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Zurueck in die Nacht

Zurueck in die Nacht

Titel: Zurueck in die Nacht
Autoren: Claudia Walter
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wird mir aus
einigen Andeutungen, die er fallen lässt, klar, dass er offenbar in einer total
deprimierten Stimmung ist. Nachdem er in Südamerika einen Fehlschlag erlitten
hat, hat ihn, wie er meint, die traurige Realität endlich eingeholt, nämlich dass
er seit fast zwei Jahrzehnten einem unerfüllbaren Traum hinterher jagt: meine
Mutter doch noch wiederzufinden. Oder zumindest herauszufinden, was mit ihr los
war.
    Das
nennt man nun wirklich Ironie des Schicksals. Endlich habe ich ihn da, wo ich
ihn immer haben wollte – und jetzt will ich ihn wieder so, wie er sonst immer
war. Ausgerechnet jetzt gibt er auf, wo es mir ein Leichtes wäre, ihm die
gewünschten Informationen zu liefern. Und noch viel mehr als das: ihm auch den
verlorenen zweiten Sohn zu liefern! Und doch ist genau der es, der mich davon
abhält. Der mich intensiv gewarnt hat, Raphael nur ja nichts von ihm – und uns
– zu erzählen, um ihn nicht in Gefahr zu bringen. Aber kann ich wirklich mit
ansehen, wie er sich stattdessen auf andere Weise genau so in Gefahr begibt?
     
    „Hi,
Mike! Wie geht’s?“
    Ich
schrecke hoch und brauche ein paar Sekunden, bis ich wieder weiß, wo ich bin.
Cafeteria. Mittagspause. Mein Tisch, an dem der übliche Lärm herrschte. Nur
dass ich ihn bis jetzt gerade überhaupt nicht wahrgenommen habe, sondern ganz
in meinen Grübeleien gefangen war. Gestern war es mit Raphael besonders
schlimm. Ich weiß, dass ich etwas tun muss. Nur was?
    Erst,
als das Gerede meiner Freunde verstummt, erinnere ich mich, dass mich jemand
angesprochen hat. Ich sehe auf. Patti steht neben mir und sieht prüfend auf
mich herunter. Das anzügliche Grinsen auf den Gesichtern meiner Kumpels ignoriert
sie völlig.
    „Geht
so.“
    Sie
kneift die Augen zusammen. „Du siehst irgendwie müde aus.“
    Unwillkürlich
gähne ich.
    Sie
grinst, bringt es aber gleichzeitig fertig, fast besorgt auszusehen.
    „Ich
– äh – schlafe etwas unruhig in letzter Zeit.“
    „Schlechte
Träume? Komme ich drin vor?“
    Ich
muss grinsen und vergesse vorübergehend meine Sorgen. „Würde sich das denn
lohnen?“
    Sie
tut empört. „Was ist das denn für eine Frage? Schon vergessen? Übernatürliche
Wesen und so!“
    „Ach.“
Nun tue ich überrascht. „Bist du auch eins? Was denn?“
    „Das
musst du schon selbst herausfinden!“, entgegnet sie herausfordernd. Automatisch
erwacht wieder mein Misstrauen.
    „Und
wie?“, frage ich zurück.
    „Besuch
mich doch einfach in meinen Träumen!“ Sie grinst, und ich beschließe,
dass sie nur herumspielt. Wenn sie nicht Patti wäre, würde ich sogar meinen,
sie flirtet mit mir. Aber mehr steckt mit Sicherheit nicht dahinter.
    „Okay,
danke für die Einladung“, erwidere ich mit gekonntem Augenaufschlag. „Ich werde
mal sehen, was sich machen lässt!“
    „Ich
warte!“, gibt sie zurück. Dann stolziert sie davon, die Pfiffe meiner
Tischnachbarn überhörend.
    Ich
bemühe mich, es ihr gleich zu tun. Und erst am Ende des Schultags fällt mir
auf, dass ich keinen weiteren Gedanken an Raphael verschwendet habe.
    In
den nächsten paar Tagen höre ich nichts von Patti, spüre aber öfter ihre Blicke
auf mir. Das macht mich neugierig. Doch erst, als wir beim Karatetraining
zufällig als Kampfpartner aufeinandertreffen, spreche ich sie an.
    „He,
tut mir übrigens leid.“
    Sie
wirkt überrascht. Aber irgendwie nicht so schlagfertig wie sonst. „Leid? Was
denn?“
    „Dass
ich dich noch nicht besucht habe. In deinen Träumen“, füge ich erklärend hinzu,
als sie ganz verwirrt aussieht. Sie scheint heute wirklich nicht in Form zu
sein.
    „Oh.
Aber – das hast du doch.“
    Damit
bringt sie mich aus dem Konzept. „Habe ich? Wirklich?“ Komischerweise beginnt
mein Herz bei der Vorstellung, dass sie von mir geträumt hat, zu klopfen. „Und?
Wie war ich so?“
    Sie
wird tatsächlich rot. „Wie schon…“ Sie sieht aus, als wollte sie noch etwas
hinzufügen, lässt es dann aber.
    „Unwiderstehlich?“,
klopfe ich auf den Busch.
    „Unerträglich!“,
schießt sie zurück und sieht endlich wieder etwas mehr wie sie selbst aus.
    Ich
grinse. „Dafür bin ich bekannt!“
    Sie
grinst zurück. „Ja, Mike Low, wie er leibt und lebt. Und bevor du dir jetzt
noch was einbildest – du hast sowieso nur eine Nebenrolle gespielt.“
    Ich
spüre tatsächlich so etwas wie Enttäuschung. „Ach. Und wer spielt die
Hauptrolle?“
    „Das
erzähl ich dir ein anderes Mal“, foppt sie mich.
    Und
dann müssen wir leider den Partner
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