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Zeitenlos

Zeitenlos

Titel: Zeitenlos
Autoren: Shelena Shorts
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und legte das Handy in den Schoß.
    Ich wollte gerade rückwärts rausfahren, als es wieder piepste. Was denn jetzt? , dachte ich, als ich einen Blick auf das Handy warf. Ich nahm es hoch und öffnete die Nachricht. Schon wieder Kerry: MMMMH , LECKER , schrieb sie. Ich grinste, legte das Handy in die Konsole und widmete mich wieder dem Ausparken.
    Es gab gleichzeitig einen gewaltigen Stoß und ein krachendes Geräusch. Ich stieg auf die Bremse und brüllte etwas, was nicht die Zustimmung meiner Mutter gefunden hätte. Dann drehte ich mich um, um zu sehen, was passiert war und stellte fest, dass ich rückwärts in einen vorbeifahrenden Wagen gekracht war. Fragen schossen mir in schneller Abfolge durch den Kopf: Was ist passiert? Wie schlimm ist es? Was mache ich jetzt? Rufe ich Mama an? Rufe ich die Polizei? Steige ich aus? Bringt mich der andere um? Bin ich ein Idiot? Die einzigen Antworten, die mir spontan einfielen, waren: Ja, ich war ein kompletter Idiot, und ja, ich sollte schleunigst aussteigen und mich entschuldigen.
    Ich öffnete die Tür und stieg aus. Den Schaden an meinem Wagen sah ich mir gar nicht an, ich war viel zu sehr damit beschäftigt, eine Entschuldigung zu formulieren. Die dicke Beule an der Seite des glänzend schwarzen Wagens riss mich abrupt aus meinen Gedanken. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, und hielt geschockt nach dem Besitzer des Autos Ausschau, der gerade um das Fahrzeug herumging und den Schaden inspizierte.
    »Es tut mir so leid«, sagte ich und schaute verschreckt wie ein Reh im Scheinwerferlicht. »Ich weiß nicht, wie das passieren konnte. Ich habe dich nicht gesehen …« Mitten in meiner gestotterten Entschuldigung wandte sich der Junge von seinem Wagen ab und mir zu – und bekam große Augen. Na toll, dachte ich. Ich hab’s geschafft. Der Typ ist sauer. Wie peinlich. Muss der denn auch noch so niedlich sein? Ich schluckte, blickte auf und sah in ein unglaublich ebenmäßiges Gesicht. Nichts fiel irgendwie aus dem Rahmen; das i-Tüpfelchen dieser perfekten Inszenierung war das auffällige dunkelbraune Haar, das sich an den Spitzen leicht kräuselte. Ich war mir nicht sicher, was mir an dem Gesicht am besten gefiel, entschied mich dann aber für die ebenso dunklen Augen, die mich zu diesem Zeitpunkt durchdringend ansahen. Er wirkte gleichzeitig einschüchternd und stark, aber auch ein bisschen jungenhaft. Ich hatte keine Angst vor ihm, aber ich fühlte mich schrecklich schuldig und war total verlegen.
    Dann machte er zwei große Schritte in meine Richtung, und ich hielt den Atem an, als er nur einen halben Meter vor mir stehen blieb. »Das kann nicht sein«, sagte er und starrte mich an. Weil er mindestens zehn Zentimeter größer war als ich – und ich war nicht gerade klein –, fühlte ich mich jetzt doch etwas eingeschüchtert.
    »Es tut mir leid«, sagte ich unwillkürlich. »Ich habe dich nicht gesehen. Ich scheine nicht aufgepasst zu haben …«
    »Was machst du hier?«, unterbrach er mich. Er sprach langsam und deutlich, so als wollte er sichergehen, dass ich die Frage verstand. Na super, ich war nicht nur dabei, einen bis dahin ganz normalen Nachmittag für uns beide zu ruinieren, sondern verlor gerade auch noch sämtliches Selbstwertgefühl, das ich besaß. Da stand ich nun, einen halben Meter von dem schönsten Gesicht entfernt, das ich je gesehen hatte, beobachtete, wie seine Kiefermuskeln sich anspannten, als er die Zähne zusammenpresste, und fühlte mich, als bräuchte ich dringend eine Auszeit.
    »Ich weiß nicht«, antwortete ich. »Ich war der Meinung, dass ich geguckt hatte. Ich habe dich nicht gesehen .« Hatte ich das nicht schon gesagt? Ich laber schon wieder.
    » Ich meine, studierst du hier?«
    »Nein, ich habe gerade mit meiner Mutter gegessen.«
    »Auf dem Campus?« Er kniff die Augen zusammen.
    »Ähm, ja. Meine Mutter arbeitet hier.« Mittlerweile kam ich mir wie ein kleines Kind vor. Ich musste unbedingt damit aufhören, über meine Mutter zu reden, und aus diesem Albtraum herauskommen. »Ja, ich bin oft hier«, sagte ich bestimmt, warf meine Haare nach hinten und straffte die Schultern, um erwachsener zu wirken. »So was ist mir zum ersten Mal passiert, und es tut mir wirklich leid. Ich gebe dir meine Versicherungsdaten. Es war mein Fehler.«
    »Bist du okay? Du hast dich doch nicht verletzt, oder?«, fragte er.
    Ich blickte an mir herab und von außen sah alles völlig normal aus. Mein Hirn arbeitete etwas langsam, und mein Magen benahm sich
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