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Zores

Zores

Titel: Zores
Autoren: A Pittler
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Bronstein am Ärmel und zog ihn mit sich. Dieser konnte gerade noch den Schlüssel aus dem Schloss ziehen, dann stolperte er hinter Cerny die Treppe abwärts.
    Am Haustor wiederholte sich die Szene. Wieder lugte Cerny nach links und nach rechts, dann erst hastete er mit Bronstein über die Straße und drängte ihn in einen dort geparkten Gräf & Stift. Mühsam kurbelte er den Motor an, dann stieg auch er ein und lenkte den Wagen aus der Parklücke.
    „Über den Ring können wir nicht fahren, da paradieren die Nazis“, sagte er, „ich versuche, auf den Kai zu kommen und dann den Kanal entlang in den Neunten zu fahren.“ Bronstein nickte matt. Er war ohnehin nicht in der Verfassung, einen klaren Gedanken zu fassen. Geschweige denn, dass er eine vernünftige Route hätte planen können. Cerny hielt auf den dritten Bezirk zu und überquerte dabei die Ringstraße. Beim Heumarkt bog er nach links ein und erreichte so nach einer kleinen Weile die Urania. Von dort ging es nach rechts über die Brücke in den zweiten Bezirk, auf dessen Seite er den Donaukanal entlangfuhr, bis er zur Friedensbrücke kam. Nun war es nicht mehr weit bis zum Bahnhof, und erstmals gestattete sich Cerny ein kurzes Aufatmen.
    „Sieht so aus, als hätten wir Glück“, sagte er, „wir sind gleich da.“
    Bronstein zitterte am ganzen Leib, und Cernys Kommentar schien ihn keineswegs zu beruhigen. „Weißt du übrigens, dass der Führer der SS im Anflug ist? Buchstäblich. Er soll irgendwann in diesen Minuten in Aspern landen. Das habe ich noch im Präsidium aufgeschnappt. Und du errätst nie, wer hinausgefahren ist, um ihn dort mit allen Ehren zu empfangen.“
    Bronstein drehte den Kopf in Cernys Richtung, blieb aber stumm. Dieser wertete das Verhalten des Obersts als Aufforderung, weiterzusprechen. „Der Skubl.“
    Bronsteins Kinnlade klappte nach unten.
    „Gell, das hätten wir uns auch nicht gedacht. So schnell kann’s gehen. Gestern noch Rot-weiß-rot bis in den Tod und heute schon Sieg Heil. Ich hoffe nur, diese opportunistische Mistsau kommt mit dieser Tour nicht durch.“
    Der Fahrer begann zu bremsen, und direkt vor dem Haupteingang des Bahnhofs kam das Vehikel zum Stehen. Cerny drängte den wie betäubt wirkenden Bronstein aus dem Fond. Am Vorplatz wimmelte es von Leuten, sodass Cerny Mühe hatte, seinen Chef durch das Menschenknäuel zu schieben. Endlich erreichten sie die Schalterhalle. Dort sahen sich völlig überforderte Bahnbeamte schier unendlichen Warteschlangen gegenüber. Alles, was zwei Beine hatte, schien ganz dringend verreisen zu wollen.
    „Keine Sorge, David, ich mach das schon. Bleib einfach hier und rühr dich nicht von der Stelle. Ich bin sofort wieder da.“
    Cerny drängte sich nach vor und hielt dabei seine Kokarde hoch. Viele Wartende wichen entsetzt zurück, da sie nicht wussten, ob Cerny noch österreichische oder schon deutsche Polizei war. Auf diese Weise kam Cerny rasch zum Schalter, wo er zwei Perronkarten verlangte, die ihm auch umgehend ausgehändigt wurden. Er nickte dem Beamten kurz zu und kämpfte sich sodann wieder zu Bronstein durch.
    „Das wär geschafft. Der Zug nach Brünn, Olmütz und Krakau geht in einer halben Stunde. Bahnsteig 5. Komm, wir gehen dort jetzt hin, verhalten uns dabei aber möglichst unauffällig. Wir wollen uns ja nicht vorzeitig verraten.“
    Bronstein, immer noch stumm, folgte ihm.
    Natürlich war gerade auf diesem Bahnsteig das größte Gedränge. Niemanden zog es in dieser Nacht nach Sigmundsherberg, Horn oder Hollabrunn. Wer in dieser Stunde reiste, der wollte das Land verlassen. Egal wie, egal wohin, Hauptsache weg, lautete die Devise. Das konnte für Bronstein allerdings auch ein Glück sein, es würde der Gestapo schwerer fallen, einen maßlos überfüllten Zug zu kontrollieren. Auf diese Weise mochte Bronstein ihr doch noch entwischen.
    Als sie endlich den Perron erreicht hatten, fuhr gerade schnaufend die Garnitur ein. Der Dampf machte es für einige Augenblicke unmöglich, etwas zu sehen. Cerny unterdrückte den Hustenreiz und schnappte Bronstein am Ärmel. Er schob ihn in Richtung Waggon und drängte ihn dann dazu, einzusteigen. Cerny folgte ihm.
    „Am besten, wir nehmen einen Waggon ohne Abteile. Da kannst du im Zweifelsfall noch reagieren, wenn doch etwas passiert. Du setzt dich einfach in die Mitte des Wagens und siehst zu, immer beide Seiten im Blick zu haben. Verstanden?“
    „Aber …“
    „Siehe da, er spricht ja doch noch“, sagte Cerny mit dem Anflug
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