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Zum Wilden Einhorn

Titel: Zum Wilden Einhorn
Autoren: Robert Asprin
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Rankaner blickten hoch und über den Pagen hinweg auf den stämmigen Mann hinter ihm auf dem Korridor. »Mein Lord«, meldete der Livrierte mit tiefer Verbeugung, »Samlor hil Samt.«
    Samlor griff an dem Pagen vorbei und stieß die Tür ganz auf, ehe Regli ihn bat, einzutreten. Er hatte seinen grauen Reiseumhang abgenommen und um den linken Arm geschlungen. Er hielt ihn so dicht am Körper, daß er fast den langen Dolch in der Scheide verbarg. Wie im Norden üblich, trug Samlor Kniehose, Stiefel und einen Kittel, dessen Ärmel um die Handgelenke gerafft waren. Diese Kleidung war einfach und von unauffälligem Braun, allerdings wirkte sie nun wie weißgepudert vom Reisestaub. Als einziges Schmuckstück trug Samlor ein Lederband um den Hals, ein silbernes Medaillon mit dem Krötengesicht der Göttin Heqt. Sein breites Gesicht war tiefrot -die Hautfarbe eines Mannes, den die Sonne nicht zu bräunen vermag, der ihr aber fast ständig ausgesetzt ist. Er räusperte sich, fuhr sich mit dem Rücken seiner beachtlichen Faust über die Lippen, und sprach: »Meine Schwester schickte nach mir. Der Page sagte, sie sei dort drinnen.« Er deutete auf die geschlossene Tür des Schlafgemachs.
    »Ja.« Regli blickte verwirrt auf die Reitpeitsche in seinen Händen. Der Arzt erhob sich von seinem Stuhl. »Aber Ihr seid ja viel älter, nicht wahr?« fuhr der Edle verlegen fort.
    »Vierzehn Jahre«, antwortete Samlor mürrisch. An den beiden Rankanern vorbei ging er auf das Schlafgemach zu. Seinen Umhang warf er achtlos auf einen der mit Elfenbein eingelegten Tische entlang der Wand. »Man hätte wahrhaftig meinen sollen, daß sie sich Gedanken machen würden, wo doch die fünf zwischen uns Totgeburten waren, aber nein, zum Teufel, nein ... Und viel Glück hat das Luder ihnen gebracht.«
    »Also wirklich!« keuchte Regli und starrte auf den Rücken des Stämmigen. »Ihr sprecht von meiner Gattin!«
    Samlor drehte sich um, die Faust erhoben, um an die Tür zu klopfen. »Ihr hattet eine Wahl«, sagte er. »Ich bin der, der Karawanen durch die Berge führte, damit das edle Haus derer von Kodrix lange genug erhalten blieb, um die Tochter gut zu verheiraten -während sie herumhurte, daß die Familie sich in Ranke umsehen mußte, um außer von Freudenhäusern Angebote zu kriegen. Kein Wunder, daß meine Leute trinken.« Er hämmerte an die Tür.
    Mernorad hielt den bleichen Regli zurück. »Meister Samlor«, sagte der Arzt scharf.
    »Ich bin's, Samlor, verdammt!« brüllte der Cirdonier als Antwort auf eine Frage aus dem Schlafgemach. »Ich bin keine 500 Meilen geritten, um vor einer verdammten Tür zu warten!« Er drehte sich zu Mernorad um. »Ja?«
    Der Arzt zeigte auf den Dolch. »Eure Waffe. Lady Samlane ist wie von Sinnen - nicht ungewöhnlich für eine Frau in ihrem Zustand. Sie versuchte schon vor einigen Monaten, ihre Schwangerschaft zu - äh, zu unterbrechen ... Glücklicherweise erfuhren wir rechtzeitig davon. Und obgleich sie seither immer unter Beobachtung stand, wollte sie sich mit, äh, einem Löffel ... Nun, ich möchte nicht, daß - Dinge, wie Euer Dolch in ihrer Lady Reichweite gelangen ...«
    Samlor zog den langen Dolch aus der Scheide und legte ihn auf ein Tischchen. Nur die Klinge glänzte, der Griff war aus hartem, hellem Holz, glatt, aber mit Silbergeflecht überzogen, um ihn besser halten zu können.
    Ein Bronzeriegel knarrte jetzt an der Türinnenseite der Kreißkammer.
    Eine mürrische, grauhaarige Frau im Tempelgewand kam zum Vorschein. Die Luft, die aus dem Schlafgemach herausquoll, war warm und aufdringlich süß wie ein überreifer Pfirsich. Die Öllampen von zwei der sechs Arme eines Leuchters brannten und schienen sich mit dem Sonnenschein messen zu wollen, der durch die Buntglaswand, die zum inneren Hof führte, fiel.
    Sah die Hebamme schon mitgenommen aus, so wirkte Samlane auf dem Bett wie der leibhaftige Tod. Ihr Gesicht und die langen weißen Hände schienen von dem Bauch verschlungen zu werden, der sich unter ihrem Leinenüberwurf wölbte. Eine Seidendecke lag zerknüllt am Fußende des Bettes. »Tritt ein, teurer Bruder.« Eine Wehe ließ den Oberwurf erzittern. Samlanes Gesicht erstarrte mit halb offenem Mund. Die Wehe verging. »Ich halte dich nicht lange auf, Samlor«, fügte sie mit gezwungenem Lächeln hinzu. »Leah, warte draußen.«
    Hebamme, Gemahl und Arzt protestierten. »Bei Heqts Gesicht, hinaus! Hinaus!« schrillte Samlane, und ihre Stimme wurde noch durchdringender, als eine neue Wehe sie
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