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Zu viele Morde

Zu viele Morde

Titel: Zu viele Morde
Autoren: Colleen McCullough
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patriotischen Pflichten in Amerika sind zu Ende. Der KGB wird mich zurückhaben wollen.«
    »Danke, ein Telegramm reicht.«
    Eine jämmerliche Lösung, aber die einzige, dachte Carmine, auf dem Rückweg. Heute wird Strawinsky Smith im Krankenhausbesuchen und sich verabschieden. Er, der gute KGB-Agent, der er ist, wird ihr alles Gute wünschen. Alle staatlichen Tonbandgeräte werden diejenigen, die zuhören, darüber informieren, dass eine bekümmerte Frau einfach nur ihrem Mann erzählt, ihr Psychiater hätte sie einige Tage in eine Privatklinik eingewiesen, die etwas außerhalb von Boston liegt. Sie wird den Flug von Holloman nach Longan nehmen, aber dort den Flughafen nicht verlassen. Sie steigt ins nächste Flugzeug nach Montreal, und dann ist die treue Strawinsky verschwunden.
     
    Es war immer noch Zeit genug, den letzten Besuch in diesem Fall abzustatten, eine Art Abschied, zu der ihn seine sogenannte unersättliche Neugier zwang. Genau genommen, um ein paar Bewohner des Cornucopia-Gebäudes aufzusuchen.
    Carmine nahm den Fahrstuhl in den achtunddreißigsten Stock und fand Wal Grierson in Desmond Skeps’ altem Büro.
    »Schauen Sie, was Sie angerichtet haben!«, sagte Grierson ärgerlich.
    »Sie tragen Anzug und Krawatte«, sagte Carmine verhalten. »Und Ihnen ist es egal, oder?«
    »Es ist nicht meine Schuld. Beschimpfen Sie Philip Smith.«
    »Keine Sorge, das tue ich.« Griersons Welle des Unmuts verebbte. »Allerdings habe ich vielleicht einen Weg aus meiner Zwickmühle gefunden.«
    »Haben Sie? Wen?«
    »Sie sind schnell, das muss ich zugeben. Niemand anderen als Michael Sykes.«
    »Ah, Michael Donald selbst«, sagte Carmine grinsend. »Er wurde befördert, aber da Smith die Beförderung durchführte, war ich nicht sicher, ob der Rest des Vorstandes mit von der Partie sein würde.«
    »Sehr witzig. Eigentlich hat uns Phil damit einen großen Gefallen getan. Wie sich herausstellt, ist Mickey großartig.«
    »Mickey?«
    »Das ist der Spitzname, den er sich ausgesucht hat.«
    »Passt gut.« Carmine streckte die Hand aus. »Das ist ein endgültiger Abschied, Sir. Ich werde nicht mehr durch Ihre Korridore spuken.«
    »Gott sei Dank!«
    Warum auch nicht?, fragte sich Carmine, als der Fahrstuhl kam. Er drückte die 37 und fragte sich, welches Stockwerk M. D. Sykes wohl belegte. Stock 37, wie sich herausstellte. Richard Oakes saß im Empfangszimmer und wurde so bleich, als er Carmine erblickte, dass es aussah, als würde er gleich in Ohnmacht fallen.
    »Ist Ihr Chef da?«, fragte Carmine.
    »Mr. Sykes?«, quiekte er.
    »Kann ich ihn sehen?«
    Oakes nickte. Es war offensichtlich das Signal, weiterzugehen.
    Michael Douglas saß an Erica Davenports Schreibtisch, aber es war schwer, ihn mit dem missmutigen Bewohner der Geschäftsführungs-Vorhölle in Verbindung zu bringen. In der Tat schien Sykes schlanker und dabei gleichzeitig gewachsen zu sein. Er trug einen Anzug aus italienischer Seide, ein Hemd mit Ärmelaufschlag und goldenen Manschettenknöpfen und eine Chubb-Krawatte. Kein Wunder, dass er sich übergangen gefühlt hatte. Er hatte den richtigen Hintergrund. Carmine spürte einen freudigen Schauer bei dem Gedanken, dass Sykes gesiegt hatte.
    Vor ihm auf dem Tisch stand ein Karton, aus dem Holzwolle quoll, sowie ein Dutzend fünf Zentimeter großer Figuren. Napoleon Bonaparte und seine Marschälle, alle hoch zu Ross.
    »Mr. Sykes, ich freue mich sehr, Sie hier zu sehen.«
    »Aber ja, danke!«, sagte der gar nicht so kleine Mann. »Was halten Sie von meinen Neuerwerbungen? Sind sie nicht wunderbar? Sie wurden in Paris hergestellt, beim besten Militärmodell-Hersteller der Welt.« Er hob eine prächtige Figur auf, die einen Husarenumhang aus Leopardenfell trug. »Sehen Sie? Murat, der große Kavalleriekommandeur.«
    »Wunderbar«, sagte Carmine. Er streckte seine Hand aus. »Dies ist ein endgültiger Abschied, Mr. Michael Donald Sykes.«
    »Fordern Sie das Schicksal nicht heraus, Captain. Dennoch, Cornucopia ist jetzt in Sicherheit und in exzellenten Händen«, sagte Sykes.
    Er begleitete Carmine zum Fahrstuhl und wartete, bis er gegangen war. Dann kehrte er in sein Büro zurück, setzte sich und genoss einen Moment lang den Anblick seines neuen Spielzeuges. In seiner Schreibtischschublade war ein starkes Vergrößerungsglas mit batteriebetriebener Beleuchtung. Sykes schaltete es an und starrte hindurch, sein Auge blau, riesig und durchzogen von roten Adern. Murat lag griffbereit. Er hob die Figur, drehte sie um
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