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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3]
Autoren: Bastei Lübbe
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des herannahenden Schiffes gleich geblieben sein, auch wenn der Anblick täuschte.
    »Darf ich den Befehl ›auf das Ruder‹ geben, Sir?«, fragte der Master.
    »Dürfen Sie, Mr Barthe.«
    Das Ruder wurde nach Luv gelegt, sodass die Themis vom Winde abfiel. Die Schoten an Klüver und Fock wurden gefiert, und langsam änderten sie den Kurs, bis das backgebrasste Marssegel zunächst killte und sich dann füllte. Der Wind kam nun achterlich. Mit diesem nahezu perfekt ausgeführten Manöver kam die Themis parallel zu der geisterhaft anmutenden Fregatte, deren Lichter im treibenden Regen blinkten und flackerten.
    »Mr Gould! Sagen Sie Mr Archer, die Männer sollen sich Backbord an den Stückpforten bereithalten. Aber schärfen Sie ihm ein, dass die Männer auf mein Kommando warten sollen.«
    »Aye, Sir.« Schon war der Midshipman losgerannt.
    Falls der französische Kapitän sie entdeckte und als britisches Schiff identifizierte, so wollte Hayden sichergehen, dass seine Geschütze als Erste feuerten.
    Das angespannte Schweigen an Deck und im Batteriedeck wurde nur von den Windgeräuschen und von dem Klatschen der Wellen am Rumpf überlagert, während das Schiff stampfte. Allmählich beleuchtete der Mond die feindliche Fregatte, erfasste ihre Segel und Spieren, die breiten blassen Streifen unterhalb der Reling.
    »Die müssen uns doch auch bemerken, Kapitän Hayden«, stellte Wickham im Flüsterton fest. »Ich kann sie klar und deutlich sehen.«
    »Ich jetzt auch.«
    Die Schiffe hielten aufeinander zu. Hayden konnte nun Gestalten ausmachen, die sich an Deck bewegten.
    »Sollen wir nicht feuern, Kapitän?«, zischte der Master ganz in der Nähe.
    »Mr Barthe, ich bitte Sie!«, ermahnte Hayden ihn und wendete den Blick nicht von dem feindlichen Schiff. Er hatte im Grunde nichts dagegen, wenn seine Offiziere Vorschläge unterbreiteten oder Fragen hatten – aber ein Mann mit Barthes Erfahrung sollte ein besseres Urteilsvermögen an den Tag legen als diesen überhasteten Aktionismus.
    Trotz der immer noch miserablen Sichtverhältnisse konnte Hayden jetzt einen Offizier ausmachen, der sich über die Reling beugte und aufmerksam zur Themis herüberschaute. Offenbar winkte er einen weiteren Deckoffizier zu sich, denn an der Reling tauchte eine zweite Gestalt auf und beobachtete das britische Schiff mit derselben Intensität. Plötzlich löste sich der zweite Mann von der Reling und eilte zu einem der Niedergänge.
    Doch da war Hayden bereits ebenfalls am Niedergang und sah Archer auf der untersten Stufe.
    »Mr Archer! Stückpforten an Backbord öffnen! Geben wir ihnen eine volle Breitseite mit der gesamten Batterie!«
    »Aye, Sir.«
    Das Knarren und Quietschen der sich öffnenden Stückpforten raubte Hayden den Atem. Die französischen Offiziere sahen das Unheil kommen und riefen Befehle in Richtung der Geschützmannschaften, aber die Rufe gingen unter in dem donnernden Widerhall der britischen Achtzehn-Pfünder. Die Franzosen erwiderten die Salve nicht. Auf den Marsplattformen eröffneten die Seesoldaten unter Hawthornes Kommando das Feuer auf die Männer, die über das feindliche Deck eilten.
    Unverzüglich machten sich die Geschützmannschaften an Backbord daran, die Karronaden nachzuladen. Viele der Männer zählten inzwischen zu den erfahrenen Seeleuten, nachdem die Themis den Konvoi im Mittelmeer eskortiert hatte. Nichts hinderte die Männer an ihrer Arbeit, keiner zögerte oder behinderte den Kameraden aufgrund von Unvermögen. Die Kartuschen und Pfropfen aus Wolle wurden mit dem Rammer ins Rohr geschoben, gefolgt von den Kugeln. Gleichzeitig stießen die Geschützführer das Zündrohr durch das Zündloch und füllten die vorgesehene Menge Pulver in das Steinschloss. Auf hölzernen Lafetten wurden die Karronaden ausgerannt, die Geschützführer peilten über den Lauf das Ziel an und rissen die Abzugsleine.
    Hayden trat einen Schritt von der Reling zurück, wandte sich ab und hielt sich im richtigen Moment die Ohren zu. Eine gewaltige Explosion zerriss die Nacht. Blitze stoben aus den Mündungsrohren, Rauchwolken quollen hoch und stiegen wie giftige Pilze in die Regennacht.
    In der nachfolgenden Stille hörte Hayden die Stimmen der französischen Offiziere. Die Stückpforten wurden auf dem feindlichen Schiff geöffnet. Während die eigene Crew erneut die Geschütze ausrannte, erfolgte ein unregelmäßiger Geschützdonner an Bord der Fregatte. Auf das schreckliche Kreischen der Geschosse in der Luft folgten das Krachen und
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