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Xperten 1.2 - Der Mindcaller

Xperten 1.2 - Der Mindcaller

Titel: Xperten 1.2 - Der Mindcaller
Autoren: Hermann Maurer
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über Zeit und Raum und durch alle Prüfungen und Gefahren. Oft vergeht die Zeit so schnell, dass sie überhastet aufbrechen und in die Stadt zurückeilen müssen, denn Kalina besteht darauf, jeden Tag mindest einige Stunden ernsthaft an ihren Studium arbeiten zu können.
    Im Laufe der Monate wird das verborgene Tal ein mystisches Zuhause für die beiden Freundinnen. Im späten Frühling oder an den Herbstnachmittagen, wenn die Sonne schräg auf die Lichtung oberhalb des Tales fällt, verwandeln sich die Gräser und Farnkräuter zu einem Schauspiel goldener Farbtöne mit einer solchen Eindringlichkeit, dass Aroha die Gegend ‚Welt des Lichtes‘ oder auf Maori ‚Aorama‘ nennt... einen Ausdruck, den sie nur mehr vage aus der Kindheit kennt, den sie zur Sicherheit im Internet überprüft.
    Die Stimmung in ‚Aorama‘ ist so einzigartig, dass Aroha nach langer Zeit auch wieder ihren Skizzenblock zu verwenden beginnt, und auch ihre Staffelei und Malfarben wieder auspackt.

    So ist es für Aroha dann auch ganz natürlich, dass sie Kalina als die ungewöhnliche junge Frau des ungewöhnlichen verborgenen Tales sieht und sich vorstellt, dass Kalina feinsten Stoff wie aus Altweibersommer gewoben trägt, in hellen Blau- und Gelbtönen. Und sie schenkt ihr ein Silberkettchen mit kleinen grünen Steinen, die in der Sonne glitzern wie das Meer.

Ode an eine ungewöhnliche junge Frau
    An die Überlebendigkeit:
    Augen leuchten, glänzen,
    Strahlen
    Spiegel der Seele
    Prächtig
    Klugheit
    Mehr, als nur sein
    Überzeugend, überwältigend
    An die Schaffenskraft:
    Denkendes Fühlen, fühlendes Denken
    Tanzende Großmütter
    Starke junge Männer neben
    Verkrüppeltem Lachen
    An die Überempfindsamkeit:
    Kratzende Wolljacken
    Mitleid
    Fingerspitzen, die suchen
    Gefurchte Stirne, Stille, und Verstehen
    An die Herausforderung:
    Sprache verstehen
    Furcht unbekannt
    Durchhaltevermögen
    An das Geräusch der Brandung:
    Weiche Stellen
    Warmes Getränk
    Vertrauen
    Morgengrauen
    An den Wind und den heftigen Regen:
    Sanftes Warmsein
    Bodenlose Tümpel
    Friede, unendlich weit
    Lieder ohne Gesang
    An das weiße Hemd, die weißen Kamelien
    und das Mondlicht auf dem Wasser:
    Klare Linien die zittern
    Unbeschreiblich süß
    Griechisch
    An den blauen Enzian:
    Schönheit in Kleinheit, Eleganz
    Welt in einer Welt, in einer Welt, in...
    An die Liebe:
    Fliegen, aufsteigen
    Ohne Grenzen
    Durchdringendes Glück
    Goldenes Kreisen
    Das Ganze ist so viel größer als die Teile

Es gibt manche Gelegenheiten, bei denen sie Musiker nach Aorama einladen. Sie machen dann Musik mit Gitarren, Flöten verschiedenster Art und der Bassklarinette. Und als Begleitung dient der Rhythmus der Brandung.
    Sie tanzen im Mondlicht und beim flackernden Feuer bis die ersten auf der Lichtung in ihre Schlafsäcke kriechen. Aber da gibt es noch keine geschlossenen Augen. Sondern es beginnen sich die weichen, dann wieder heftigen Töne der Singenden unvergesslich harmonisch zu vermischen mit dem Klang der Musikinstrumente. Es entsteht eine Bindung, mächtiger als eine starke Umarmung.
    Manchmal steigen die beiden Freundinnen tiefer in das verborgene Tal, das etwas Magisches ausstrahlt. Aroha empfindet diese Aura manchmal so stark, dass sie nur mehr flüsternd zu sprechen wagt, und oft so wortkarg wird, das Kalina erstaunt und neugierig das entrückte Gesicht Arohas sieht. Aroha kommt es manchmal fast so vor, als würde sie in eine Kirche gehen, in der die mächtigen Kauri-Bäume die Säulen sind, die die Decke der Kirche, den blauen Himmel, tragen. Ihr Herz scheint dann hinaufzureichen bis zu den Wolken, zum Wind in den Baumwipfeln, zu den Vögeln, die ihren Freunden zurufen, zu den Möwen und Schwalben die ihre Kapriolen hoch über dem Meer machen. Kalina zeigt Aroha die Hummel, die aus dem moosbedeckten Erdloch heraus kriecht, die Ameisen, die Teile von Blättern über Hindernisse hinweg tragen, die schwarzen Käfer, die in der Sonne sitzen, als wollten sie noch schwärzer werden. Beide sammeln die blassgrünen Buschorchideen mit ihrem errötenden Inneren. Und immer hört Aroha die schwachen tiefkehlige Echos von Wind und Meer, als würden sie sie rufen und rufen ...
    Nach einem solchen Tag nimmt Aroha ihren Anhänger, das Kapakapa, aus dem Versteck in der Schublade heraus. Sie tastet mit ihren Fingern über die glatte Oberfläche, bevor sie die Kette über den Kopf gleiten lässt. Am Anfang fühlt sie sich unsicher, fürchtet sich vor plötzlich auftauchenden Bildern. Aber als
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