischer Abkunft.
    Doniphan und Croß stammen aus der Familie reicher Landeigenthümer, welche in der neuseeländischen Gesellschaft den ersten Rang einnehmen. Dreizehn Jahre und einige Monate alt, sind sie Vettern und zur Zeit Mitglieder der fünften Abtheilung. Der elegante und auf seine äußere Erscheinung streng haltende Doniphan ist unstreitig der hervorragendste Zögling. Geistig geweckt und eifrig, bewahrt er ehrgeizig sein Ansehen, theils aus Neigung sich auszubilden und zu lernen, theils infolge des Wunsches, seinen Kameraden immer voranzustehen. Ein gewisser aristokratischer Stolz hat ihm den Spitznamen »Lord Doniphan« erworben, und sein selbstwilliger Charakter verleitet ihn dazu, überall herrschen zu wollen. Dem entstammt zwischen Briant und ihm jene Rivalität, welche schon mehrere Jahre andauert, die aber nur noch zugenommen hat, seitdem
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