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ZECKENALARM IM KARPFENLAND

ZECKENALARM IM KARPFENLAND

Titel: ZECKENALARM IM KARPFENLAND
Autoren: Werner Rosenzweig
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August war Johannes Sapper, gezeichnet vom Krim-Kongo-Fieber, aus dem Leben geschieden. Heute, zwei Monate und einen Tag später, wollten die Familie, Freunde, Bekannte und die gesamte katholische Gemeinde seiner gedenken. Julia Fuchs hatte bei Pfarrer José Ortiz einen Gedenkgottesdienst bestellt. Die Kirche war gut gefüllt. Pfarrer Ortiz war eben mit seinen sechs Ministranten unter Orgelmusik aus der Sakristei in die Kirche eingezogen und stand nun hinter dem Altar. Weihrauchduft schwängerte die Luft unter dem großen goldenen Kreuz, welches von der Kirchendecke herabhing, und zog sich bis in die ersten Bankreihen. Die Gläubigen hatten sich von ihren Bänken erhoben und warteten auf die Begrüßung durch den Geistlichen.
    „Wir haben eingeladen in diese Kirche, um an unseren verstorbenen Bruder Johannes Sapper zu denken“, ließ der Pfarrer verlauten. „Schön, dass Sie gekommen sind. In unserem Gotteshaus können wir ausdrücken, dass wir mit unserem Verstorbenen über die Zeit hinaus verbunden bleiben.“
    Fast alle waren sie gekommen. In der ersten Reihe, rechts des Ganges, standen Julia Fuchs, ihr Mann Bruno, daneben Michael Hausman, Julias Sohn aus erster Ehe, sowie Theresa Fuchs. Dahinter in der zweiten Reihe senkten Alois Holzheimer, Jupp Hochleitner, Richard Derrfuß, Roland Sprottenklee, Hanni Müller und Wastl Schaub andächtig ihre Köpfe. Auf der anderen Seite des Ganges hatte die lokale Politprominenz ihren Platz eingenommen. Ganz außen stand Bürgermeister Ludwig Gast, neben ihm Landrat Bierlinger. Dann folgten die Gemeinderäte der Freien Wähler, Norbert Eisenmann, Danny Eagle und der Bauunternehmer Ploner. Die Gemeinderäte der CSU, SPD und der Unabhängigen Röttenbacher standen dahinter, in der zweiten Reihe. Altbürgermeister Nietsche und seine Frau hatten sich zu Susanne Amon und ihrem Bruder Benno gesellt. Dann folgten der Teichwirt Klaus Baumüller und Heidi Schmidtke, die Leiterin der Gemeindebücherei. Fanny Doldinger, Veronika Sapper, Gerlinde Schmalzbauer und ihr Mann Ottokar und Gerda Wahl hatten sich unter die restlichen Gläubigen gemischt. Dass Kunigunde Holzmann, Margarethe Bauer und Dirk Loos nicht unter den Anwesenden waren, nahmen nur Gerald Fuchs und Sandra Millberger wahr, welche in einer der letzten Reihen des Gotteshauses standen. Der Kommissar durfte gar nicht daran denken, was seine Tante gerade vorhatte. Alleine bei dem Gedanken wurde ihm schon schlecht.
    „Wir feiern diesen Gottesdienst im Gedenken an Johannes Sapper und beginnen mit dem Lied Nun danket alle Gott , Nummer zweihundertsechsundsechzig, Vers eins und zwei“, teilte Pfarrer Ortiz der Trauergemeinde mit. Dann setzte Orgelmusik ein, und die Gläubigen sangen andächtig mit lauten Stimmen.
    Draußen, auf dem engen Vorplatz der Kirche, zwischen dem Haupteingang und den angrenzenden Gräbern, hatten sich vor dem Beginn des Gottesdienstes viele Gläubige versammelt, um den letzten Dorftratsch auszutauschen. Es war, wie immer, ein Gewimmel und Gewusel. Auch der Mörder war unter den Trauergästen, auf dem Platz vor der Kirche. Er beteiligte sich allerdings nicht am Austausch der Gerüchte, Tatsachen und Spekulationen. Das interessierte ihn nicht. Ihn interessierte viel mehr, wie er unauffällig an sein nächstes Opfer herankam, um diesem unbemerkt ein paar seiner kleinen Lieblinge näher zu bringen. Sie waren ausgehungert und gierig nach warmem Blut. Er konnte sie dieses Mal nicht direkt an die Haut ihres Opfers heranbringen. Heute mussten sie sich ihren Weg unauffällig selber suchen. Ob das klappen würde? Einen Versuch war es wert. Er stand schon eine ganze Weile neben dem Mann, dem er Hölle und Teufel wünschte, und hörte den Gesprächen der Umstehenden zu. „Meine Schnürsenkel!“ Ein Ausspruch des Erstaunens. Laut und deutlich, sodass jeder es hören konnte. Dann kniete er sich nieder. Niemand achtete auf ihn. Er griff in sein Jackett, holte aus der Brusttasche ein winziges Gefäß hervor und entfernte den kleinen Stöpsel. Mit seinem Körper deckte er sein Tun gegen neugierige Blicke von oben. Dann entließ er drei seiner Hyalomma-Zecken auf die Schnürsenkel seines Opfers. Er sah ihnen zu, wie sie in Sekundenschnelle die Wärme suchten und unter den Hosenbeinen des auserwählten Todeskandidaten verschwanden. In seinen Gedanken wünschte er ihnen ein erfolgreiches Gelingen. Dann richtete er sich wieder auf und ließ das winzige Glasgefäß unauffällig in seiner Jackentasche verschwinden. Der Mann
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