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Yendi

Yendi

Titel: Yendi
Autoren: Steven Brust
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Sethra. »Und?«
    »Ich bezweifle«, meinte sie, »daß Adron hinter einer derartigen Verschwörung steckte. Das ist nicht seine Art. Außerdem hat er sich ganz gut mit Baritt verstanden.«
    »Das beweist gar nichts«, sagte ich. »Allenfalls spricht es noch mehr gegen ihn. Wie gut hat er sich mit der Zauberin in Grün verstanden?«
    Sethra schloß die Augen, als fiele es ihr schwer, sich zu erinnern. Dann sagte sie: »Wir haben uns damals alle gut verstanden. Aber Adron hat der Zauberin nie besonders nahe gestanden.«
    »Also«, sagte ich, »wenn Adron es für seine Pflicht gehalten hat, das Gestirn an sich zu bringen, hat er vielleicht auch gedacht, es sei seine Pflicht, sicherzustellen, daß er der nächste Imperator wird.«
    »Das glaube ich nicht«, keifte Aliera, die immer wütender wurde. Ich fing zu lachen an. Sie stand funkelnd auf. »Darf ich vielleicht mitlachen, Vlad?«
    »Ich komme nur nicht darüber hinweg, wie komisch das ist. Wir reden hier von einem Typen, der bei dem Versuch, das Gestirn an sich zu bringen, das halbe Dragaeranische Imperium in die Luft jagt, ein Meer aus Chaos erzeugt, wo einmal die größte Stadt des Imperiums stand, ich weiß nicht wie viele Millionen Menschen umbringt, und du regst dich auf, weil ich mich frage, ob er womöglich ein kleines bißchen gepfuscht hat, damit sein Weg nicht ganz so schwer wird.«
    Cawti fing ebenfalls zu lachen an. Von den anderen fand es wohl niemand komisch. Das machte es um so lustiger, und einen Moment lang hatte ich beinahe einen hysterischen Anfall. Aliera sagte: »Das ist etwas anderes. Dazu mußte er Sethra hereinlegen, die eine Freundin war. Es gibt noch so etwas wie Ehre im Haus der Dragon.«
    Merkwürdigerweise ernüchterte mich das. Es war zwar nicht weniger komisch, aber irgendwie war es auch traurig. Im gleichen Moment bezwang auch Cawti ihre Heiterkeit. Ich sagte: »Schon gut, Aliera. Vielleicht hat er es nicht selbst getan, aber die Zauberin in Grün hätte es doch ohne sein Wissen tun können, oder nicht?«
    Schnaubend setzte Aliera sich wieder. »Das bezweifle ich.«
    »Na schön. Und wie haben sich dann Adron und Norathars Vater K’laiyer verstanden?«
    Aliera zuckte die Achseln und schaute hochnäsig in eine andere Richtung. Ich wandte mich an Sethra. Sie schien sich unbehaglich zu fühlen, sagte jedoch: »Ich weiß noch, sie hatten Meinungsverschiedenheiten. Ganz gewiß waren sie keine erbitterten Gegner, aber sie hatten schon Streit.«
    »Natürlich hatten sie Streit!« rief Aliera. »Mein Vater fand, die Dragon müßten den Thron an sich bringen, K’laiyer nicht.«
    Sethra nickte. »Darum ging es eigentlich«, sagte sie. »Sie waren sich nicht einig, wie dringlich die Angelegenheit war.«
    »Welche Angelegenheit?«
    »Die Dekadenz des Imperators. Imperatoren der Phönix werden am Ende ihrer Regierungszeit immer dekadent, außer alle siebzehn Zyklen, wenn es einen wiedergeborenen Phönix gibt, so wie Zerika. Weil es das Ende eines Großen Zyklus war – von siebzehn Zyklen –, stand es besonders schlimm. Das Imperium schien zu zerfallen, die Ostländer begingen Übergriffe an der Grenze, und Adron war der Ansicht, der Imperator sollte entweder abtreten oder beseitigt werden.«
    »Und K’laiyer fand das nicht?«
    »Nein. Ich weiß noch, wie er mir mal erklärt hat, daß die ›Übergriffe‹ auf Gebieten stattfanden, die ohnehin größtenteils von Ostländern bevölkert waren. Er sagte, eigentlich sei es deren Land, und er sah keinen Grund, warum sie es nicht zurückhaben sollten.«
    »Ich glaube, der Kerl hätte mir gefallen«, meinte ich.
    »Kann sein«, sagte Sethra. »Er war auch ganz angenehm. Und ich glaube, er hätte einen guten Imperator abgegeben.«
    »Für mich hört es sich so an«, begann ich und schaute auf Aliera, »als wäre Adron –«
    »Ich glaube, es ist Zeit für das Abendessen«, unterbrach Morrolan. »Vielleicht sollten wir dies nach der Mahlzeit fortsetzen?«
    Ich lächelte leicht, nickte, stand auf und bot Cawti meinen Arm. Sie hakte sich ein, und wir gingen zum kleinen Speisesaal. Ich hoffte, diese Mahlzeit würde leichter zu verdauen sein als die letzte mit diesen Leuten.
    Was mir jenes Essen wieder in Erinnerung rief. Was mir die Tage, die ich im Dzurberg verbracht hatte, wieder in Erinnerung rief. Die meisten dieser Erinnerungen waren recht angenehm.
    Aber da war doch auch eine Unterhaltung gewesen … Das konnte doch wohl nichts damit zu tun haben? Oder? Die ganze Mühe, nur um das zu erreichen?
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