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Zurück ans Meer

Titel: Zurück ans Meer
Autoren: dtv
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Hause.«
    Inzwischen haben Mindy und Jeanie sich zu uns ans Feuer gesetzt. Alle haben sich niedergelassen, und die hektische Energie
     bei unserer Ankunft hat sich in ein tiefes Gefühl des Wohlbehagens verwandelt. Das Cottage ist warm und gemütlich.
    »Wie war denn nun das Fest zum Hochzeitstag deiner Eltern, Leslie?«, fragt Jeanie.
    »Sehr schön, vor allem war es anrührend zu sehen, wiezärtlich sie nach all den Jahren immer noch miteinander umgehen«, antwortet sie und verstummt, obwohl sie anscheinend noch
     mehr zu sagen hat. Meiner Erinnerung nach ist Leslie jemand, die ihre Geheimnisse nicht leicht preisgibt und lieber jemand
     anderen im Mittelpunkt sieht. Aber jetzt blickt sie sich im Kreis um, vergewissert sich, die Aufmerksamkeit aller zu haben,
     offensichtlich bestrebt, noch mehr mitzuteilen.
    »Was ist?«, fragt Kate. »Irgendwas stimmt doch nicht.«
    Leslie holt Luft. »Es könnte nicht schlimmer sein«, fährt sie fort. »Ihr wisst, dass Steve in den letzten beiden Jahren kaum
     anwesend war? Tja, er hat nicht nur das Fest meiner Eltern verpasst, sondern sitzt auch dauernd am Computer, wenn er nicht
     bei der Arbeit ist. Er schläft sogar vor dem Monitor ein.«
    »Na und? Das trifft sicher auf die meisten amerikanischen Männer zu, meint ihr nicht?«, fragt Kate mit ihrem üblichen Sarkasmus.
    »Also, ich hatte allmählich den Verdacht, dass es eine andere Frau gibt. Aber er war nie lange genug fort, dass da etwas hätte
     sein können. Dann sah ich im Fernsehen eine Sendung über Männer und Internetpornografie.«
    »Ach, komm schon, dafür ist Steve zu geradlinig«, sagt Penny.
    »Sollte man meinen«, gibt Leslie zu und wird beherzter, während sie ihre Geschichte fortsetzt. »Ich habe eine Weile gebraucht,
     sein Passwort herauszufinden, aber es ist mir gelungen.«
    »Und?«, fragt Kate, die jetzt auf dem Rand ihres Sessels sitzt.
    »Bingo«, erwidert Leslie. »Unter seinen Lesezeichen war jede Pornoseite verzeichnet, die man sich denken kann. Mir wurde ganz
     schlecht.«
    »Hast du mit deinem Therapeuten darüber gesprochen?«, fragt Jeanie.
    »Nachdem ich Steve damit konfrontiert hatte, und er es nicht leugnen konnte, beschloss ich, direkt einen Anwalt aufzusuchen«,
     antwortet Leslie triumphierend und mit Tränen in den Augen.
    »O mein Gott.« Penny beugt sich vor und nimmt Leslie in den Arm.
    »Ist schon okay«, versichert Leslie ihr. »Als Steve mir erklärte, ich hätte ihn nie richtig geliebt, anders als die Frauen,
     die er online kennenlernte, hat es mir gereicht. Letztlich war es eine Erleichterung. Es gab nichts, was ich nicht getan hätte,
     um es ihm recht zu machen, doch es war alles vergeblich. Schluss mit den schwarzen Dessous   – Schluss mit seinen Büropartys, bei denen ich freundliche Miene machen musste – Schluss mit den Verleugnungen.«
    »Hoffentlich bist du nicht so scharf auf die Trennung, dass du dich finanziell über den Tisch ziehen lässt«, sagt Jeanie,
     die ihre eigene Scheidung bis ins Detail durchgeplant hatte und damit sehr gut gefahren war.
    »Ich habe dir genau zugehört, wie du mit dem Thema umgegangen bist, Jeanie, und habe eine hervorragende Anwältin gefunden.
     Geld ist ein wichtiges Thema für mich. Wenn schon sonst nichts, war Steve ein guter Ernährer. Aber bisher ist er äußerst entgegenkommend.«
    Leslies Geschichte ist nicht meine Geschichte, doch vieles davon kommt mir sehr vertraut vor. Ich weiß, instinktiv halte ich
     viel zu oft den Mund und passe mich an. Das geht mir bei Robin so, selbst nach vierzig Jahren Ehe, bei meiner Agentin und
     anderen Menschen, mit denen ich arbeite, ja, sogar bei Freundinnen wie Susan und Ro. In Wirklichkeit ist es erbärmlich, dass
     die meisten von uns nicht mehr Tatkraft haben oder Jahre beim Therapeuten zubringen, um eingefleischte Gewohnheiten abzulegen.
    »Mir ist egal, was ihr sagt«, meint Jeanie, »aber sich aus einer Beziehung zu lösen, ist schwierig, vor allem, wenn mandiejenige ist, die geht. Das war mein Problem. Jake konnte es nicht ertragen, vor irgendjemandem als Versager dazustehen.
     Wenn ich ihn nicht buchstäblich bei jedem Schritt mitgezogen hätte, dann hätte ich die Scheidung nie bekommen.«
    Alle haben etwas zu dem Gespräch beizutragen, eine Anekdote über sich selbst oder einen freundlichen Ratschlag. Gerade als
     sich die Stimmung aufhellt und ein Witz oder zwei die Runde machen, rückt Mindy mit ihrer Neuigkeit heraus.
    »Auch einen Geliebten aufzugeben, ist schwer. Vor allem,
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