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Zeit im Wind

Zeit im Wind

Titel: Zeit im Wind
Autoren: Nicholas Sparks
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blieb dabei: Auch nachdem ich mich bereit erklärt hatte, wollte ich nicht Schülersprecher werden. Ich hatte keine Lust, für den Rest des Schuljahres einmal in der Woche nachmittags nach der Schule - nach der Schule! - auf Schüler-Lehrer-Versammlungen rumzusitzen, um mir ein Motto für den nächsten Schulball auszudenken oder über die Farbe der Luftschlangen zu diskutieren. Mehr taten die Schülervertreter doch nicht, wenigstens nicht zu meiner Zeit. Bei wichtigen Fragen mitentscheiden durften wir Schüler doch sowieso nicht.
    Andererseits wußte ich, daß mein Vater recht hatte. Wenn ich zur UNC gehen wollte, mußte ich etwas tun. Ich spielte weder Football noch Baseball, ich spielte kein Instrument, ich war nicht im Schach-Club oder im Bowling-Club oder sonst irgendwo drin. In der Schule war ich auch nicht unbedingt eine Leuchte - ich war in nichts eine Leuchte. Mich verließ der Mut, und ich fing an, mir die Dinge aufzuzählen, die ich gut konnte, aber um ehrlich zu sein, es kam nicht viel dabei heraus. Ich konnte acht verschiedene Seglerknoten, ich konnte barfuß auf kochendheißem Asphalt eine längere Strecke zurücklegen als sonst jemand, ich konnte einen Bleistift dreißig Sekunden lang auf der Fingerspitze balancieren… aber es war klar, daß nichts davon bei einer Bewerbung um einen Studienplatz besonderen Eindruck machen würde. Da war ich also, lag die ganze Nacht wach im Bett und machte mir langsam bewußt, daß ich ein Versager war. Besten Dank, Dad.
    Am nächsten Morgen ging ich ins Sekretariat und setzte meinen Namen auf die Kandidatenliste. Zwei andere Schüler bewarben sich mit mir um das Amt - John Foreman und Maggie Brown. John, das war sonnenklar, hatte keine Chance. Er war einer von denen, die einem die Fusseln von den Kleidern zupften, wenn man mit ihnen sprach. Er war zwar ein guter Schüler, aber er saß immer in der ersten Reihe und hob jedesmal, wenn der Lehrer eine Frage stellte, die Hand. Wenn er aufgerufen wurde, gab er fast immer die richtige Antwort und sah sich dann mit einem so selbstgefälligen Ausdruck nach rechts und links um, als hätte er, im Vergleich zu den übrigen Trotteln im Raum, den Beweis seiner intellektuellen Überlegenheit erbracht. Eric und ich beschossen ihn mit Spuckebällchen, wenn der Lehrer gerade nicht guckte.
    Bei Maggie Brown standen die Dinge anders. Auch sie war eine gute Schülerin. Sie war schon drei Jahre lang in der Schülervertretung gewesen, und im Jahr zuvor war sie Klassensprecherin der Vorabschlußklasse gewesen. Das, was gegen sie sprach, war die Tatsache, daß sie nicht besonders attraktiv war, und da sie im Sommer noch einmal zehn Kilo zugenommen hatte, war es klar, daß nicht ein einziger Junge für sie stimmen würde.
    Nachdem ich wußte, gegen wen ich antrat, rechnete ich mir doch eine Chance aus. Meine ganze Zukunft stand auf dem Spiel, also entwarf ich eine Strategie. Eric war der erste, der mir beipflichtete.
    »Klar, ich sorge dafür, daß die Leute im Team dich wählen, gar keine Frage! Wenn du das wirklich willst.«
    »Und ihre Freundinnen?« fragte ich.
    Das war mehr oder weniger meine Kampagne. Natürlich bin ich auch zu den Diskussionen gegangen und habe Flugblätter verteilt, auf denen stand: »Was ich tun werde, wenn ich Schülersprecher bin«, aber am Ende war es wahrscheinlich Eric Hunter, der mir das gewünschte Ergebnis brachte. Beaufort High School hatte nicht viel mehr als vierhundert Schüler; wenn man also die Sportlerriege hinter sich hatte, war das die halbe Miete, und den meisten von denen war es egal, wen sie wählten. Am Ende ging alles so auf, wie ich es geplant hatte.
    Ich wurde mit ziemlich großer Mehrheit zum Schülersprecher gewählt. Natürlich ahnte ich nicht, was ich mir damit eingebrockt hatte.
    Als ich noch in der Vorabschlußklasse war, hatte ich eine feste Freundin, Angela Clark. Sie war meine erste richtige Freundin, obwohl das Ganze nur ein paar Monate dauerte. Kurz vor den Sommerferien hatte sie mit mir Schluß gemacht und ging jetzt mit einem gewissen Lew, der schon zwanzig war und in der Werkstatt seines Vaters als Automechaniker arbeitete. Sein wichtigstes Wesensmerkmal war, soweit ich sehen konnte, sein wirklich klasse Auto. Er trug immer ein weißes T-Shirt und hatte sich eine Packung Camel in den Ärmel gesteckt. Dann stand er da, an die Motorhaube seines Thunderbird gelehnt, ließ den Blick schweifen und sagte so was wie:
    »He, Schätzchen«, wenn eine Frau vorbeikam. Er war echt der
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