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Zwei Herzen im Winter

Zwei Herzen im Winter

Titel: Zwei Herzen im Winter
Autoren: MERIEL FULLER
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gesehen“, murmelte er mit leicht geneigtem Kopf; seine Worte waren nur für sie bestimmt.
    Sie hob die Hand und berührte sanft seine Wange. Das Blut rauschte ihm wie ein Feuersturm durch die Adern. Ohne nachzudenken schlang er einen Arm um ihre Mitte, zog sie heftig an sich und presste seinen Mund auf ihre Lippen.
    Die Festgäste brachen in stürmischen Jubel aus, als ihr Herr und Gebieter die Rechte an der Frau seines Herzen in Anspruch nahm. Alle klatschten johlend in die Hände und trampelten mit den Füßen auf die grauen Steinplatten.
    „Du kannst sie nicht allein für dich haben, Talvas“, rief Stephen gut gelaunt von der Hochtafel herunter. „Wir alle wollen auf das Wohl von Madame de Lonnieres trinken!“
    Talvas löste widerstrebend seine Lippen von ihr. In der Halle trat erneut ein erwartungsvolles Schweigen ein, alle Blicke richteten sich auf König Stephen, der sich mit dem Kelch in der Hand ebenfalls erhoben hatte. „Ich trinke auf das Wohl von Emmeline de Lonnieres, die wagemutig ihr Leben aufs Spiel setzte, um Kaiserin Maud daran zu hindern, Krieg gegen mich zu führen.“
    „Auf Emmeline de Lonnieres.“ Der vielstimmige Ruf wurde lauter, schwoll an und hallte von den Mauern wider. Emmeline bedankte sich errötend mit einem scheuen Kopfnicken, bevor sie sich an Talvas wandte, dessen Arm noch immer um ihre Taille lag. „Deine Leute schulden auch dir Dank“, murmelte sie und konnte sich nicht satt sehen an seiner männlichen Schönheit in einer braunen Samttunika. Er neigte sich ihr zu, und eine dunkle Locke fiel ihm in die Stirn.
    Der Rosenduft, der ihrem Haar entströmte, berauschte ihn. „Nein, Madame“, raunte er. „Dieser Jubel gilt nur dir.“ Er hielt ihren Arm hoch, in einer Geste des Dankes und des Triumphs.
    „Nun kommt, ihr Turteltäubchen“, drängte Matilda leicht gereizt. „Ich sterbe vor Hunger.“
    Talvas trat zur Seite, um Matilda den Vortritt zu lassen, ohne Emmelines Hand freizugeben. „Komm mit mir“, raunte er ihr zu. „Ich muss mit dir reden.“ Ihre grünen Augen verdunkelten sich, seine einschmeichelnde Stimme weckte ihr Verlangen.„Komm!“,drängte er erneut, da er ihr Zögern spürte, und senkte seinen Blick tief in ihre Augen, während vereinzelt derbes Lachen laut wurde. Das Verschwinden des Paares würde nicht unbemerkt bleiben.
    „Brauchst du eine Anstandsdame, Emmeline?“, fragte Matilda, die sich auf den Stufen zur Hochtafel befand.
    „Nein“, versicherte Emmeline hastig, um nicht noch mehr Aufsehen zu erregen. Talvas zog sie mit sich, strebte einer Seitentür zu, riss im Vorbeigehen eine brennende Fackel aus der Wandhalterung und schob Emmeline durch den Vorhang.
    „Die denken alle, wir führen etwas im Schilde“, hauchte sie atemlos. „Kein Wunder, nach diesem Kuss!“
    „Lass die Leute denken, was sie wollen.“ Seine Augen blitzten verwegen im Halbdunkel, als er sie durch den schmalen Flur in den Kräutergarten zog. Er führte sie den Kiesweg entlang, vorbei an den mit Frost überzogenen Beeten zur Steinbank an der Burgmauer. Als sie sich setzte, konnte Emmeline hören, wie die Wellen der einsetzenden Flut gegen die Felsen schlugen. Ein kalter Windstoß ließ sie frösteln.
    „Hier.“ Talvas legte ihr seinen kurzen Umhang um die Schultern, bevor sie Einspruch erheben konnte.
    Da er beharrlich schwieg und die Kälte durch ihr Bliaut drang, begann sie zu sprechen. „Hier saßen Matilda und ich gern an sonnigen Nachmittagen.“
    Talvas beugte sich vor, stützte die Ellbogen auf die Knie und betrachtete sinnend seine Stiefelspitzen. „Du hast mir gefehlt“, sagte er schließlich. Das helle Mondlicht beleuchtete sein ernsthaftes Gesicht. „Willst du wirklich in die Normandie zurück?“
    Diese Frage hatte sie nicht erwartet. Sie legte zaghaft ihre Hand an seine breite Schulter und spürte seine Verspannung. „Nein, ich würde lieber hier bei dir bleiben.“
    Ihre Worte waren wie Balsam auf seiner Seele. Er wandte sich ihr zu und nahm sie bei den Armen, eine jauchzende Freude weitete ihm die Brust. „Dann willst du mich also heiraten?“
    Sie erschrak. „Nein, Talvas, ich will bei dir bleiben, aber zu meinen Bedingungen. Keine Verlobung. Keine Heirat.“
    Er ließ sie jäh los und sprang auf. „Heilige Mutter Gottes! Ich dachte, du kommst endlich zur Einsicht … ich Narr!“ Er schlug sich mit der Faust gegen die Stirn.
    Bekümmert von seinem Jähzorn, streckte sie die Hand aus, um ihn zu beschwichtigen. „Aber … ich dachte, du
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