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Zum ersten Mal verliebt

Titel: Zum ersten Mal verliebt
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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ich das alles ernst nähme. Ich tue es nicht, es ist nämlich schon schwer genug, sich damit abzufinden, dass die Kinder erwachsen sind. Wenn ich mir meine beiden großen Söhne so ansehe, kann ich mir gar nicht vorstellen, dass das die süßen, runden Babys waren, die ich doch eben erst geküsst und liebkost und in den Schlaf gesungen habe. Als wäre es gestern gewesen, Miss Cornelia. War Jem nicht das allerliebste Baby in unserem alten Traumhaus? Und jetzt ist er Bachelor of Arts und wird bezichtigt, auf Freiersfüßen zu wandeln!«
    »Wir alle werden älter«, seufzte Miss Cornelia.
    »Ich fühle mich nur an einer Stelle alt«, sagte Anne, »nämlich an dem Knöchel, den ich mir damals auf Green Gables brach, alsjosie Pye mich dazu herausforderte, den Dachfirst von Mr Barry entlangzumarschieren. Er tut mir weh, wenn der Wind von Osten kommt. Ich will nicht behaupten, dass es Rheumatismus ist, aber es tut wirklich weh. Was die Kinder betrifft, wollen sie mit den Merediths einen fröhlichen Sommer verbringen, bevor sie im Herbst ihr Studium wieder aufnehmen. Sie sind eine so muntere kleine Bande. Mit ihnen geht es immer lustig zu in diesem Haus.«
    »Geht Rilla auch auf die Queen’s, wenn Shirley zurückgeht?« »Das steht noch nicht fest. Ich glaube, eher nicht. Erstens findet Gilbert, dass sie nicht widerstandsfähig genug ist. Sie wächst und wächst. Sie ist wirklich lächerlich groß für ein Mädchen, das noch keine fünfzehn ist. Ich hätte keine Sorge, sie gehen zu lassen, aber es wäre doch schrecklich, nächsten Winter kein einziges meiner Kinder mehr bei mir zu haben. Susan und ich, wir würden uns wahrscheinlich nur noch streiten, um der Eintönigkeit zu entgehen.«
    Susan grinste bei dieser Vorstellung. Das war zu komisch, sie und mit der »lieben Frau Doktor« streiten!
    »Will Rilla selbst denn gehen?«, wollte Miss Cornelia wissen. »Nein. Um ehrlich zu sein, Rilla ist die Einzige aus meiner Kinderschar, die keinen Ehrgeiz hat. Ich wünschte wirklich, sie hätte ein bisschen mehr davon. Sie hat überhaupt keine ernsthaften Ziele. Das Einzige, was sie anstrebt, ist anscheinend, es sich gut gehen zu lassen.«
    »Und was spricht dagegen, liebe Frau Doktor?«, ereiferte sich Susan. Sie konnte es nicht ertragen, wenn über irgendjemanden von Ingleside schlecht gesprochen wurde, auch nicht von einem eigenen Familienmitglied. »Ich finde, ein junges Mädchen sollte sein Vergnügen haben. Für Latein und Griechisch wird schon noch genug Zeit übrig bleiben.«
    »Wenn sie wenigstens ein bisschen Verantwortungsgefühl an den Tag legen würde, Susan. Und du weißt doch selbst, wie furchtbar eitel sie ist.«
    »Dazu hat sie auch allen Grund«, gab Susan zurück. »Sie ist das hübscheste Mädchen in ganz Gien St. Mary. Ein Mädchen mit einer so zarten Haut wie Rilla hat doch noch keiner von den vornehmen MacAllisters, Crawfords und Elliotts jemals gesehen. Nein, liebe Frau Doktor, ich weiß, es steht mir nicht zu, aber ich kann nicht zulassen, dass Sie Rilla schlecht machen. - Hören Sie her, Mrs Marshall Elliott!«
    Susan hatte eine Gelegenheit entdeckt, es Miss Cornelia für ihre Bemerkungen über die Liebesaffären der Kinder heimzuzahlen. Sie las den Artikel genüsslich vor.
    »Miller Douglas hat sich entschlossen nicht nach Westen zu gehen. Er sagt, das alte Prince Edward Island sei gut genug für ihn, und er wird weiterhin für seine Tante, Mrs Alec Davis, die Landwirtschaft betreiben.«
    Susan sah Miss Cornelia durchdringend an.
    »Mrs Marshall Elliott, ich habe gehört, dass Miller hinter Ihrem Pflegling Mary Vance her ist.«
    Dieser Schuss durchbohrte Miss Cornelias Panzer. Ihr gutmütiges Gesicht lief rot an.
    »Das wäre ja noch schöner, wenn Miller Douglas um Mary herumscharwenzelte«, ereiferte sie sich. »Bei der gewöhnlichen Familie, aus der er kommt. Sein Vater war sogar bei den Douglases so was wie ein Ausgestoßener, sie haben ihn nie richtig dazugezählt. Und seine Mutter war eine von diesen schrecklichen Dillons aus Harbour Head.«
    »Mrs Marshall Elliott, soweit ich weiß, stammt Mary Vance aber auch nicht gerade aus einer adeligen Familie.« »Mary Vance ist immerhin gut erzogen worden und sie ist ein kluges, tüchtiges Mädchen«, verteidigte sie Miss Cornelia. »Sie wird sich Miller Douglas schon nicht an den Hals werfen, das können Sie mir glauben! Sie weiß, wie ich darüber denke, und bis jetzt hat Mary immer auf mich gehört.«
    »Ich glaube, Sie brauchen sich da keine Sorgen zu
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