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Zeitfinsternis

Zeitfinsternis

Titel: Zeitfinsternis
Autoren: David S. Garnett
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zwei Minuten dazu, mir noch etwas zu überlegen; und als wir weiterritten, wurden die Pausen zwischen unseren Gesprächen immer länger. Je mehr er mir erzählte, desto überraschter war ich. Die Tage vergingen. Jede Antwort schloß zwanzig weitere Fragen aus, ließ aber hundert andere an ihre Stelle treten – von denen ich die meisten nicht zu stellen wagte. Am Ende gab er mir Antworten, ohne daß ich Fragen zu stellen brauchte.
    „Weißt du den Weg dorthin?“
    „Ja. Reitet mir nach.“
    „Ich kenne den Weg.“
    „Du kennst ihn nicht.“
    „Der nächste Fahrstuhlschacht ist…“
    „Wir benutzen die Tunnels nicht.“
    „Warum nicht?“
    „Die meisten sind ohne Strom.“
    „Und der Erste?“
    „Er ist nicht mehr in den Tunnels.“
    „Er ist an der Oberfläche?“
    „Welche Möglichkeit gibt es denn sonst noch? Ihr braucht nicht mit mir zu kommen. Ihr werdet nicht mehr gebraucht.
    Ich wollte euch nur davon abhalten, eine lange Reise umsonst zu unternehmen.“
    „Sehr freundlich von dir.“
    „Ja.“
    „Was ist mit den Tunnels passiert?“
    „Ein paar Unzufriedene haben versucht, den Ersten umzubringen. Es ist ihnen nicht gelungen.“
    „Und was dann?“
    „Das System ist auseinandergebrochen. Sie haben damit angefangen, sich untereinander zu streiten.“
    „Bist du dafür verantwortlich?“
    „Nein. Nur für die Androiden – und die Frau.“
    „Die Frau? Das Mädchen, das wir in Flandern gefunden haben?“
    „Ja. Selbst wenn ihr sie nicht zum Ersten gebracht hättet, wäre sie schließlich doch dort angekommen.“
    „Warum so ein umständlicher Weg? Von Saarland nach Lothringen und von dort nach Flandern?“
    „Eine Zeitfrage. Ich wollte nicht, daß sie zu bald, nachdem die ersten Androiden aufgetaucht waren, nach unten ging.“
    „Und wie sind sie aufgetaucht?“
    „Sie sind in der Zeit gereist.“
    „Und der Elefant? Der auch?“
    „Der auch. Der war zu eurem Schutz. Nachdem ihr einmal damit angefangen hattet, die Frau zum Ersten zu bringen, hielt ich es für angebracht sicherzustellen, daß ihr unversehrt dorthin kommt.“
    „Wie ist sie denn unbeobachtet nach Flandern gekommen? Auf die gleiche Art?“
    „Nein. Es ist leicht, den Schirmen auszuweichen oder sie außer Gefecht zu setzen.“
    „Du hast also die Armeen des Saarlands und Lothringens vernichtet und Tausende von Menschen umgebracht?“
    „Das war notwendig. Eine Handvoll für Millionen. Ich habe etwas benötigt, um den Ersten dazu zu zwingen, sich darüber klarzuwerden, daß sich in Afrika etwas abspielt.“
    „Was?“
    „Das würdest du nicht verstehen.“
    „Kann ich das nicht für mich selbst entscheiden?“
    „Nein. Aber wenn ich zum Ersten komme, dann ist die Zeit reif, und er wird soweit sein, daß er es erfahren kann.“
    „Was erfahren kann?“
    Aber das wollte er mir nicht sagen. Statt dessen sagte er: „Ich bin nicht wirklich ein Zauberer. Ich bin nicht schwarz. Ich bin auch nicht aus Afrika. Ich bin noch nicht einmal von diesem Planeten.“
     
     
    Er wacht auf und starrt wild um sich. M ASCHINE ist nicht zu sehen; nur die Frau ist da.
    „Ich muß hier raus“, sagt er zu ihr. „Hör genau zu. Ich werde es vergessen – du darfst es nicht. Ein paar Männer sind unterwegs, um mich umzubringen. Wir müssen in die Tunnels und dann nach Südosten.“ Er setzt sich ganz auf. „Komm.“ Er steht auf.
    M ASCHINE ist im Nebenzimmer.
    „Wir möchten gehen“, sagt Erster zu ihr.
    Das ist der entscheidende Augenblick. Wird sie gehorchen? Sie muß es, denn wie sonst können sie an die Oberfläche kommen – das müssen sie, er weiß es, da er im Geist schon dagewesen ist.
    Trotzdem, nach den Dingen, die die Frau ihm von M ASCHINE erzählt hat, ist er nicht mehr so sicher.
    „Ja“, sagt M ASCHINE , und die Wand hebt sich. „Nimm den zweiten Tunnel links.“
    Erster zögert, weil sein Gedächtnis verfliegt. „Du weißt es“, sagt er. „Du wußtest es.“
    „Ja“, sagt M ASCHINE .
    Er starrt sie einige Sekunden lang an, bis die Frau ihn am Arm nimmt und ihn hinauszieht. Seine Kleider liegen noch da und warten auf ihn. Er zieht sich hastig an, und sie rennen den Gang hinunter. Beim Laufen setzen sie sich die Brillen auf. An der Metalltür vorbei, über die erste Kreuzung, und dann meint er, aus dem Seitentunnel Geräusche zu hören. Sie halten nicht an.
    Guy bleibt meistens hinter den anderen beiden zurück, dem Zauberer und dem schwarzen Mann, obwohl der erstere oft lange Strecken zurückbleibt, um dann
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