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Zeitenzauber - Die goldene Brücke: Band 2 (German Edition)

Zeitenzauber - Die goldene Brücke: Band 2 (German Edition)

Titel: Zeitenzauber - Die goldene Brücke: Band 2 (German Edition)
Autoren: Eva Völler
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zugenommen?«
    »Findest du mich etwa fett?«, fragte ich empört zurück.
    »Gestattet, dass ich mich vorstelle«, mischte der Gefangene sich ein. »Giacomo Casanova.« Er verneigte sich formvollendet, griff nach meiner Hand und küsste sie. »So ein schönes Fräulein, fürwahr! Wie sehr Euer Anblick mein Herz erwärmt! Ich hoffe, Ihr verzeiht mir meine unzureichende Aufmachung und meinen unseligen Körpergeruch.«
    »Ja, und wir sollten jetzt los, bevor noch jemand runterfällt und sich den Hals bricht«, sagte Sebastiano schlecht gelaunt.
    »Nur zu gerne!« Giacomo Casanova strahlte mich an, und ich strahlte zurück. Er sah ziemlich ungepflegt aus mit seinem verdreckten Hemd und den ungekämmten Haaren, aber er war auch der Typ, den Heath Ledger in einem meiner Lieblingsfilme gespielt hatte. Und ich stand ihm leibhaftig gegenüber! Solche Momente waren die Highlights dieses Ferienjobs!
    Sebastiano stieg vorsichtig die Dachschrägung hinauf, das Windlicht mit einem Zipfel seines Wamses abschirmend, wobei er sich ab und zu mit der Hand abstützte. Es war nicht allzu steil, doch man musste vorsichtig sein, weil die Platten an manchen Stellen glatt waren. Casanova folgte ihm und blickte sich immer wieder zu mir um. Sein Lächeln hatte etwas Bezwingendes und Verheißungsvolles. Dieser Mann war definitiv der geborene Frauenheld, es stimmte alles, was man über ihn sagte. Aber dann überlegte ich, dass er nach über einem Jahr Knast wohl einfach unter männlicher Entbehrung litt. Wahrscheinlich hätte er auch mit der alten Bettlerin geflirtet, die unten auf der Piazzetta hockte und jeden, der vorbeikam, um Kleingeld anhaute. Trotzdem war es aufregend, mit ihm bei Nacht über den Dächern von Venedig unterwegs zu sein. So ein Abenteuer erlebte man nicht alle Tage, daran würde ich bestimmt noch lange zurückdenken.
    Wir kletterten über den First, von dort aus ging es abwärts in Richtung Campanile weiter. Langsam und vorsichtig bewegten wir uns Schritt für Schritt das flach abfallende Dach hinab.
    Casanova warf mir einen weiteren Blick über die Schulter zu. »Wie heißt Ihr, schönes Fräulein?«
    »Anna«, erwiderte ich gedankenlos.
    Sebastiano stieß einen Fluch aus, weil Casanova gegen ihn gestoßen war. Er konnte ihn gerade noch festhalten, sonst wäre er abgerutscht.
    »Denkt lieber an Euren Hals als an schöne Frauen«, sagte er ärgerlich.
    »Ah, aber diese eine hier ist überaus liebreizend!«, gab Casanova zurück. »Sie ist es wert, dass man jeden Augenblick an sie denkt!«
    Ich fühlte mich geschmeichelt, doch Sebastianos Laune geriet langsam an den Tiefpunkt.
    »Ist sie Euer Weib?«, wollte Casanova höflich wissen. Darauf gab Sebastiano keine Antwort. Wenig später war unser Weg über das Dach zu Ende. Wir hatten das Fenster erreicht, durch das wir mithilfe einer Leiter zu Beginn der Rettungsaktion aufs Dach gelangt waren. Sebastiano kletterte als Erster hinein, dann half er mir beim Einstieg und anschließend Casanova. Drinnen wartete schon der schielende, nach Zwiebeln stinkende Wärter, den Sebastiano bestochen hatte.
    »Lorenzo«, sagte Casanova verärgert zu ihm. »Woher kommt dieser Sinneswandel? Flehte ich dich nicht tausendmal an, mir aus diesem Rattenloch herauszuhelfen? Wieso tust du es für diese Fremden, nicht jedoch für mich?«
    Dafür gab es eine einfache Erklärung. Lorenzo war nicht gerade der Hellste, aber schlau genug, um viel Gold von wenig Gold unterscheiden zu können. Das wurde Casanova im nächsten Moment auch klar, denn er nickte langsam und bedachte Sebastiano mit einem bohrenden Blick, in dem unzählige Fragen lagen. Die wichtigste stellte er zuerst.
    »Warum ich?«, wollte er von Sebastiano wissen. Als dieser jedoch schwieg, wandte er sich an mich. »Warum habt Ihr von all den Gefangenen ausgerechnet mich befreit, Anna?«
    Weil du ein toller Typ bist und tolle Bücher geschrieben hast und weil dein Leben ein einziges Abenteuer war! Deshalb sind wir aus der Zukunft gekommen und haben dich aus dem Knast befreit, damit du so berühmt werden kannst, wie du es in unserer Zeit sein wirst!
    Doch das konnte ich ihm natürlich nicht sagen. Eine Art automatische Sperre verhinderte es. Kein Zeitreisender konnte den Menschen in der Vergangenheit Dinge aus der Zukunft verraten. Auch wenn man es wollte – es ging nicht.
    Davon abgesehen hätte Casanova uns sowieso kein Wort geglaubt. Jeder vernünftige Mensch hätte uns für verrückt erklärt, wenn wir ihm erzählt hätten, dass wir
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