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Zigeunerprinz

Titel: Zigeunerprinz
Autoren: Jennifer Blake
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in seiner ersten Schlacht. Alle waren erstaunt darüber, wie sehr ihre Verlobung Maras fröhliches Wesen änderte. Später registrierte man mit hochgezogenen Brauen, daß sie nach dem Tod ihres Verlobten Schwarz trug. Manche meinten, sie zahle nun für ihre Leichtlebigkeit und habe es verdient, den Mann zu verlieren, den sie liebte, während andere ihre irische Mutter erwähnten, die, wie alle wußten, zweifelhafter Abstammung und schwankenden Gemüts gewesen sei. Aber als Wochen und Monate ins Land gingen und sie täglich bleicher und erbärmlicher aussah, verwandelte sich die allgemeine Neugier in Betroffenheit.
    Mara bemerkte das kaum. Tag für Tag saß sie am Fenster und starrte hinaus, oft mit dem Brief in der Hand, in dem Dennis ihr geschrieben hatte, daß es ihm gleichgültig sei, ob er lebe oder sterbe, da sie ihn nicht liebe. Schuld und Reue lasteten schwer auf ihr und drückten sie nieder. Sie warf sich vor, sorglos und selbstsüchtig gewesen zu sein. Ihre Gefühle waren so wenig beteiligt gewesen, daß sie nicht wirklich verstanden hatte, wie tief andere für sie empfanden, wie leicht sie dazu gebracht werden konnten, Dinge zu tun, derer sie sich bitterlich schämten. Wenn sie das gewußt hätte, dann wäre sie vorsichtiger und zurückhaltender gewesen. Diese Einsichten waren löblich, doch sie kamen zu spät.
    Andre, den der Zustand seiner Tochter in Angst und Schrecken versetzte, hatte Maras Großmutter zu Hilfe gerufen. Grandmere Helene hatte sich der Sache angenommen. Sie war, trotz ihrer Jahre, eine lebhafte und warmherzige Frau und hatte bestimmt, daß Mara sie nach Frankreich begleiten müsse. Es waren schon Äonen vergangen, seit sie zum letzten Mal dorthin gereist war, und sie sehnte sich so danach, Paris wiederzusehen. Sie mute sich zuviel zu? Unfug! Sie war noch längst nicht senil. Sie würden Verwandte besuchen, in die Oper gehen, ein bißchen Kultur genießen und vor allem die Modisten damit beauftragen, das Schwarz und Violett aus Maras Garderobe zu tilgen. Die Trauerzeit war vorüber; Mara mußte ins Leben zurückkehren.
    Roderic bemerkte die Empfindungen, die mit dem Feuerschein auf Maras Antlitz spielten, und machte eine abrupte Geste. »Ist da ein Gatte, der sehnlich Ihre Heimkehr erwartet? Ein Geliebter?«
    »Nein«, antwortete sie gepreßt und fügte dann hinzu: »Wenigstens glaube ich das nicht.«
    »Ah, Sie glauben es nicht, aber kann es Zweifel an der eigenen Unberührtheit, am Schwangersein, Adligsein, Treusein, Glücklichsein, Sichersein und Freisein geben? Wissen Sie, ob eine Mutter, ein Vater oder ein Kind auf Sie wartet? Eine Schwester? Ein Bruder? Ein Priester? Eine getreue Zofe? Ein Schoßhund? Gibt es niemanden, der um Sie trauert, wenn Sie nicht wiederkehren?«
    »Das kann ich nicht sagen.« Ihre Großmutter wußte nicht, wo sie war und was sie tat. Ihre Großmutter, die sie nach Europa gebracht hatte.
    Paris war genauso gewesen, wie Helene es versprochen hatte, eine Stadt voller Anmut und Schönheit und von grenzenloser Faszination. Sie hatten bei einer entfernt verwandten Cousine gewohnt, einer älteren Dame mit aristokratischem Gehabe und Verbindungen, die allerdings unter recht eingeschränkten Umständen lebte. Wenn Helene nicht bis zum Überdruß mit ihrer Cousine den Weg irgendeines entfernten Ablegers der Familie Delacroix nachgezeichnet hatte, dann waren sie und Mara durch die Straßen der Stadt marschiert, unzählige Male die Brücken über die Seine überquerend. Sie hatten in den Konditoreien Konfekt probiert, in den Straßencafes Tee oder Kaffee getrunken, die Antiquitäten in den Läden auf dem Rive Gauche betrachtet und sich die Häuser angesehen, in denen die Berühmten und Berüchtigten gelebt hatten. Sie hatten pflichtbewußt den Louvre besichtigt, waren durch die endlosen Bildersäle geschlendert, hatten die Gemälde und Skulpturen bewundert, über die sie zuvor nur gelesen hatten, und waren in den Tuilerien promeniert, die der Allgemeinheit zugänglich waren, obwohl der Palais des Tuileries die offizielle Residenz König Louis Philippes war.
    Diese angenehmen Spaziergänge hatten nach einem Besuch bei der berühmten Modistin Madame Palmyre aufgehört. Von da an wurde ihre Zeit vollkommen von Anproben, weiteren Anproben und Einkaufsbummeln durch die Läden der Rue de Richelieu in Anspruch genommen, auf denen sie nach Hauben und Schals, Handschuhen, hauchdünnen Seidenkorsetts und Strümpfen suchten. Einen von Maras liebsten Einkäufen hatten sie im Maison
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