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Zentaurengelichter

Zentaurengelichter

Titel: Zentaurengelichter
Autoren: Glen Cook
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um Stiefelsohlen und Donnerechsenhäute zu sorgen.«
    Ich wurde etwas zu angespannt. Er wich zurück und sah mich an, wie man einen Irren ansieht, der an der Ecke steht und predigt, daß Kobolde unsere heimlichen Herren sind und mit unseren Schwestern und Töchtern durchbrennen, wenn wir nichts dagegen unternehmen. Dann formierte er eine Mannschaft aus Vettern und Lehrlingen und brachte den Sarg in Bewegung.
    Er hatte ein Zimmer vorbereitet. Ohne Fenster und so abgedunkelt wie möglich. Eine sehr fahle, geweihte Kerze brannte auf einem Sims über dem Kamin vor einem großen Spiegel. Eine sehr schwarze, sehr große, sehr dicke, sehr faltige und sehr alte Frau saß auf einer Seite, das Werkzeug ihrer Zunft neben sich auf einem Tisch. Ich erkannte sie. Mojo Mama Doll. TunFaires führende Autorität auf dem Gebiet der Krankheiten von Untoten.
    Vielleicht sollte ich jemanden um Verzeihung bitten.
    Zwei der Jungs kamen mit Sägeböcken herein. Die Sargträger setzten die Kiste ab. Mama Doll bewegte ihren Wanst, als wäre es die schwerste Arbeit im ganzen Universum. Erst ein Teil, dann ein anderer, dann noch einer kam in Bewegung wie die tausend Segel eines Schiffes. Bevor sich irgend jemand am Sargdeckel zu schaffen machen konnte, schlug sie mit einer Hand dorthin, wo Kayean ihre Hände auf dem Herzen gefaltet hatte. Sie rollte mit den Augen und murmelte einen Moment lang vor sich hin, dann trat sie zurück und nickte.
    Während die Jungs den Deckel lösten, nahm sie schützende Amulette vom Tisch. Eine mächtige Einleitung zu einem mächtigen Antiklimax. Als sie den Deckel hob, schlief Kayean einfach weiter.
    Ich mußte sie schütteln, damit sie aufwachte.
     
    Offensichtlich hatte Kayean die Situation im Griff und war in Sicherheit.
    »Raus!« befahl Willard Tate. »Alle raus!«
    Verwandte und Lehrlinge beeilten sich. Mama Doll bewegte sich auf ihre klägliche Art und Weise. Garrett blieb, wo er war. Der Boß wandte sich zu mir um. »Raus!«
    »Versuchen Sie es.«
    »Ich kann die Jungs rufen.«
    »Ich kann Ihnen beide Beine brechen, bevor die hier sind.«
    »Genug«, sagte Kayean mit einer Stimme, die kaum mehr als ein Flüstern war. Sie berührte meinen Arm. »Warte draußen.« Der Anflug eines Lächelns umspielte ihre Lippen so leicht wie der Kuß einer Motte. »Ich kann ihm die Beine selbst brechen, wenn er mich darum bittet.« Ihre Berührung wurde etwas schwerer, ihre Stimme sanfter. »Danke, daß du an mich denkst.«
    Und schon war der kleine Marine wieder da.
    Nur zwei Dinge kann man in einer solchen Situation tun.
    Blöd sein oder gehen.
    Ich ging.
    Draußen war es hell, als Tate herauskam. Er war ein ausgezehrter, erschöpfter alter Mann. Ich verstellte ihm den Weg. Mit hastigem Gemurmel – weil er es schnell hinter sich bringen wollte – erzählte er mir so einiges.
    Kayean würde eine Weile bleiben, wo sie war. Zum Teil würde man ihr Erbe dafür verwenden, ihr ein Haus zu kaufen, zum Teil dafür, ihr ein sorgenfreies Leben zu ermöglichen, sobald Mama Doll sie für geheilt erklärte. Vom Rest des Vermögens sollte Vasco zehntausend bekommen und alles andere unter den restlichen Erben aufgeteilt werden.
    So würde Rose am Ende doch etwas erhalten.
    »Sie gehört zur Familie, Mr. Garrett, durch die Liebe meines Sohnes zu ihr. Sie müssen sich um sie keine Sorgen machen. Wir Tates kümmern uns umeinander.«
    »Ich schätze, Sie sind in Ordnung, Mr. Tate. Danke.« Ich trat zur Seite.
    Er humpelte in die Koje.
     
    Sie lag auf dem Bett, kalt und leichengleich im Licht der einsamen Kerze. Zumindest lag sie in einem richtigen Bett und nicht mehr aufgebahrt in diesem gottverdammten Sarg. Ich nahm den einzigen Stuhl im Raum und stellte ihn leise ab.
    Lange starrte ich sie an und rang den jungen Marine nieder. Ich berührte ihr Haar, das einen Hauch von Farbe zu zeigen begann. Als ich es nicht mehr ertragen konnte, stand ich auf, beugte mich vor und berührte diese kalten Lippen ein letztes Mal mit meinen.
    Ich ging zur Tür.
    Ich hörte ein Seufzen. Als ich mich umdrehte, sagte sie: »Leb wohl, Garrett.« Und lächelte ein echtes Lächeln.
    Ich wurde nicht langsamer.
    Ich ging und schüttete ein Faß Bier in mich rein.
    Einmal im Jahr, wenn sich der Tag jährt, an dem ich sie aus dem Nest geholt habe, bringt ein Kurier mir ein Paket. Das Geschenk ist niemals schäbig. Ich weiß, wo sie wohnt. Ich fahre nie dorthin.

 
58. Kapitel
     
    Vier Tage, nachdem ich Denny Tates Erbin abgeliefert hatte, spuckte das
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