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Zeitspringer

Zeitspringer

Titel: Zeitspringer
Autoren: Robert Silverberg
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Quellen sich in die Innenstadt zu Koll.
    Das Gebäude des Sekretariats Verbrechen, kurz KrimSek genannt, galt als architektonisches Meisterwerk, wie man Quellen erzählt hatte. Achtzig Stockwerke, darüber Stacheltürme; die blutroten Vorhangwände waren in ihrer Beschaffenheit grob und sandig, so daß sie, wenn beleuchtet, wie Rundfeuer leuchteten. Das Gebäude hatte Wurzeln; Quellen hatte nie in Erfahrung gebracht, wie viele Untergeschosse es gab, und er vermutete, daß niemand es wirklich wußte, mit Ausnahme von bestimmten Mitgliedern der Hohen Regierung. Ganz gewiß gab es da unten zwanzig Etagen Computer und darunter eine Gruft für Totenlagerung und noch tiefer weitere acht Etagen Verhörräume. Soviel wußte Quellen genau. Manche behaupteten, es gäbe noch einen Computer, vierzig Etagen dick, unter den Verhörräumen, und andere sagten, das sei der wahre Computer, während der darüber nur zur Dekoration und Tarnung diene.
    Vielleicht. Quellen versuchte nicht, in solche Dinge zu tief einzudringen. Die Hohe Regierung mochte, was ihn anging, in eben diesem Gebäude hundert Stockwerke unter der Straße zu geheimen Sitzungen zusammentreten. Er hielt seine Neugier im Zaum. Er wollte die Neugier anderer nicht auf sich lenken, und dazu mußte er seine eigene einschränken.
    Büroangestellte nickten Quellen respektvoll zu, als er zwischen ihren dichtgedrängten Reihen dahinging. Er lächelte. Er konnte es sich leisten, freundlich zu sein; hier besaß er Rang, das Mana von Stufe Sieben. Sie waren Vierzehner, Fünfzehner, der Junge, der den Abfallkorb leerte, vermutlich ein Zwanziger. Für sie war er eine erhabene Gestalt, praktisch ein Vertrauter von Personen der Hohen Regierung, ein persönlicher Mitarbeiter von Danton und Kloofman gar. Alles eine Frage des Blickwinkels, dachte Quellen. In Wahrheit hatte er Danton – oder jemanden, der angeblich Danton war – nur einmal kurz erspäht. Er hatte eigentlich keinen Anlaß zu der Vermutung, daß es Kloofman wirklich gab, obwohl dem so sein mochte.
    Quellen umklammerte mit der Hand fest den Türknopf und wartete die Abtastung ab. Die Tür des inneren Büros ging auf. Er trat ein und fand unwirsche Personen über Schreibtische gekauert. Der kleine, scharfblickende Martin Koll, aussehend wie ein großes Nagetier, saß der Tür gegenüber und blätterte in einem Stapel Minizettel. Lein Spanner, Quellens zweiter Chef, saß ihm am schimmernden Tisch gegenüber, den mächtigen Stiernacken über andere Mitteilungen gebeugt. Als Quellen ins Zimmer kam, griff Koll mit einer raschen, nervösen Bewegung zur Wand und klappte den Belüftungsschacht auf, so daß die Zufuhr für drei Personen reichte.
    »Hat lange genug gedauert«, sagte Koll, ohne aufzusehen.
    Quellen funkelte ihn böse an. Koll war grauhaarig, grauen Gesichts, von grauer Seele. Quellen haßte ihn.
    »Verzeihung«, sagte er. »Ich mußte mich umkleiden. Ich war außer Dienst.«
    »Was wir auch tun, es wird nichts ändern«, knurrte Spanner, so, als sei niemand hereingekommen und nichts gesprochen worden. »Was passiert ist, ist passiert, und nichts, was wir tun, wird auch nur die geringste Wirkung haben. Verstehen Sie? Am liebsten würde ich alles kurz und klein schlagen! Zerhacken und zerquetschen!«
    »Setzen Sie sich, Quellen«, sagte Koll beiläufig. Er wandte sich Spanner zu, einem breitgebauten, korpulenten Mann mit gefurchter Stirn und plumpen Zügen. »Ich dachte, das hätten wir alles schon besprochen«, sagte Koll. »Wenn wir eingreifen, gerät alles durcheinander. Bei ungefähr fünfhundert Jahren, die betroffen sind, verpfuschen wir alles. Soviel steht fest.«
    Quellen atmete innerlich auf. Was es auch sein mochte, das sie beschäftigte, sein illegales afrikanisches Versteck war es nicht. So, wie es sich anhörte, sprachen sie von den Zeitspringern. Gut. Er betrachtete seine beiden Vorgesetzten genauer, seit sein Blick nicht mehr von Angst und der Erwartung demütigender Bestrafung getrübt war. Sie stritten offenbar schon geraume Zeit, Koll und Spanner. Koll war der Unergründliche, mit seinem beweglichen Verstand und der nervösen, zuckenden Energie. Aber Spanner besaß mehr Macht. Es hieß, er besitze Verbindungen Höheren, sogar Hohen Orts.
    »Also gut, Koll«, brummte Spanner. »Ich will sogar zugeben, daß das die Vergangenheit durcheinanderbringt. Soviel räume ich ein.«
    »Immerhin etwas«, sagte der kleine Mann.
    »Unterbrechen Sie mich nicht. Ich glaube nach wie vor, daß wir dem Einhalt
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