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Zungenkuesse mit Hyaenen

Zungenkuesse mit Hyaenen

Titel: Zungenkuesse mit Hyaenen
Autoren: Else Buschheuer
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durchzubrennen, miteinander zu leben. Aber sie will ihn nicht heiraten, nicht gegen den Willen ihrer Eltern. Sie kann so nicht leben, er ist zu arm.
    Ein Verkehrsunfall bringt sie auseinander. Mona wird auf der Landstraße von einem Auto erfasst und verletzt. Der Fahrer, ein zehn Jahre älterer Mann namens Müller, ist querschnittgelähmt, sein Beifahrer tot. Mona wirft sich Müller an den Hals, weil er nach Erfolg riecht, weil er gebildet und durchtrieben ist. Ben macht keinen Hehl daraus, dass er Mona nichts bieten kann, Müller verspricht ihr das Blaue vom Himmel, lässt sie aber im letzten Moment sitzen. Müller und Ben konkurrieren, und über diese Konkurrenz freundfeinden sie sich an. Einmal sind sie alle drei besoffen und verbringen eine Nacht miteinander: Mona, Ben und Müller. Danach sagt Mona sich von Ben los und stellt Müller ihren Eltern vor. Und was macht der? Fängt was mit ihrer Mutter an, Ernestine zu Dohna, und lässt Mona fallen. Nun wird sie rasch mit irgendjemandem aus gutem Hause verheiratet, um sie vom Hals zu kriegen, um die Schwangerschaft zu vertuschen – sein Kind! – und um Ben auszulöschen. Aber Ben lässt sich nicht auslöschen.
    So wird Big Ben geboren. Das ist die Motivation für seinen Aufstieg, eine Mischung aus Fleiß und Bluff. Er legt sich einen imposanten Namen zu, »Benedikt von Rube«, und behauptet fortan, von altem baltischem Adel abzustammen. Er kolportiert seinen eigenen Spitznamen, Big Ben, und frisst sich Dimensionen an, die diesen Spitznamen rechtfertigen.
    Seinen Bildungskomplex bekämpft er mit Volkshochschulkursen in Latein. Er ist ein Leben lang auf Müller, seinen Konkurrenten um Mona, neidisch und eifert ihm nach. Er liest, dass Müller in Rizz ist, also geht er auch dorthin. Er hört, dass Müller ein Imperium aufbaut, also will er auch eins. Er kauft sich einen Doktortitel, weil Müller einen hat. Kriegt Müller einen Orden, will er denselben. Macht Müller eine karitative Spende, macht er eine größere. Fährt Müller einen Bentley, kauft er einen Jaguar. Big Ben will wie Müller sein, genauso reich, genauso berüchtigt, genauso mondän, genauso eloquent, ja, er will Müller übertrumpfen. Als Müller Produzent wird, wird er Verleger. Als Müller zu einer der wichtigsten Personen in Rizz aufsteigt, eifert ihm Big Ben nach. Als es von Müller heißt, er habe Manschettenknöpfe aus menschlichen Backenzähnen, streut er, in seiner Wanne wohne ein Krokodil. Er spielt den lebensbejahenden, sinnlichen Genüssen zugeneigten Mann, aber in Wirklichkeit ist Essen sein einziger Genuss. Wer richtig hinschaut, sieht, dass Big Ben den Whisky immer nur anderen einschenkt, dass er die Champagnergläser nach dem Toast immer wegstellt, dass seine Pfeife immer kalt bleibt, dass niemals eine Frau an seiner Seite ist. Er stilisiert sich selbst: die Windspiele, die Posamentenknöpfe, der Bud-Spencer-Look. Selbst die Schwulenwitze sind etwas, womit er sich eine Note geben will, um wiedererkennbar und einzigartig zu sein. Vielleicht ist es auch seine Angst, selbst schwul zu sein, an Mona das Männliche zu lieben.
    Auf jeden Fall hat er ein Geheimnis. Er hat einen Schwur getan. Er wird nie trinken, nie rauchen, nie Weiber haben. Er wird so tun, als sei er ein schlimmer Finger, aber er wird leben wie ein Mönch. Er kann warten. Und wenn er wartet, bis er schwarz wird. Er ist fettleibig und asthmatisch geworden auf dem Weg nach oben. Er ist reich und erfolgreich geworden, um sich als der Richtige für Mona zu qualifizieren. Er weiß nicht, liebt sie ihn, liebt sie Müller, liebt sie inzwischen ihren Ehemann, liebt sie am Ende überhaupt niemanden? Er muss eswissen. Es gibt nur einen Weg. Er wird Monas Ehe aussitzen, er will Müller überleben, und er will Mona wiederhaben. Und er schafft es. Nun hat sich sein Leben erfüllt.

GRUSELIGES HAPPY END
    »Der Sonnenkönig« ist der erste Film, der in meinem neueröffneten Uniplex-Kino, dem Zentrum des neuen Rizz, gezeigt wird. Der Hauptspielraum mit über 800 Plätzen, zu Ehren des toten Erfolgsproduzenten Wolfgang-Müller-Saal genannt, ist prallgefüllt. Die Premiere kommt beim Publikum hervorragend an, die Leute klatschen, manche stehen auf, als die beiden Hauptdarsteller Hand in Hand die Bühne betreten. Nachdem Gritli ihre Erbschaft und ich die von Mutter gesparten Alimente in Müllers Firma gesteckt und sie gerettet hatten, konnten wir den dänischen Schauspieler Mads Mikkelsen für die Rolle des Sonnenkönigs verpflichten. Madame
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