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Zeitspringer

Zeitspringer

Titel: Zeitspringer
Autoren: Robert Silverberg
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Verpflichtungen, aber dann flüchten sie. Bud hat auch geschworen, er würde nie gehen. Aber er war zwei Jahre lang arbeitslos, weißt du, und selbst mit dem Scheck jede Woche konnte er es nicht mehr aushalten. Da ging er.«
    Helaine behagte die Andeutung nicht, ihr eigener Mann stehe im Begriff, das Weite zu suchen. Es war eigentlich gemein von Beth, ihr so etwas zu wünschen, auch in ihrem ganzen Kummer. Schließlich bin ich als Nachbarin gekommen, um sie zu trösten, dachte Helaine. Beths Worte waren nicht nett gewesen.
    Beth schien es zu erkennen.
    »Setz dich«, sagte sie. »Ruh dich aus. Unterhalt dich mit mir. Ich sage dir, Helaine, ich weiß kaum noch, was normal ist, seit der Nacht, als Bud nicht mehr wiederkam. Ich kann dir nur wünschen, daß dir diese Qual erspart bleibt.«
    »Du darfst die Hoffnung noch nicht aufgeben«, sagte Helaine leise.
    Leere Worte, das wußte Helaine. Beth Wisnack wußte es auch.
    Vielleicht spreche ich mit meinem Bruder Joe, dachte sie. Besuche ihn noch einmal. Vielleicht kann er doch etwas für uns tun.
    Er ist Stufe Sieben, ein bedeutender Mann.
    Mein Gott, ich will nicht, daß Norm ein Springer wird!
3
    Quellen war froh, von Koll und Spanner fortzukommen. Sobald er wieder in seinem eigenen Büro war, an seinem eigenen kleinen, aber privaten Schreibtisch, konnte Quellen seinen Rang wieder fühlen. Er war mehr als ein Lakai, gleichgültig, wie sehr Koll ihn herumstoßen mochte.
    Er läutete nach Brogg und Leeward, und die beiden Unterseks erschienen fast augenblicklich.
    »Gut, Sie wiederzusehen«, sagte Stanley Brogg mürrisch. Er war ein großer Mann, schwermütig, mit groben Zügen und dicken, dichtbehaarten Fingern. Quellen nickte ihm zu und streckte die Hand aus, um den Sauerstoffschieber zu öffnen, ließ Luft ins Zimmer strömen und bemühte sich, den herablassenden Blick nachzuahmen, den Koll ihm vor einer Viertelstunde bei der gleichen Gelegenheit zugeworfen hatte. Brogg wirkte nicht ehrfurchtsvoll. Er war nur Stufe Neun, hatte aber Macht über Quellen, und beide wußten es.
    Leeward sah auch nicht ehrfürchtig aus, aber das hatte andere Gründe. Leeward war für kleine Gesten einfach unempfindlich. Er war ein riesengroßer, hagerer, verschlossener Mann, der seiner Arbeit auf routinehaft methodische Weise nachging. Kein Dummkopf, aber auch dazu bestimmt, nie über Stufe Neun hinauszukommen.
    Quellen betrachtete seine beiden Mitarbeiter. Er konnte die Art, wie Brogg ihn stumm und prüfend ansah, nicht ertragen. Brogg war der einzige, der das Geheimnis des afrikanischen Verstecks kannte; ein Drittel von Quellens beträchtlichem Gehalt war der Preis, der Brogg über Quellens geheime Zweitwohnung schweigen ließ. Leeward wußte nichts und kümmerte sich nicht; er empfing seine Befehle direkt von Brogg, nicht von Quellen, und Erpressung war keine Spezialität von ihm.
    »Ich nehme an, Sie sind über unseren Auftrag unterrichtet, das Verschwinden von Proleten in der letzten Zeit aufzuklären«, begann Quellen. »Die sogenannten Zeitspringer sind, wie wir schon seit einigen Jahren vorausgesehen haben, unter die Zuständigkeit des Sekretariats Verbrechen gefallen.«
    Brogg wies einen dicken Stapel Minizettel vor.
    »Ich wollte mich wegen der Sache ohnehin mit Ihnen ins Benehmen setzen. Die Hohe Regierung läßt starkes Interesse erkennen. Koll hat keinen Zweifel daran, daß Kloofman selbst beteiligt ist. Ich habe die neuen Statistiken. In den ersten vier Monaten dieses Jahres sind achtundsechzigtausend Proleten verschwunden.«
    »Aber Sie arbeiten an der Sache?«
    »Selbstverständlich«, sagte Brogg.
    »Fortschritte?«
    »Tja«, sagte Brogg, ging in dem kleinen Raum hin und her und wischte sich den Schweiß vom Hals, »Sie kennen die Theorie, auch wenn sie verschiedentlich angefochten worden ist. Daß die Springer sich von unserem benachbarten Zeitnexus aus auf den Weg machen. Ich habe ein Diagramm erstellt. Berichten Sie, Leeward.«
    »Die statistische Auswertung zeigt, daß die Theorie zutrifft. Das derzeitige Verschwinden von Proleten steht in direktem Zusammenhang mit historischen Dokumenten über das Auftauchen sogenannter Springer Ende des zwanzigsten Jahrhunderts und in den folgenden Jahren.«
    Brogg zeigte auf einen blaubezogenen Band auf Quellens Schreibtisch.
    »Geschichtsspule. Ich habe sie Ihnen herausgelegt. Sie bestätigt meine Erkenntnisse. Die Theorie ist richtig.«
    Quellen fuhr mit dem Finger an seinem Unterkiefer entlang und fragte sich, wie das sein mußte,
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