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Zeitspringer

Zeitspringer

Titel: Zeitspringer
Autoren: Robert Silverberg
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gebieten müssen. Wir können nicht ungeschehen machen, was geschehen ist, aber wir können es dieses Jahr kappen. Das müssen wir sogar tun.«
    Koll funkelte Spanner grimmig an. Quellen konnte erkennen, daß seine Anwesenheit der einzige Grund dafür war, daß Koll den Zorn unterdrückte, der hinter seinen Augen lag. Sie hätten einander beschimpft, wäre nicht der Untergebene Quellen dabeigewesen.
    »Warum, Spanner, warum?« fragte Koll halbwegs beherrscht.
    »Wenn wir das weiterlaufen lassen, erhalten sie die Dinge in dem Zustand, in dem sie sind. 86 sind viertausend gegangen, 87 neuntausend, 88 fünfzigtausend. Und wenn wir die Zahlen vom vorigen Jahr bekommen, werden es noch höhere sein. Hören Sie – hier steht, daß in den ersten achtzig Jahren mehr als eine Million Springer gekommen ist, und danach stiegen die Zahlen ständig an. Denken Sie an die Bevölkerung, die wir verlieren. Es ist wunderbar. Wir können es uns nicht leisten, diese Leute hier zu belassen, wenn wir eine Gelegenheit haben, sie loszuwerden. Und wenn die Geschichte sagt, daß wir sie losgeworden sind.«
    »Die Geschichte sagt auch, daß sie nach 2491 aufgehört haben, zurückzugehen. Das heißt, daß wir sie im nächsten Jahr erwischt haben«, erklärte Spanner. »Ich meine, daß wir sie nächstes Jahr erwischen werden. Das ist so bestimmt. Wir haben keine andere Wahl, als zu gehorchen. Die Vergangenheit ist ein verschlossenes Buch.«
    »So?« Koll lachte; es klang beinahe wie ein Bellen. »Und wenn wir keine Lösung finden? Wenn die Springer immer weiter zurückkehren?«
    »So ist es aber nicht gekommen. Das wissen wir. Alle Springer, die in die Vergangenheit gelangt sind, kamen aus den Jahren 2486 bis 2491. Das ist festgehalten«, betonte Spanner.
    »Man kann Aufzeichnungen fälschen.«
    »Die Hohe Regierung wünscht, daß diesem Verkehr Einhalt geboten wird. Warum muß ich mich mit Ihnen streiten, Koll? Wenn Sie der Geschichte trotzen wollen, ist das Ihre Sache. Aber auch Denen? Nein. Diese Wahl haben wir nicht.«
    »Aber Millionen von Prolen wegzuschaffen –«
    Spanner gab einen Knurrlaut von sich und umklammerte die Minizettel fester. Quellen, der sich vorkam wie ein Eindringling, ließ die Augen zwischen den beiden Männern hin- und herzucken.
    »Also gut«, sagte Spanner langsam. »Ich gebe Ihnen recht. Es ist erfreulich, alle diese Proleten zu verlieren. Obwohl es an der Oberfläche so aussieht, daß wir sie nicht mehr viel länger verlieren werden. Sie sagen, wir müssen das weitergehen lassen, sonst verändert das die Vergangenheit. Ich bin entgegengesetzter Ansicht. Aber lassen wir das auf sich beruhen. Ich will nicht darüber streiten, weil Sie Ihrer Sache so sicher zu sein scheinen. Ferner halten Sie es für eine gute Sache, diese Zeitspringer-Geschichte als eine Methode zur Verringerung der Bevölkerungszahlen zu nutzen. Da stimme ich Ihnen ebenfalls zu, Koll. Ich mag die Überfüllung so wenig wie Sie, und ich räume ein, daß die heutigen Zustände ein absurdes Ausmaß erreicht haben. Aber bedenken Sie: Wir werden getäuscht. Daß jemand hinter unserem Rücken ein Zeitreisen-Unternehmen betreibt, ist illegal und unmoralisch und vieles mehr, und man sollte ihm das Handwerk legen. Was meinen Sie, Quellen? Letzten Endes wird das unter die Verantwortung Ihrer Abteilung fallen, wissen Sie.«
    Der plötzliche Bezug auf ihn erschreckte Quellen. Er bemühte sich immer noch, bei dieser Debatte die Orientierung zu finden, und war nicht ganz sicher, wovon sie sprachen. Er lächelte schwach und schüttelte den Kopf.
    »Keine Meinung?« fragte Koll ätzend.
    Quellen sah ihn an. Er war unfähig, direkt in Kolls harte, farblose Augen zu starren und richtete den Blick statt dessen auf die Backenknochen des Büroleiters. Er blieb stumm.
    »Keine Meinung, Quellen? Das ist allerdings sehr bedauerlich. Es spricht nicht für Sie.«
    Quellen unterdrückte ein Schaudern.
    »Ich fürchte, ich habe mich nicht auf dem laufenden gehalten, was die neueste Entwicklung im Fall der Zeitspringer angeht. Wie Sie wissen, war ich sehr beschäftigt mit gewissen Projekten, die –« Er ließ seine Stimme verklingen und kam sich vor wie ein Narr. Meine übereifrigen Mitarbeiter wußten gewiß genau Bescheid, dachte er. Er fragte sich, warum er sich nie die Mühe gemacht hatte, bei Brogg zurückzufragen. Aber wie sollte er alles vorausahnen?
    »Ist Ihnen klar, daß seit Anfang des Jahres Tausende von Proleten ins Nichts verschwunden sind, Quellen?« fragte
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