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Zeitfinsternis

Zeitfinsternis

Titel: Zeitfinsternis
Autoren: David S. Garnett
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ein geis­ti­ges Bild von ihm zu ma­chen, wä­re es mit Si­cher­heit völ­lig falsch ge­we­sen. Klein, mit ro­ten Au­gen und sehr hel­ler Haut – ein Al­bi­no. Der Ne­ger hät­te sein Ne­ga­tiv sein kön­nen, schwarz, wo er weiß war, denn sie wa­ren fast…
    Nein, nicht fast.
    Ganz ge­nau.
    Der Ers­te und der Schwar­ze sind die glei­che Per­son.
    Die Lö­sung paß­te zu dem, was der Schwar­ze mir über die Zeit­rei­se der An­dro­iden er­zählt hat­te: Der Ne­ger stamm­te aus der Ver­gan­gen­heit oder der Zu­kunft. Ich nahm an, daß es die Zu­kunft war, wenn er wirk­lich hier­her­ge­kom­men war, um dem Ers­ten et­was zu be­rich­ten. Was aber woll­te er ihm sa­gen?
    Ich be­kam das nie her­aus, denn der Schwar­ze sag­te: „Ihr könnt jetzt ge­hen. Ihr müßt jetzt ge­hen.“
    „Ge­hen?“
    „Ja.“
    „Wo­hin ge­hen?“
    „Such dei­ne Frau“, sagt er. „Sie ist kurz nach dir aus den Tun­nels her­aus­ge­gan­gen, im Os­ten. Nimm ihn mit.“ – Von An­gel stand bei der Tür. Ich sah die Frau ein letz­tes Mal an und nick­te dann. Ich ging zur Tür und folg­te dem Rit­ter von der Ober­flä­che hin­aus. Auch ich war nun kein Höh­len­mensch mehr, son­dern ge­hör­te an die Ober­flä­che.
     
     
    Nach­dem die bei­den Män­ner ge­gan­gen sind, schnippt die schwar­ze Ge­stalt der Frau mit den Fin­gern zu. Ei­ne thea­tra­lisch und zwei­fel­los über­flüs­si­ge Ges­te. Aber sie er­starrt voll­kom­men und be­stä­tigt da­mit den Ver­dacht des Ers­ten. Und er weiß, daß ihm das nichts aus­ma­chen kann. Denn auch er ist kein Mensch.
    „Weißt du, wer ich bin?“ fragt der Neu­an­kömm­ling.
    „Ja“, sagt der Ers­te. Er weiß nicht ge­nau, warum er so si­cher sein kann. „Du bist ich. Oder ich bin du. Aber ich weiß nicht…“
    „Nein, du weißt es nicht. Und in zwei Ta­gen oder we­ni­ger wirst du es wie­der nicht wis­sen. Nur ich weiß es, und bis vor kur­z­em wuß­te auch ich es nicht.“ Er setzt sich sei­nem an­de­ren Ich ge­gen­über hin und sagt: „Wo soll ich an­fan­gen?“
    „Du könn­test mir sa­gen, wie es kommt, daß du hier bist“, sagt der Ers­te: der Ers­te der Ge­gen­wart, der wei­ße Ers­te.
    „Ich bin hier für Er­klä­run­gen, das ist al­les. Um mein Ge­wis­sen zu be­ru­hi­gen: mein ei­ge­nes Ge­wis­sen. Da­mit du es we­nigs­tens ei­ne kur­ze Zeit lang ver­stehst. Wie ich frü­her.“
    Der Ers­te denkt, daß er das nicht sehr gut macht. Er ist ver­wirr­ter denn je. Warum muß das al­les er­klärt wer­den? Könn­te man es ihm nicht ein­fach ge­stat­ten, ir­gend­wo­hin zu ge­hen und zu ver­ges­sen? Er weiß, das man es ihm nicht ge­stat­ten wird, zu sei­ner ei­ge­nen Welt zu­rück­zu­keh­ren, nicht, nach­dem er ge­schei­tert ist. Von dort hat er nie Hil­fe er­hal­ten.
    Aber ist er wirk­lich ge­schei­tert? Warum sitzt da ihm ge­gen­über ei­ne wei­te­re Ver­si­on sei­ner selbst?
    „Wie kön­nen wir bei­de zur glei­chen Zeit hier sit­zen?“ fragt er. Er wünscht sich, er kön­ne sich noch an all die Fein­hei­ten ei­nes nicht-li­nea­ren Le­bens er­in­nern: dar­an, daß man ei­ne un­un­ter­bro­che­ne phy­si­sche Exis­tenz hat, die Er­eig­nis­se der Zeit 2 aber von de­nen der Zeit 1 kennt – al­so vor­her, in der Zeit 1, weiß, was in der Zeit 2 ge­sche­hen wird, aber in der Zeit 2 nicht weiß, was in der Zeit 1 ge­sche­hen ist. Wie wird man da­mit fer­tig? Hat M ASCHI­NE auch das ma­ni­pu­liert? Ba­siert das auf Zu­fall? Wird er je­mals die Kon­trol­le über sich selbst be­kom­men?
    „Ich bin mit der Hil­fe von me­cha­ni­schen Ge­rä­ten aus der Zu­kunft ge­kom­men. Es hat viel Zeit und Mü­he ge­kos­tet, das ge­nau zu be­rech­nen. Und viel Hil­fe. So sind die An­dro­iden hier­her­ge­kom­men. Wir ha­ben sie in der Zu­kunft her­ge­stellt, ha­ben sie dort hin­ge­bracht, wo sie er­schei­nen soll­ten, und ha­ben sie dann zu­rück­trans­por­tiert.“
    „Wir…?“
    „Sie ha­ben ge­hol­fen.“
    „Sie…?“
    „Al­lein hät­te ich das nicht ge­schafft. Ihr Feh­ler ist ih­nen klar­ge­wor­den. Viel­leicht ist die Mög­lich­keit, daß man ih­nen den Pla­ne­ten ab­nimmt – und auch uns –, weil sie in sei­ne Ent­wick­lung ein­ge­grif­fen ha­ben, als Fak­tor für ih­re Ent­schei­dung wich­tig
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