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Zirkus zur dreizehnten Stunde

Zirkus zur dreizehnten Stunde

Titel: Zirkus zur dreizehnten Stunde
Autoren: Cassy Fox
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die Gestalt gestanden hatte. Nichts war mehr zu sehen. Nur eine kleine Pfütze war noch übrig, die sich zu einem Strudel verwandelte. Wie in Trance starrte sie hinein. Es schien als würde sie immer tiefer eintauchen. Etwas zog und zerrte an ihr. Wollte sie nicht mehr loslassen. Sie streckte die Hand aus, wollte in den Strudel eintauchen und …
    „Hilf mir!“, schrie das Gesicht. Ein bekanntes Gesicht. Antigone starrte es an. Schmerz stand in den Augen des schüchternen Zirkusmitgliedes. Ihr Körper selbst schien nicht mehr da zu sein, sie bestand nur noch aus Wasser. Antigone taumelte zurück. „Mia … “, keuchte sie auf.
    Ein Moment verging. Das Wesen starrte sie an, schien eine Hand nach ihr auszustrecken.
    Ein Wasserstrahl kam ihr entgegen, der sich immer mehr zu einer Hand verformte. Finger entstanden und streckten sich weiter.
    „Mia“, Antigone versuchte verzweifelt, die Hand zu erreichen, versuchte, sie zu sich zu holen. Zurück in die Welt der Lebenden, raus aus diesem nassen Grab. „Mia!“ Doch es war nur deren Abbild. Antigone erreichte sie nicht, egal wie sehr sie versuchte, sich hineinzubeugen.
    Sie musste weiter, immer weiter, bis zu ihr. Wenn sie sie schon nicht retten konnte, dann –
    Eine unsichtbare Wand schleuderte sie plötzlich zurück. Ein Aufschrei kam über ihre Lippen. Die Wassergestalt schien zu zerfallen. Wie im Wahn stürmte Antigone erneut darauf zu. Die Gestalt von Mia fiel nach unten, immer weiter in diesen Strudel. Eine Fontäne schoss plötzlich hoch, und ein Wesen mit einem menschlichen Oberkörper und einem Pferdekopf umfing das Mädchen und riss sie mit sich. Antigone konnte nur zur ihr starren. Der Strudel riss an dem Körper, bis er verschwunden war.
    Wieder erklang dieses seltsame Klingen. Antigone sah zur Seite. Ein Faden war da. Immer diese Spinnenfäden. Plötzlich spannte sich der Faden, färbte sich rot, wurde in die Tiefe gezogen und … zerriss. Woher war er gekommen, war er zuvor schon hier gewesen?
    Der blutrote Schein ließ nach, das Ende des Fadens schwebte im Wind davon und löste sich langsam auf.
    „Nein“, stöhnte Antigone auf, versuchte nach dem letzten Glitzern zu greifen. Doch alles, was sie spürte, waren kleine Wassertropfen, die in der Luft zerstoben. Ihr Blick ging zur Pfütze, die nun aussah wie eine ganze normale Wasserlache. Weder besonders tief, noch irgendwie unruhig. „ Kelpie …“, flüsterte sie ungläubig und brach in die Knie. Sie starrte auf den Boden und weinte, ohne dass die Tränen ein Ende fanden.
    Verwirrung breitete sich in ihr aus. Der Tod von Felicitas und Shin war sicher. Sie hatte ihre toten Körper begraben oder zumindest gesehen. Damian war ein Verräter. Hatte ihn auch der Tod ereilt? Was war mit Mia? Das Mädchen, das immer still und zurückgezogen war. War es nur eine Illusion, Einbildung oder hatte Antigone ihr wirkliches Schicksal gesehen?
    Aus dem Boden stieg weiterer Nebel auf und bildete Schemen, der immer wieder die Gestalt von Leuten aus dem Zirkus annahm. Antigone sprang auf, versuchte zu flüchten. Sie rannte durch einen Wald aus Schatten, Todesszenen. Überall sah sie, wie sie starben. Es wiederholte sich alles und –
    Sie brach ab. Ruckartig blieb sie stehen.
    In dem Nebel vor ihr blitzte etwas. Sie griff hinein. Ein feiner Faden wand sich sanft in ihren Fingern. Leuchtend und glitzernd im Mondlicht. Fäden, immer diese Fäden!
    Und wieder folgte sie dem Seidengarn, lief immer schneller. Es wurde kälter und bedrohlicher. Die Umgebung veränderte sich. Die Bäume nahmen menschliche Züge an. Sie erhielten Fratzen und ihre Äste bogen sich zu langen Klauen.
    Dann ein zweiter Faden, ein dritter, es wurden immer mehr. Antigone verhedderte sich immer tiefer in dem Gewirr. Fäden, alles war voller Fäden. Sie hingen an ihr, fesselten ihre Beine, ihre Arme und drohten sie zu ersticken.
    Sie taumelte und brach zusammen. Es war zu schwer. Sie kroch weiter und griff blind in die Dunkelheit. Etwas hielt sie fest und sie drehte sich um. Entsetzen krabbelte in ihr hoch, musste ihr regelrecht aus den Augen quellen. Unzählige Fäden hatten sich an ihr verfangen, ein gewaltiges Geflecht auf ihrem Rücken gebildet.
    Flügel …
    Sie zitterte. Flügel, wie damals. Flügel, wie jene, die sie sich abgeschnitten hatte.
    Antigone krabbelte weiter, wollte davor fliehen. Sie verfing sich noch mehr. Ein Reißen erklang. Viele der Fäden spannten sich so sehr, dass sie schließlich zerrissen und immer mehr lose Enden durch
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