Zur Strecke gebracht: Die spannende Jagd nach dem Täter (German Edition)
Bin
schon auf dem Weg. Du bist doch vor Ort, oder? Ich kann ja schließlich niemanden
festnehmen, da braucht es schon einen von der Exekutive!«
»Logisch.
Ich warte beim Verwaltungsdirektor auf dich. Herrn Franz Jülich.«
Rasch griff
Paul Sommer nach seinem ›Hebammenköfferchen‹. Durchaus passend für einen Einsatz
im Klinikum, fand er, und fuhr dorthin.
Kaum eine
halbe Stunde später saß er in einem lichtdurchfluteten Raum. Alles war unnatürlich
aufgeräumt, jedes Ding schien einen festen Platz zu haben, selbst auf dem Schreibtisch
herrschte penible Ordnung. Sommer waren Leute mit so ordentlichen Schreibtischen
von jeher verdächtig. Wer arbeitet, lebt immer eine wenig im Chaos, war sein Leitspruch.
Der Verwaltungschef zögerte. Paul Sommer kannte diese Phase. Und sie nervte ihn
gewaltig. Ungeduldig wippte er mit dem rechten Fuß, während der Mann ihm auseinanderzusetzen
versuchte, warum man nun doch besser nicht gegen den Dieb vorgehen sollte.
»Ich glaube,
wir können das hier abkürzen!«, fiel er ihm ins Wort. »Es ist im Grunde sehr einfach.
Sie müssen sich entscheiden, ob Sie weiterhin einen Dieb dulden wollen, der langfristig
dem Image des Klinikums mehr schaden wird, oder ob ich nun den Kerl identifizieren
soll, samt einem eventuellen Artikel in der lokalen Presse über die Ergreifung des
Täters.«
»Wollen
Sie wirklich einen Straftäter dulden?«, setzte Hauk erstaunt nach. »17 Mal hatte
er schon Erfolg!«
»Na gut – aber verhalten Sie sich so unauffällig
wie nur möglich! Es muss ja nicht gleich jeder mitkriegen, dass jemand festgenommen
wird!«, stimmte Herr Jülich unglücklich zu.
Noch haben
wir ihn gar nicht, dachte Paul und setzte siegessicher hinzu: Aber gleich.
Die Modalitäten der Befragung waren
fix geklärt.
Paul Sommer
würde als Mitarbeiter der Abteilung Arbeitsschutz vorgestellt, der im Auftrag des
Klinikums nach Verletzungen an den Händen der Mitarbeiter suchte, um gegebenenfalls
andere Handschuhe zu bestellen. Der Trapper mit Lederhut, Weste und Cowboystiefeln
entsprach dabei vielleicht nicht unbedingt den Vorstellungen der Mitarbeiter, da
aber niemand so genau wusste, was man in dieser Abteilung tatsächlich erforschte
oder entschied, war das wohl zweitrangig.
Ihm wurde
ein kleiner Besprechungsraum zugewiesen – Paul Sommer brachte seine Schwarzlichtlampe in Startposition. Die
Tür zum Nebenraum blieb angelehnt, so konnte Jülich Ohrenzeuge der Gespräche werden.
Die Klinikverwaltung wies die Stationsschwester an, nach und nach jeden Kollegen
in diesem Raum vorbeizuschicken.
Susanne,
der Sonnenschein der Station, war die erste.
»Haben Sie
sich in letzter Zeit Verletzungen während der Arbeit zugezogen?«
Susanne
betrachtete prüfend ihre schmalen Hände. »Nein?«, antwortete sie unsicher.
»Sehen Sie,
es ist wichtig, dass die Handschuhe, die wir einsetzen, unser Personal auch effektiv
schützen. Sollten sie bei der geringsten Belastung reißen oder keinerlei Widerstand
bieten, wechseln wir den Anbieter. Wir wollen ja nicht, dass sich jemand infiziert.«
Susanne
nickte. Drehte ihre Hände im Licht des Fensters hin und her, zog die Augenbrauen
hoch, überlegte angestrengt. Schließlich wollte sie keine falsche Antwort geben.
Doch dann rang sie sich endlich durch. »Nein. Ganz sicher nicht!«
»Gut!«,
ließ Paul sie wissen. »Danke.«
So erging
es ihm auch bei den nächsten Mitarbeitern. Keiner konnte sich an eine Verletzung
oder gar größere Wunde erinnern.
»Nee! Ick
hab mir nich verletzt. Schon ewig nich mehr. Ick pass da jut auf, man weiß ja nie,
wat man sich da wechholt.«
»Sind Sie
sicher?«
»Aber logisch.
Det müsst ick ja wohl am besten wissen.«
»Darf ich
mal sehen?«
Lächelnd
überließ die Schwester dem fremden Mann ihre Hände.
»Da, da
ist ein winziger Ritz.«
»Wo?« Klara
guckte genau hin. »Tatsache. Da is wat. Aber det is ja so winzig, dat is kein Problem.«.
»Behalten
Sie das aber sicherheitshalber im Auge«, warnte der Trapper ganz rollenkonform.
»Wenn sich die Wunde in den nächsten zwei Stunden entzünden sollte, kommen sie,
ohne zu zögern, wieder zu mir.«
Klara nickte
verunsichert und huschte eilig durch die Tür.
»Die nächste,
bitte!«, rief sie der Kollegin schnell zu und war schon über den Gang verschwunden.
Viola Bruch
sah aus, als wünsche sie sich weit weg von Sommer und diesem Raum. Die junge Frau
wirkte seltsam. Sommer hätte nicht sagen können, woran er das festmachte – sie war einfach nicht wie
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