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Zeiteise in Technicolor

Zeiteise in Technicolor

Titel: Zeiteise in Technicolor
Autoren: Harry Harrison
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beschuldigte uns, wir würden auf Realismus im Stil der Russen machen, und unsere verdreckten, abgerissenen Helden hätten kläglich versagt. Er wollte sogar das Stück kalifornischer Küste erkannt haben, an der der Streifen gedreht wurde.«
    »Ich kann seine Gefühle verstehen. Obwohl ich die Dreharbeiten mitverfolgt habe, kamen mir die Filmszenen unwirklich vor. Ich glaube, wir haben uns so an die Wunder des Films gewöhnt, daß wir nichts mehr merkwürdig finden. Aber bedeutet nun die negative Haltung der Kritiker, daß der Film ein Mißerfolg ist?«
    »Ganz im Gegenteil! Die Kritiker greifen immer die Geldmacher an. Wir haben unsere Kosten bereits zehnmal gedeckt, und der Film läuft erst an. Das Experiment war ein herrlicher Erfolg, und wir halten morgen eine Konferenz ab, bei der der nächste Film besprochen wird. Ich wollte nur bei Ihnen vorbeisehen, ob Sie uns noch – äh – böse sind …«
    »Böse? Nein, Barney, das ist vorbei. Ich muß mich entschuldigen, daß ich so unbeherrscht war. Ich sehe die Dinge jetzt in einer ganz anderen Perspektive.«
    Barney lachte breit. »Das ist eine gute Nachricht. Ich muß zugeben, daß ich mir Sorgen Ihretwegen machte. Ich brachte sogar ein Friedensangebot mit. Dallas hat es besorgt und mich gebeten, es Ihnen zu überreichen.«
    »Du liebe Güte«, sagte Jens, als er das Paket öffnete und das gekerbte, flache Holz sah. »Was ist das?«
    »Ein Schleuderholz, Marke Kap Dorset. Sie hatten diese Dinger bei sich, als sie die Wikinger angriffen.«
    »Natürlich.« Jens nahm ein dickes Buch vom Tisch. »Wie nett, daß Sie an mich gedacht haben. Und übermitteln Sie Dallas meinen besten Dank. Wissen Sie, ein paar Leute von der Filmgesellschaft haben mich schon besucht und mir erzählt, was sich in meiner Abwesenheit zugetragen hat. Und ich kann es hier auch nachlesen.« Er deutete auf das Buch, und Barney sah verwundert drein.
    »Das sind die Isländischen Sagas in der Originalfassung. Natürlich wurden die meisten mehr als zweihundert Jahre lang mündlich überliefert, bevor man sie niederschrieb, aber es ist erstaunlich, wie genau sie sich erhalten haben. Da – wenn ich Ihnen ein Stück aus der ›Thorfinn-Karlsefni-Saga‹ vorlesen darf: ›Nach dieser Zeit entdeckten sie eine große Schar von skrælling, die in Booten vom Süden kamen … Sie schwangen Stöcke entgegen dem Lauf der Sonne und stießen laute Schreie aus.‹ Bei den Stöcken muß es sich um die Schleuderhölzer gehandelt haben.«
    »Heißt das, daß alles, was Ottar erlebt hat, in diesen Sagas festgehalten ist?«
    »Alles. Natürlich fehlen ein paar Stücke, und alles klingt ein wenig wirr, doch das ist nach zweihundert Jahren mündlicher Überlieferung kein Wunder. Aber die Reise, das Errichten der Siedlung, der Angriff der skrælling – sogar das Eis und der Bulle, der sie erschreckte – sind hier enthalten.«
    »Steht hier auch, wie Ottars Leben endete?«
    »Nun, nach den Erzählungen ist offensichtlich, daß er nach Island zurückkehrte oder seine Abenteuer anderen Nordmännern erzählte, die ihn besuchten. Es gibt verschiedene Versionen seines späteren Lebens, aber alle sind sich darüber einig, daß er wohlhabend und glücklich war.«
    »Schön für Ottar, er verdient es. Wissen Sie, daß Slithey zu ihm zurückkehrte?«
    »Die Gudrid der Sagas, natürlich. Ich las darüber in den Zeitungen.«
    »Ja. Die Notiz dürfte nicht von ihrem Presseagenten stammen. ›Ich ziehe mich vom Filmgeschäft zurück, um mit dem Mann zu leben, den ich liebe, und das süßeste Baby der Welt großzuziehen. Die sanitären Anlagen auf unserer Farm sind nicht die besten, aber dafür haben wir viel frische Luft und eine schöne Landschaft.‹«
    »Genau so war es.«
    »Arme Slithey. Ob sie wohl eine Ahnung hat, in welchem Zeitalter sich ihre Farm befindet?«
    Jens lächelte. »Das ist doch im Grunde nicht wichtig, oder?«
    »Da haben Sie auch recht.«
    Jens nahm eine Fotokopie aus dem Buch. »Ich habe Ihnen das aufgehoben. Einer meiner Studenten entdeckte es und brachte es mir mit. Es ist die Abschrift eines Artikels der New York Times aus dem Jahre 1935.«
    »Störungen bei Versammlung«, las Barney. »Der Kongreß der Archäologischen Gesellschaft wurde unterbrochen, als zwei Teilnehmer im Vorraum in ein Handgemenge gerieten … Prozeß wegen Verleumdung … behauptet, daß sich Dr. Perkins einen groben Scherz geleistet hat, als er erklärte, er habe Glasfragmente in einem nordischen Abfallhaufen auf Neufundland
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