Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Titel: Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
Normalerweise hätte er dieses Thema nicht berührt, doch beide Männer waren jetzt weniger reserviert als sonst.
    Hal musterte ihn scharf, dann wandte er den Blick ab.
    »Nein, nicht Twelvetrees. Damals hatte ich keine andere Wahl. Und ich wollte ihn töten. Ich wollte … das, was zu diesem Duell geführt hat.« Er verzog das Gesicht. »Wer in Eile heiratet, hat reichlich Zeit zur Reue.« Er betrachtete den Brief auf dem Tisch und schüttelte den Kopf. Seine Hand strich sanft über Dotties Köpfchen. »Ich lasse es nicht zu, dass du meine Fehler wiederholst, John«, sagte er leise.
    Grey nickte wortlos. Hals erste Frau war von Nathaniel Twelvetrees verführt worden. Doch Hals Fehler hatten nichts damit zu tun, dass Grey niemals vorgehabt hatte, jemanden zu heiraten, und es genauso wenig jetzt vorhatte.
    Hal runzelte die Stirn und klopfte mit dem zusammengefalteten Brief auf den Tisch. Sein Blick wanderte zu John hinüber, dann legte er den Brief hin, griff in seinen Rock und zog zwei weitere Dokumente hervor. Eines davon war dem Siegel nach eindeutig offizieller Natur.
    »Dein neues Patent«, sagte er und reichte es Grey. »Für Crefeld«, sagte er und zog die Augenbraue hoch, als er den verständnislosen Blick seines Bruders sah. »Du wurdest zum Oberstleutnant brevetiert. Hattest du das vergessen?«
    »Ich – nun ja … mehr oder weniger.« Er hatte den vagen Eindruck, dass ihm irgendjemand – wahrscheinlich Hal – kurz nach Crefeld davon erzählt hatte, doch er war damals schwer verwundet und nicht in der Stimmung gewesen, an die Armee zu denken, geschweige denn, sich für eine Beförderung auf dem Schlachtfeld zu interessieren. Später …
    »Hatte es nicht einige Verwirrung deswegen gegeben?« Grey ergriff das Patent und öffnete es stirnrunzelnd. »Ich dachte, sie hätten es sich anders überlegt.«
    »Oh, dann weißt du es also doch noch«, sagte Hal, die Augenbraue immer noch hochgezogen. »General Wiedmann hat dir das Patent nach der Schlacht verliehen. Doch die Bestätigung hat sich verzögert, wegen der Ermittlungen bezüglich der Kanonenexplosion und der folgenden … äh … Aufregung wegen Adams.«
    »Oh.« Grey war nach wie vor erschüttert über die Nachricht von Nicholls’ Tod, doch bei der Erwähnung des Namens Adams begann sein Hirn wieder zu arbeiten. »Adams. Oh. Du meinst, Twelvetrees hat die Genehmigung verzögert?« Oberst Reginald Twelvetrees von der Königlichen Artillerie – Nathaniels Bruder und ein Vetter des Verräters Bernard Adams, der dank der Bemühungen Greys im vergangenen Herbst nun im Tower auf seinen Prozess wartete.
    »Ja. Der Schuft«, fügte Hal leidenschaftslos hinzu. »Eines Tages werde ich ihn zum Frühstück verspeisen.«
    »Nicht meinetwegen, hoffe ich«, sagte Grey trocken.
    »Oh nein«, versicherte ihm Hal und rüttelte sanft seine Tochter, damit sie nicht anfing zu quengeln. »Es wird mir ein ganz persönliches Vergnügen sein.«
    Trotz seiner Beunruhigung lächelte Grey bei diesen Worten und legte das Offizierspatent beiseite. »Also schön«, sagte er mit einem Blick auf das vierte Dokument, das noch zusammengefaltet auf dem Tisch lag. Der Brief schien etwas Offizielles zu sein und war bereits geöffnet worden; das Siegel war zerbrochen. »Ein Heiratsantrag, eine Mordanklage und ein neues Patent – was zum Teufel ist das? Eine Rechnung von meinem Schneider?«
    »Ah, das. Eigentlich wollte ich es dir nicht zeigen«, sagte Hal und beugte sich vorsichtig vor, um Grey den Brief zu reichen, ohne Dottie fallen zu lassen. »Aber angesichts der Umstände …«
    Er wartete ungerührt, während Grey den Brief auseinanderfaltete und ihn las. Es war die Bitte – oder die Order, je nachdem, wie man es betrachtete –, Major Lord John Grey möge dem Kriegsgerichtsverfahren gegen einen gewissen Hauptmann Charles Carruthers beiwohnen und sich für dessen Charakter verbürgen. In …
    »In Kanada?« Johns Ausruf erschreckte Dottie, die das Gesicht verzog und zu weinen drohte.
    »Schsch, Schätzchen.« Hal rüttelte sie sanft und tätschelte ihr hastig den Rücken. »Ist ja schon gut; Onkel John stellt sich nur dumm.«
    Grey ignorierte diese Worte und wedelte seinem Bruder mit dem Brief vor der Nase herum.
    »Warum zum Teufel steht Charles Carruthers vor dem Kriegsgericht? Und warum in aller Welt lädt man mich als Zeugen vor?«
    »Versagen bei der Unterdrückung einer Meuterei«, sagte Hal. »Und wieso du? Anscheinend hat er darum gebeten. Ein angeklagter Offizier darf
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher