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Zwei Herzen im Winter

Zwei Herzen im Winter

Titel: Zwei Herzen im Winter
Autoren: MERIEL FULLER
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wirkte erschöpft und übernächtigt. Ihre großen grünen Augen hatten den sprühenden Glanz verloren. Wieso weigerte sie sich so hartnäckig und störrisch, ihn zu heiraten? Er sehnte sich danach, sie in die Arme zu nehmen, ihr zu sagen, dass alles gut werde, wusste aber, dass all sein Bemühen vergebens war. Seine Eingeweide krampften sich zusammen, als er sich zu einer Antwort zwang. „Um diese Jahreszeit wird es schwierig werden, eine Mannschaft zu finden. Zu Weihnachten wollen die Leute bei ihren Familien sein.“
    „Du willst mir also nicht helfen.“
    „Ich habe Besseres zu tun, als eine Mannschaft für dich zu suchen“, antwortete er kalt. Sein eisiger Ton machte sie traurig. Ihre Schultern sackten mutlos nach vorne.
    Talvas ballte die Fäuste, bis seine Fingernägel sich in seine Handflächen gruben. Seine Stimme war ein eindringliches Flüstern. „Das hast du dir selbst zuzuschreiben, Emmeline. Ein Wort von dir, und alles würde sich ändern. Nur ein Wort.“ Die tiefe Verletzung, die in seiner Stimme schwang, traf sie wie ein Schlag in die Magengrube. Ein Knoten schnürte ihr die Kehle zu. Unfähig zu sprechen, schüttelte sie den Kopf, wusste sich keinen Rat mehr. Tränen der Verzweiflung stiegen in ihr auf.
    In der Großen Halle herrschte frohe Erwartung auf die bevorstehenden Festlichkeiten. Mägde und Knechte brachten Arme voller Efeuranken, an denen die schwarzen Früchte in Büscheln hingen, andere banden ölig glänzende Stechpalmenzweige mit ihren roten Beeren zu Sträußen, um die Wände damit zu schmücken. Der schwere Lederbehang am Durchgang zum Burghof war ständig in Bewegung wegen der hin und her eilenden Dienstboten. Matilda saß lächelnd an der Hochtafel und nickte zufrieden, als die Halle im festlichen Schmuck erstrahlte. Sie liebte die Weihnachtszeit, wenn an langen Winterabenden die Feuer knisterten und Kerzen warmes Licht verbreiteten. In diesem Jahr freute sie sich besonders auf das Weihnachtsfest, das sie und Stephen gemeinsam mit Talvas auf Hawkeshayne verbrachten.
    „Ich bin froh, dass Emmeline nun doch noch eine Weile bleibt“, sagte Matilda an ihren Bruder gewandt, der weiter unten an dem langen Eichentisch saß und mit dem Burgvogt die Bücher studierte.
    „Hmm?“, brummte Talvas und hielt den Blick auf die lange Zahlenliste gerichtet, die ihm der Vogt vorgelegt hatte. Das Licht der frühen Morgensonne fiel in schrägen Bündeln durch die hohen Bogenfenster auf die langen Tische unten in der Halle, an denen noch vereinzelte Knechte beim Morgenmahl saßen.
    „Hörst du mir eigentlich zu?“ Matilda erhob die Stimme.
    Talvas schaute unwillig auf und hielt den Finger auf die Zahlenreihen. Im Vertrauen auf die Tüchtigkeit seines Verwalters, der auch im nächsten Jahr die Aussaaten sorgfältig überwachen würde, bedurfte es lediglich der Zustimmung des Burgherrn, wenn es um die Auswahl der zu favorisierenden Feldfrüchte ging, bevor Talvas sich für einige Monate auf Seefahrt begab.
    „Ich höre, Matilda.“ Seine Stimme klang gereizt.
    „Freust du dich, dass Emmeline Weihnachten mit uns verbringt?“
    Talvas begann die Pergamente durchzublättern, die einen Teil des Tisches bedeckten. „Es bleibt ihr gar keine andere Wahl. Das Wetter ist zu unsicher, um eine Überfahrt zu wagen.“ In Wahrheit wäre er froh gewesen, hätte er gewusst, sie würde sich auf dem Heimweg in die Normandie befinden. Jeder Blick, jede Berührung von Emmeline verstärkte seinen Groll.
    „Seit wann lässt Emmeline sich von schlechtem Wetter abhalten? Hätte sie wirklich den Wunsch zu reisen, wäre sie längst fort.“ Matilda spießte ein Stück Räucherfleisch auf ihr juwelenbesetztes Messer. „Nein, ich denke, sie bleibt aus anderen Gründen.“
    Talvas nickt dem Burgvogt zu, der sich Notizen auf die Pergamente machte, danach wandte er sich seiner Schwester zu.
    „Emmeline bleibt, weil sie durch widrige Umstände dazu gezwungen ist, nicht weil es ihr Wunsch ist.“
    „Sie bleibt deinetwegen“, verkündete Matilda im Brustton der Überzeugung.
    Eine wilde, unerklärliche Wut packte ihn. Er sprang jäh auf und stieß beinahe die Bank um.„Zwischen uns ist nichts, hörst du?“ Er bedachte Matilda mit einem finsteren Blick. „Um Himmels willen, hör endlich auf, dich einzumischen!“
    In den letzten Tagen hatte er Emmeline kaum zu Gesicht bekommen, sie hatte ihn gemieden und sich in ihren Gemächern oder im Söller aufgehalten. Wenn sie sich zufällig begegneten, gingen sie wie Fremde
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