Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zum Nachtisch wilde Früchte

Zum Nachtisch wilde Früchte

Titel: Zum Nachtisch wilde Früchte
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Wenn sie das tat, sah sie aus wie ein Frosch, der nach einer Fliege spuckt. Schreibert rannte in den Nebenraum, holte einen Elektrorasierer und schüttelte den Kopf.
    »Blödsinn! Du kennst doch die Sitzungen.«
    »Du hast aber in der letzten Zeit viele solcher Zusammenkünfte.«
    »Das Geschäft wird ja auch immer größer!« Schreibert sah seine Geliebte ärgerlich an. »Was soll das überhaupt? Willst du Theater machen? Fehlt dir etwas, wenn ich nicht da bin?«
    »Am nächsten Tag bist du immer schrecklich müde«, sagte Madeleine anzüglich. »Wo ist denn diese Tagung, Liebling?«
    »Im Park-Hotel.«
    Zehn Minuten später sprang Hermann Schreibert in seinen schweren Reisewagen und fuhr davon. Links von ihm leuchtete Schloß Benrath, angestrahlt von grellen Scheinwerfern.
    Hermann Schreibert wohnte in einer feudalen Gegend.
    Und er lebte auch wie ein Lebemann und nannte sich ›Künstler der Schere und Künstler des Herzens‹.
    Er war aber auch ein Künstler der Ausreden …
    »Ich habe heute gar keine Lust«, sagte Richard Erlanger und stellte die Teetasse ab. Er saß im Salon seiner Frau Petra, einer blonden, kühlen, damenhaften Schönheit, die wie eine Madonna lächeln konnte. Unmöglich war es, anzunehmen, daß von diesen Lippen jemals ein hartes Wort gekommen war; aber ebenso unmöglich schien es, daß diese schmalen Lippen unter Küssen aufblühen könnten, daß sie sich im Liebesrausch verzerrten und sinnlose Laute stammelten. Das Fluidum der ›großen Dame‹ umwehte Petra Erlanger so klar, daß man sie sich am Hofe Ludwigs XIV. hätte denken können, in einer seidenen Krinoline, vor ihr die Kavaliere, tief geneigt und mit gebeugten Knien.
    »Du willst noch einmal weg, Richard?« Petra Erlanger goß sich noch einen Schluck Tee in die dünne, chinesische Tasse. Ihr Salon in Blau und Gold war ein Entwurf Huilsmanns … man braucht also nicht mehr darüber zu sprechen. Man weiß, wie traumhaft er war.
    »Ich sollte. Aber ich sage ab.« Erlanger erhob sich. »Immer diese Besprechungen. Alf hat da wieder ein Patent entwickelt, und nun wollen einige Schweizer darüber verhandeln.«
    »Kaufen wir Alfs neues Patent, Richard?« Es klang kühl. Man hörte heraus, sie fragte es nur, um Erlanger ein Stichwort zur Weiterrede zu geben. Es interessierte sie überhaupt nicht.
    »Ich glaube nicht. Alf macht in letzter Zeit merkwürdige Erfindungen. Industriell kaum auszuwerten … und dann ist er wütend, wenn ich absage.« Erlanger nickte mehrmals. »Einen Augenblick, Petra … ich rufe nur schnell an und lasse mich entschuldigen.«
    Er ging in seine Bibliothek und wählte Huilsmanns Nummer.
    »Bist du verrückt?« sagte Huilsmann, als Erlanger zur Begründung seiner Absage ansetzte. »Vier entzückende Pussies kommen! Mensch, Richard … sei kein Spielverderber! Was heißt hier müde von der Arbeit? Die Mädels machen dich schon munter. Die haben dafür garantiert wirksame Tricks! Du wirst dir vorkommen wie ein Stehaufmännchen! Richard, Junge, sei kein Fisch! Natürlich kommst du! Extra für dich habe ich eine ausgesucht! Lange schwarze Haare. BH-Größe 6! Zwei Drittel Beine, das andere Kurven! Richard … du willst doch nicht kneifen! Soll ich dem Mädel sagen: Der Richard kann nicht mehr …!«
    »Ich bin todmüde, Toni.« Erlanger sah zur Tür. Wenn Petra hereinkam, würde er das Telefonat sofort abbrechen. »Ihr hättet keine Freude an mir.«
    »Das mußt du nachher die Mädels fragen, alter Junge! Also los, setz dich in deine Blechkiste und komm! Soll ja heute gar nicht so spät werden! Kleines Pfänderspiel mit Sekt und Pipapo. Vor allem Po! Haha! Richard, ich bin beleidigt, wenn du kneifst!«
    »Also gut – ich komme!«
    Erlanger legte auf und kehrte in den Blauen Salon zurück.
    »Ich muß«, sagte er gequält. »Aber ich komme so schnell wie möglich zurück.«
    Petra Erlanger nickte. Sie las in einem amerikanischen Magazin und knabberte Gebäck. Als er sie küßte, hielt sie ihm die Stirn hin und lächelte schwach. Wie eine Schlafpuppe lächelt, wenn man sie hinlegt.
    Als Erlanger fortfuhr, stand Petra hinter der Portiere des Salons und sah ihm nach. Langsam glitt der Wagen durch den Park und verschwand zwischen den Blumen zur Ausfahrt.
    Sie ging zurück zu ihrem blauen Seidensessel, aber sie setzte sich nicht. Eine innere Unruhe ergriff sie.
    Ich habe vergessen, wo die Tagung ist, dachte sie. In einer Stunde hätte ich ihn angerufen und zu ihm gesagt:
    »Richard, ich liebe dich! Komm nach Hause …«
    Ob
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher