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Zeit im Wind

Zeit im Wind

Titel: Zeit im Wind
Autoren: Nicholas Sparks
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Siegertyp, könnte man sagen.
    Also, wie auch immer, es kam die Zeit des Schülerballs, und wegen der Sache mit Angela hatte ich immer noch keine Partnerin. Diejenigen, die in der Schülervertretung waren, mußten zu dem Ball gehen - es war Pflicht, denn wir mußten helfen, die Turnhalle zu schmücken, und am nächsten Tag beim Aufräumen dabeisein -, außerdem machte es normalerweise auch Spaß. Ich rief ein paar Mädchen an, aber sie hatten alle schon einen Partner, also rief ich noch ein paar an. Die hatten auch schon Partner. Eine Woche vor dem Ball war die Auswahl ziemlich mies. Das Angebot beschränkte sich jetzt auf die Mädchen, die dicke Brillen trugen und lispelten. Beaufort hatte sich noch nie seiner Schönheiten rühmen können, aber das kümmerte mich jetzt nicht, ich brauchte eine Ballpartnerin. Ich wollte nicht ohne Partnerin auf dem Ball erscheinen - wie sähe das aus? Ich wäre der einzige Schülersprecher, der je allein bei einem Schulball aufgekreuzt war. Ich wäre dann der, der den ganzen Abend alkoholfreie Bowle ausschenken oder Erbrochenes in den Toiletten aufwischen müßte. Das machten nämlich normalerweise diejenigen, die keinen Partner hatten.
    In einem Anfall von Panik nahm ich mir das Jahrbuch vom Jahr davor heraus und blätterte es ganz durch, um zu sehen, wer vielleicht noch solo war. Zuerst guckte ich mir die Seiten der Abschlußklasse an. Die meisten waren inzwischen zwar auf dem College, aber einige waren in der Stadt geblieben. Obwohl ich mir keine großen Chancen ausrechnete, rief ich ein paar von ihnen an, aber natürlich hatte ich keinen Erfolg. Ich konnte kein Mädchen finden, keins, das mit mir gehen würde. Inzwischen nahm ich jede Absage gelassen hin, obwohl das ja nichts ist, womit man vor seinen Enkelkindern angibt, wahrhaftig nicht. Meine Mom wußte, was ich durchmachte, und schließlich kam sie in mein Zimmer und setzte sich neben mich aufs Bett.
    »Wenn du niemanden findest, könnte ich mit dir gehen«, bot sie an.
    »Danke, Mom«, sagte ich niedergeschlagen.
    Als sie wieder gegangen war, fühlte ich mich noch mieser als vorher. Selbst meine Mom dachte, ich würde niemanden finden. Und wenn ich mit ihr als Partnerin ginge? Selbst wenn ich hundert Jahre alt würde, das würde ich nie verwinden.
    Es war übrigens noch einer der Jungen in der gleichen Situation wie ich. Carey Dennison war zum Kassenwart gewählt worden, und er hatte auch keine Partnerin. Carey gehörte zu den Leuten, deren Gegenwart man tunlichst mied. Er war nur deswegen gewählt worden, weil kein Gegenkandidat aufgestellt worden war. Selbst so hatte er, glaube ich, kaum genügend Stimmen bekommen. Er spielte die Tuba in der Bläserkapelle und hatte einen ganz unproportionierten Körper, als wäre er mitten in der Pubertät plötzlich nicht mehr weitergewachsen. Er hatte einen dicken Bauch und lange, dünne Arme und Beine. Außerdem sprach er mit hoher, piepsiger Stimme - wahrscheinlich war er deswegen so ein guter Tubaspieler - und hörte nie auf, Fragen zu stellen. Wo warst du am Wochenende? War es gut? Hast du irgendwelche Mädchen kennengelernt? Er wartete nicht einmal die Antwort ab, und wenn er einen ausfragte, lief er ständig hin und her, so daß man ihm mit den Augen hinterherwandern mußte. Er nervte wie kein zweiter, das steht fest. Wenn ich keine Partnerin fand, würde er den ganzen Abend neben mir stehen und mich mit Fragen bombardieren wie ein verrückt gewordener Staatsanwalt.
    Ich saß also da und blätterte die Seiten der Vorabschlußklasse um, als ich zu Jamie Sullivans Bild kam. Ich hielt nur einen Moment inne, dann blätterte ich weiter und fluchte schon deshalb, weil mir der Gedanke überhaupt gekommen war. Die nächste Stunde versuchte ich, ein Mädchen zu finden, das halbwegs gut aussah, doch langsam kam ich zu der Erkenntnis, daß sie alle vergeben waren. Schließlich schlug ich noch einmal die Seite mit Jamies Bild auf und sah es mir an. So schlecht sah sie gar nicht aus, sagte ich mir, und sie ist wirklich lieb. Wahrscheinlich würde sie zusagen, dachte ich…
    Ich klappte das Buch zu. Jamie Sullivan? Hegberts Tochter? Auf gar keinen Fall. Niemals. Meine Freunde würden mir das Leben zur Hölle machen.
    Aber wenn mir sonst nur die Wahl blieb, mit der eigenen Mutter zu gehen oder Erbrochenes aufzuwischen oder, grauenvoller Gedanke, Carey Dennison zu ertragen?
    Den Rest des Abends verbrachte ich damit, das Für und Wider meiner ausweglosen Situation abzuwägen. Wirklich wahr, ich
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