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Zigeunerprinz

Titel: Zigeunerprinz
Autoren: Jennifer Blake
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sich auf einer rein männlichen Ebene zu verstehen. Nach ein oder zwei Tagen hatte sich Andre an den eigenartigen Haushalt gewöhnt und mit bemerkenswerter Leichtigkeit eingefügt. Er tauschte Anekdoten mit der Truppe aus und begleitete sie bei manchen Besuchen in der oberen Etage irgendeines Restaurants, und er plauderte mit den Gästen, die inzwischen wieder im Hause ein und aus gingen. Angeline gegenüber war er teils galant, teils benahm er sich wie ein alter Freund aus Kinderzeit. Oft saßen die beiden beisammen und erinnerten sich, manchmal eskortierte er sie auch durch die Stadt. Rolf nahm seine Anwesenheit gleichmütig hin, zwar ohne Überschwang, aber auch ohne eine Spur von Eifersucht.
    Mara mühte sich ein Lächeln ab. »Es ist Frühling in Louisiana, meine liebste Jahreszeit. Die Obstbäume werden blühen und das Geißblatt und die Buschrosen. Der Klee wird hoch stehen. Es ist bald Pflanzzeit, und du weißt, daß du das nicht versäumen möchtest.«
    »Mein Verwalter ist ein tüchtiger Mann. Ich habe ihm alle nötigen Anweisungen gegeben, bevor ich abfuhr, weil ich keine Ahnung hatte, wie lange ich fortbleiben würde. Außerdem bin ich nicht sicher, ob du der Rückreise bereits gewachsen bist.«
    »Bald werde ich es sein, vielleicht in einer Woche.«
    Er legte seine Zeitung nieder und setzte seine Brille ab, klappte sie zusammen und hängte sie an die Uhrkette, die sich quer über seine Weste spannte. »Mara, ma chere, bist du sicher, daß du weißt, was du willst? Ich dachte - also, ich hätte angenommen, du und Roderic -«
    »Nein.«
    »Was soll das heißen >nein    »Der Prinz hat mich nicht gebeten, ihn zu heiraten, und selbst wenn er es täte, würde ich es nicht wollen?«
    »Du würdest es nicht wollen?« Er starrte sie an, eine Falte grub sich zwischen seine Brauen, dann wiederholte er: »Du würdest es nicht wollen. Du wolltest auch Dennis Mulholland nicht heiraten, nachdem er dich im Sommerhaus kompromittiert hatte. Jetzt hat Roderic viel mehr getan, aber auch seine Frau willst du nicht werden. Was, wenn ich fragen darf, muß ein Mann tun, um dir als Gatte zu genügen?«
    »Ich weiß nicht, Papa«, sagte sie und ließ ihren Kopf gegen die Rückenlehne sinken. Sie schloß die Augen. »Ich weiß nur, daß ich keinen Mann will, der mich nur aus Pflichtgefühl heiratet.«
    »Solche Skrupel ehren dich, aber sind sie auch klug?«
    »Das macht keinen Unterschied.«
    »Für mich schon. Ich bin dein Vater, und es ist meine Pflicht, dafür zu sorgen, daß du dein Leben nicht durch diese unglückliche Affäre ruinierst.«
    Sie drehte den Kopf und sah ihn an. »Genau deswegen hast du schon einmal darauf bestanden, daß ich mich mit einem Mann verlobe. Ich werde das nicht noch einmal zulassen. Bitte misch dich nicht ein, Papa. Bring mich nur bald nach Hause.«
    Lange Sekunden vergingen, ehe er antwortete, und selbst dann wich er ihrem Blick aus. »Du bist deiner Mutter ähnlicher, als ich gedacht habe. Ich habe sie geheiratet, weil - wer will schon genau sagen, warum? Ich war einsam. Sie war schön und so verschieden von Angeline wie überhaupt möglich, und vor allem liebte sie mich. Sie entdeckte nur zu bald, daß meine Zuneigung nicht so tief war wie ihre. Sie wußte, daß ich mein Ehegelübde nie verraten würde, daß sie als meine Frau Tisch und Bett mit mir teilen würde, daß wir gut Zusammenleben würden. Es genügte ihr nicht. Ich nehme an, dir würde das auch nicht genügen. Wenn du wieder bei Kräften bist, in einer oder zwei Wochen, werde ich alle Vorbereitungen für unsere Heimreise treffen.«
    »Danke, Papa.« Der Sieg war leichter gewesen, als sie erwartet hatte. Sie hätte sich freuen sollen. Statt dessen fühlte sie sich wie erschlagen, und ihr Blick war grau und matt.
    Doch nicht allein die gutgemeinte Einmischung ihres Vaters machte ihr zu schaffen. Die Truppe begann aus ihr nicht ersichtlichen Gründen sie zu behandeln, als wäre es bereits beschlossen, daß sie immer bei ihnen bleiben würde. Sie fragten sie in tausend Belangen um ihre Meinung und lauschten ihrer Antwort, als hätte sie das Gewicht einer wahren Autorität.
    Sie konnte sich keinen Grund dafür vorstellen, es sei denn Roderics ständige Anwesenheit an ihrer Seite und sein besitzergreifendes Wesen. Das bereitete ihr Unbehagen, aber zugleich vermittelte es ihr das angenehme Gefühl, dazu zu gehören, so daß sie sich nicht entschließen konnte, diesen Fragen ein Ende zu machen. Sie würden ohnehin schnell genug aufhören.
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