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Zerstörte Seelen

Zerstörte Seelen

Titel: Zerstörte Seelen
Autoren: Chris Mooney
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Gliedmaßen, mit frischen Abschürfungen und Striemen von Peitschenhieben – Neil Keats. Verzweifelt drückte er einen kleinen Körper an seine Brust. Den Körper seines toten Sohnes.

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    EPILOG
    86. Kapitel
    Darby blinzelte ins Sonnenlicht, hörte Möwen kreischen.
    Sie setzte sich im Bett auf und warf einen Blick auf die Uhr. Es war noch früh, kurz nach sechs. Sie schlug die Decke zurück, ging barfuß zum hinteren Fenster des Raumes, von dem aus man aufs Meer sehen konnte. Das Fernglas lag auf dem Schreibtisch. Sie suchte damit das Ufer ab.
    Die drei Tage im Krankenhaus hatten sich angefühlt wie ein halbes Leben. Danach hatte sie Sergey und einem fünfzigköpfigen, fast ausschließlich aus Forensikern bestehenden Team des FBI geholfen, jeden Korridor, jeden Tunnel und jeden Raum des Beinhauses zu durchsuchen. Als Jack und Sarah Caseys Leichen nicht gefunden wurden, machte sie sich darauf gefasst, dass sie irgendwann an Land gespült werden würden. Die Strömung von Black Rock Island traf in der Nähe des Hauses in Oguinquit ans Ufer, das sie unter falschen Namen gemietet hatte. Deshalb suchte sie es jeden Morgen, jeden Mittag und dann noch einmal am frühen Abend ab, bevor sie sich bei Einbruch der Dunkelheit im Haus verbarrikadierte.
    Keine Leichen an diesem Morgen, aber sie konnte vom Haus aus nur einen Teil des Strandstreifens überblicken. Sie musste am Wasser entlanggehen, um sicher sein zu können. Darby ließ das Fernglas sinken, holte die Glock unter dem Kopfkissen hervor und nahm sie mit ins Badezimmer. Die frischen Kleider hatte sie schon am Vortag auf den Spülkasten der Toilette gelegt.
    Darby schloss die Tür ab und klemmte dann vorsichtshalber noch eine Stuhllehne unter die Klinke.
     
    In dicker Winterkleidung, das geföhnte Haar unter eine Red-Sox-Baseballmütze gesteckt, überprüfte sie mit der Waffe in der Hand zunächst die Räume im oberen Stock.
    Alles war wie immer. Die Schranktüren standen offen, die Fenster waren fest geschlossen. Als Nächstes ging sie hinunter und kontrollierte die Haustür. Verschlossen, Alarmanlage eingeschaltet. Wohnzimmer, Gästezimmer und Bad – nichts Auffälliges. Sämtliche Fenster zu. Sie ging in die Küche. Dort war alles so ordentlich, wie sie es hinterlassen hatte. Ihre Anspannung ließ ein wenig nach. Doch selbst zum Kaffeekochen legte sie die Pistole nicht aus der Hand.
    Sie fand das Foto, als sie einen neuen Kaffeefilter einlegen wollte.
    Es konnte noch nicht alt sein. Mit frischen Wunden, Striemen an den Schienbeinen und kahlgeschorenem Schädel kauerte Sarah Casey in einer Ecke. Die Beine hatte sie angezogen.
    Darby stolperte hastig ins obere Stockwerk, wo sie die Latexhandschuhe und Beweisbeutel aufbewahrte.
     
    Die Restaurants im Zentrum von Oguinquit öffneten meist erst um die Mittagszeit. Darby versuchte es an der Tankstelle und fand neben einer Druckluftfüllstation ein Münztelefon. Die Fenster der Tankstelle waren mit Kunstschnee besprüht und mit Girlanden dekoriert.
    Sergey war wieder in Washington. Sie rief ihn auf dem Handy an. Er hörte sich an, als habe sie ihn geweckt. Sie erzählte ihm von der Aufnahme.
    «Bringen Sie das Foto ins Bostoner Büro», sagte er. «Geben Sie es Tina.»
    Tina war die Agentin, die sich um Sergeys Post kümmerte. Darby hatte die Frau kurz kennengelernt, als sie zu Anfang des Monats nach Boston gefahren war, um den Brief und einen Stapel Aufzeichnungen für Coop abzugeben. Tina hatte das Päckchen an Sergey weitergereicht, der es wiederum an Coops Londoner Adresse ausliefern lassen hatte. Jedes andere Vorgehen wäre Darby zu riskant gewesen.
    Seit Coops Abreise hatte sie nicht mehr mit ihm gesprochen. Aber sie wusste, dass er in Sicherheit war. Sergey ließ ihn rund um die Uhr bewachen. Exakt alle drei Tage rief sie Sergey an und bekam einen Statusbericht.
    Coop hatte keine Möglichkeit, mit ihr in Kontakt zu treten. Und sie hatte ihn nicht angerufen. Sie dachte oft an ihn, fragte sich, was er tat und ob er noch einen Gedanken an sie verschwendete.
    Sergey hatte etwas gesagt.
    «Wie bitte?»
    «Ich sagte, ich schicke ein paar Forensiker zu Ihrem Haus. Wohin gehen Sie jetzt?»
    «Ich bin schon auf dem Weg nach Boston.»
    «Ich meine danach.»
    «Ich packe und ziehe weiter.»
    «Wohin?»
    «Weiß ich noch nicht.»
    «Wollen Sie, dass ich Sie in ein …»
    «Nein», sagte sie. «Das will ich nicht.»
    «Suchen Sie immer noch jeden Morgen das Ufer nach Leichen ab?»
    Darby gab ihm keine
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