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Zum Nachtisch wilde Früchte

Zum Nachtisch wilde Früchte

Titel: Zum Nachtisch wilde Früchte
Autoren: Heinz G. Konsalik
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er gekommen wäre?
    Sie lief hinaus in die Halle, aber sie wußte nicht, was sie tun wollte. Nur Unruhe war in ihr. Eine merkwürdige Angst.
    Und eine noch merkwürdigere, aufglühende, sie ganz erfassende Liebe zu Richard Erlanger …
    Um 20 Uhr trat der Kriminalassistent Werner Ritter seinen Nachtdienst im Polizeipräsidium an. Zimmer 101. Morddezernat.
    »Wird ein stiller Tag«, sagte Kommissar, der den Schreibtisch räumte. »Die Ganoven sind ins Grüne gefahren. Wochenende! Haben jetzt auch die 42-Stunden-Woche! Und 'n Mord. Müßten schon verdammt Glück haben, Ritter! Samstag-Sonntag, da schon eher. Aber der Freitag ist immer schlaff! Da haben die Kollegen von der Körperverletzung mehr zu tun. Lohntüten-Ball. Ist denn etwas Besonderes im Fernsehen?«
    »Eine Oper«, sagte Werner Ritter und packte eine Thermosflasche und ein Paket Butterbrote aus der Aktentasche.
    »Auch das noch! – Na, auch die Nacht geht 'rum!«
    Werner Ritter lächelte schwach, half dem Kommissar in den Mantel und war dann allein im Morddezernat. Nebenan langweilten sich zwei Kriminalwachtmeister, spielten Schach und erzählten sich Witze, die sie von der ›Sitte‹ gehört hatten.
    Eine lange Nacht begann.
    In Düsseldorf-Derendorf setzte sich der Major a.D. Konrad Ritter bequem in seinen Lehnsessel zurecht, rückte Bier und mit Cervelatwurst belegte Brote – schönes, kräftiges, dunkles Kommißbrot – auf dem Tisch zu sich heran und streckte die Beine von sich.
    Die Abendnachrichten der Tagesschau.
    Wetterkarte.
    Dann die Oper.
    Ein schöner Feierabend.
    Und im übrigen war er guter Laune. Vor einer Stunde war er angerufen worden. Aus Nürnberg.
    »Alles klar, Herr Major!« hatte die Stimme des Hauptmanns a.D. Willerecht gemeldet. »Wir bekommen das Maifeld für unser Divisionstreffen im August. War eine schwere Arbeit bei den jungen Schlipsen, die jetzt in der Verwaltung sitzen. Aber Tradition ist eben nicht schlagbar! Gott sei Dank lebt der deutsche Geist noch in den höheren Klassen. Es ist überhaupt eine Schande, wie das völkische Bewußtsein verwässert. Für ein Beat-Konzert kriegt man Säle nachgeworfen … aber bei einem Divisionstreffen ziehen sie saure Gesichter! Es wird Zeit, daß der preußische Geist wieder Fuß faßt. Unser Divisionstreffen kann da einen großen Beitrag leisten …«
    Major a.D. Ritter hatte dem beigepflichtet, Hauptmann Willerecht belobigt wegen des Maifeldes und zufrieden aufgelegt. Ein gutes Telefongespräch. Man muß der heutigen Jugend ein Beispiel geben …
    Und nun die Oper.
    20.15 Uhr –
    Beim letzten Zeitzeichen.
    Beim letzten …

2
    Der erste, der bei Huilsmann eintraf, war Boltenstern. Der gläserne Palast strahlte mit vollem Licht, die Eingangstür stand offen.
    »Allein?« fragte Boltenstern, als er Huilsmann am Kamin sitzen sah. »Ich denke, zwei süße Nymphen empfangen mich und geleiten mich zum rosengeschmückten Pfuhl …«
    »Die Mädels kommen noch. Mit 'nem Omnibus …«
    »Mit was?« Boltenstern warf sich in einen der schwarzen Ledersessel.
    »Mit einem Bus! Sie kommen aus Dortmund.«
    »Bist du verrückt? Warum denn das?«
    »Es sind Klasseweiber, Alf! Habe die Adresse von einem Industriemanager aus Essen erhalten. Läßt die Hüpferchen immer kommen, wenn dickleibige Partner aus der Schweiz oder Holland Schwierigkeiten machen. Und siehe da … am nächsten Morgen sind die Verträge unterzeichnet. Mit Herzblut!« Huilsmann lachte und schenkte Boltenstern einen Genever ein. Er wußte, daß Boltenstern ihn gern trank. »Ich habe vier ausgewählt, Alf, ich sage dir … da wird Paris selbst zur Jungfrau! Wenn du die Telefonnummer haben willst … Anruf genügt!«
    »Mit 'nem Bus.« Boltenstern schüttelte den Kopf. Dann sah er Huilsmann nachdenklich an. »Und wer fährt die Karre?«
    »Die Direktrice …«
    »Himmel, so etwas haben sie auch?«
    »Es ist alles bestens durchorganisiert. Die Direktrice wartet im ›Tannenbusch‹ und holt die Miezchen gegen 5 Uhr wieder ab.«
    Boltenstern schwieg und sah in seinen Genever.
    5 Uhr früh.
    Noch neun Stunden.
    Und er hatte plötzlich den Wunsch, aufzustehen und wegzugehen. Zurück zu Jutta, seiner Tochter.
    »Jungs, nun sind wir alle wieder zusammen!« rief Huilsmann und rannte mit einem Tablett herum, auf dem Kognakgläser schaukelten. Das grelle Decken- und Seitenlicht war ausgedreht. Nun leuchteten nur noch die Glasbehälter mit den exotischen Pflanzen im Atrium und eine indirekte Beleuchtung in dem marmorverkleideten Rundbogen,
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