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Zahltag

Zahltag

Titel: Zahltag
Autoren: Petros Markaris
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Mania.
    »Wozu? In Zeiten wie diesen ist langes Nachdenken Gift. Entweder
packst du den Stier bei den Hörnern, oder er spießt dich auf. Nimm zum Beispiel
unsere Regierung: Die kommt aus dem Nachdenken gar nicht mehr heraus. Und das
tut sie so lange, bis das Land endgültig am Boden liegt.«
    »Okay, gibt mir ein, zwei Tage.«
    »Ja, aber Tage, keine Wochen.« Mania lacht. »Außerdem sind wir zwei
ja immer gut miteinander ausgekommen. Dann werden wir das auch als
Geschäftspartnerinnen tun.«
    Erst, als wir wieder im Seat sitzen, äußert Adriani ihre Meinung:
»Ein tolles Mädel. Sie hat mich richtig beeindruckt.« Ein wenig ungläubig fügt
sie hinzu: »Meinst du, es wird was draus?«
    »Wenn Katerina für ihre jetzige Arbeit ein angemessenes Gehalt
bekäme, würde sie sich vermutlich nicht auf so etwas einlassen. Aber so
vielleicht schon. Jedenfalls ist diese [402]  Idee auf jeden Fall besser als der
Job in dem Nachhilfeinstitut für Jura.«
    »Hoffentlich klappt’s, heilige Muttergottes«, sagt Adriani und
bekreuzigt sich.
    Wenn ich die Hände nicht am Lenkrad hätte, würde ich das am liebsten
auch tun, und zwar gleich in doppelter Hinsicht – einmal für Katerinas
Geschäftspläne und einmal für meine Beförderung.

[403]  53
    Koula und Vlassopoulos haben offenbar auf mich gewartet,
denn kaum öffne ich meine Bürotür, kommen sie auf den Korridor gestürmt. Ihr
Gesichtsausdruck verrät mir, dass sie etwas auf dem Herzen haben.
    »Na, was gibt’s Neues?«, frage ich Vlassopoulos.
    »Bei keiner einzigen Airline wurde ein Ticket auf den Namen
Nassiotis für Europa oder in die USA gebucht. Ob
er nach Afrika oder Asien ausgereist ist, wird noch geprüft.«
    »Gut«, antworte ich, doch ich bin mir sicher, dass man nichts finden
wird, denn Nassiotis ist bestimmt noch in Griechenland. »Ich sag’s noch mal:
Wenn er im Land ist, darf er uns auf gar keinen Fall entwischen, damit wir
nicht über Interpol nach ihm fahnden müssen.«
    »Wenn er hier ist, entkommt er uns garantiert nicht«, bekräftigt
Vlassopoulos und geht wieder an seine Arbeit. Daher wende ich mich jetzt Koula
zu.
    »Und, was haben Sie herausgefunden?«
    »Gestern habe ich bis spätnachts recherchiert und bin dabei auf
einen Fall gestoßen, der interessant sein könnte. Es gibt da einen gewissen
Nikolaos Nassiotis, Sohn des Jerassimos.«
    »Der Vater von unserem Nassiotis womöglich?«
    »Vielleicht ist es ja nur eine zufällige Namensgleichheit, doch das
wäre schon ungewöhnlich.«
    [404]  »Stimmt. Und wo hält sich dieser Nikolaos Nassiotis auf?«
    »Nirgendwo, er ist vor einem Jahr gestorben. Diesbezüglich ist mir
etwas aufgefallen.«
    »Was denn?«
    »Nassiotis besaß ein Geschäft an der Ecke Sosopoleos- und
Alkamenous-Straße in Attiki. Bis jetzt ist kein Angehöriger aufgetaucht, um
Anspruch auf die Erbschaft anzumelden.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Absolut. Wäre Jerassimos Nassiotis der Erbe, hätte er sich doch
normalerweise gemeldet, oder?«
    »Ja, das wäre naheliegend, aber was ist in diesem Fall schon
normal?«
    Wenn Nassiotis die Morde bereits geplant hatte, als sein Vater
starb, dann hat er das Erbe womöglich deshalb nicht angetreten, damit wir ihn
auf diesem Weg nicht ausfindig machen können. Jedenfalls ist es sicher nicht
falsch, Nikolaos Nassiotis’ Laden einen Besuch abzustatten.
    »Wir schauen uns das Geschäft einmal an. Dermitsakis soll uns
fahren, und kümmern Sie sich um einen Streifenwagen.«
    Bevor der Polizeiwagen bereitsteht, brauche ich jedoch noch etwas
anderes, das mir nur Gikas verschaffen kann. Also fahre ich hoch und erstatte
über die neuesten Entwicklungen Bericht.
    »Meinen Sie, wir sind auf eine Goldader gestoßen?«, fragt er.
    »Ob es eine Goldader ist oder nur ein Kohleflöz, wird sich zeigen.
Jedenfalls muss sich Nassiotis noch in Griechenland aufhalten, und
möglicherweise gehörte dieses Geschäft seinem Vater. Für den Einsatz benötige
ich einen [405]  Durchsuchungsbeschluss. Wenn ich den selbst beantrage, dauert es
vermutlich eine Weile. Ich brauche ihn aber sofort.«
    Gikas ruft bei der Staatsanwaltschaft an und erklärt in dramatischem
Tonfall, dass wir dringend einen Durchsuchungsbefehl brauchen, da wir davon
ausgehen, in dem Laden auf Indizien zu stoßen, die es uns erlauben, den
Tatverdächtigen festzunehmen, bevor er sich ins Ausland absetzt.
    »Sie schicken uns den Beschluss sofort rüber«, erklärt er.
    »Na, dann hoffen wir mal inständig, dass wir richtigliegen«, sage
ich noch,
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