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ZECKENALARM IM KARPFENLAND

ZECKENALARM IM KARPFENLAND

Titel: ZECKENALARM IM KARPFENLAND
Autoren: Werner Rosenzweig
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seines Vordermannes. Was war denn das? Aus dem Hemdkragen von Bruno Fuchs krabbelte etwas heraus. Etwas ganz Winziges. Jupp Hochleitner setzte seine Brille zurecht und beugte sich weiter vor. Das winzige Ding hatte rot-gelb geringelte Beinchen. Acht Stück an der Zahl. Auch Alois Holzheimer war zwischenzeitlich aufmerksam geworden. Nun marschierte das Ding auf dem Rand des Jackettkragens entlang, als ein zweiter, klitzekleiner Kopf aus dem Hemd auftauchte. „Hundsverregg, dees is a Zegg!“, rief Jupp Hochleitner so laut er konnte. Mit einem Schlag erstarb der Gesang, und alle Kirchenbesucher sahen in Richtung Jupp Hochleitner, der aufgestanden war und auf den Hals von Bruno Fuchs deutete. Nur der Organist hatte nicht mitbekommen, was drunten im Kirchenraum geschah. Innbrünstig griff er weiterhin in die Tastatur der Orgel und bediente die Pedale des Instruments mit seinen Füßen.
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    Auch Kunigunde Holzmann war fündig geworden. „Habber mers doch dengd“, flüsterte sie zufrieden vor sich hin. „Schau der bloß dees Berschla o, züchd dahamm die Scheißzeggn und bringd damid Leid um. In Orsch müssd mer dem sei ganzes Zeggn-Gschlambri neibloosn, und wenner froochd, warum, gleich nu an Ameisnhaufn hinderher.“ Neben dem Behältnis mit den Zecken fand sie, fein säuberlich nach Erscheinungsdatum sortiert, sämtliche Zeitungsartikel, welche über das Krim-Kongo-Fieber, die Opfer der Zecken, die Geschehnisse im fränkischen Freilandmuseum und natürlich über Frau Riu-Krummbauer und Frau Sievers berichteten. Kunni griff zu ihrem Mobiltelefon und rief Dirk Loos an. „Dirk, kannsd uns widder abhulln, iech hab gfunna wunach iech gsuchd hab.“ Im Flur setzte sie eine kurze SMS an Sandra Millberger ab: „Hab den Infegdzionsherd (Zeggn) gfunna. Iehr kenndna hobs nehma, den elendichn Merder.“ Als sie auf die Straße trat, hielt Dirk Loos mit quietschenden Reifen draußen in der Sandstraße.
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    Die Aufregung in der Kirche hatte sich schnell wieder gelegt. Gerald Fuchs schritt sofort beherzt ein und hielt nun die beiden Hyalomma-Zecken in einer leeren Zigarettenschachtel gefangen.
    Pfarrer Ortiz ließ es sich nicht nehmen, seinen Gottesdienst in Ruhe zu Ende zu führen. „Ja, du bist der Gott unseres Lebensstrickwerkes, du behältst unsere Lebensfäden in deiner Hand. Auch wenn wir den Tod als Abschied von dieser Welt erfahren müssen, bleibt die Dankbarkeit für das Leben, das Gott geschenkt hat. Ihn wollen wir nun loben und preisen im Lied. Wir singen Großer Gott wir loben dich , Nummer zweihundertsiebenundfünfzig, Vers eins und zehn.
    Der Mörder hatte die kurze Aufregung um seine Zecken mit verfolgt. Einer seiner kleinen Lieblinge war abgängig. Er setzte all seine Hoffnungen auf die nicht aufgetauchte Zecke und wünschte ihr, dass sie einen stillen Platz gefunden hatte, an dem sie sich vom Blut seines Stiefvaters laben konnte. Das wäre der Knüller des Tages: Gestochen im Hause Gottes, während des Gedenkgottesdienstes für den dahingeschiedenen Schwager, diesen Schmarotzer.
    Das Mobiltelefon von Sandra Millberger vibrierte ganz leise. Sie schaltete den Bildschirm ein und hielt ihn auch ihrem Chef vor die Nase. Gemeinsam lasen sie die SMS, welche Kunigunde Holzmann soeben geschickt hatte. Die beiden Polizeibeamten verließen die Kirche. Draußen telefonierte Gerald Fuchs mit Joerg Kraemer und forderte ein Team der KTU an. „Sie sollten sich so schnell wie möglich in Bewegung setzen und direkt in die Sandstraße fahren.“
    Drinnen in der Kirche beendete der katholische Geistliche den Gedenkgottesdienst. „Segne, Gott, die Tränen um unsere Toten, bewahre uns die Einsicht in die Grenzen unseres Lebens und stärke unsere Freude am Leben. Das gewähre uns der dreieinige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen. Gehet hin in Frieden. Dank sei Gott, dem Herrn.“ Die Kirchenbesucher bekreuzigten sich und erhoben sich von ihren Plätzen. „Liebe Kirchengemeinde“, ergriff Pfarrer Ortiz nochmals das Wort, „Ich darf Ihnen – trotz des traurigen Anlasses unseres heutigen Gottesdienstes – noch eine sehr erfreuliche Mitteilung mit auf den Weg geben: Ein unbekannter Spender, der nicht genannt werden möchte, hat der Kirchengemeinde eine zweckgebundene Spende in Höhe von zehntausend Euro mit folgenden Worten überlassen: ‚Ich möchte, dass unsere Kirche St. Mauritius zur Weihnachtszeit eine weitere, christliche Botschaft des Neubeginns, der Liebe von Gott zu den Menschen und des ewigen Lebens
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