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Xperten 1.2 - Der Mindcaller

Xperten 1.2 - Der Mindcaller

Titel: Xperten 1.2 - Der Mindcaller
Autoren: Hermann Maurer
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länger als erwartet und recht anstrengend gewesen, es ist schon knapp vor Mitternacht.
    »Ich habe mein Insektenschutzmittel vergessen. Hast du deines mitgenommen?« fragt Kalina die neben ihr liegende Aroha.
    »Ja, habe ich, da, verwende es. Mein Problem ist, ich habe kein Deodorant mit und werde nach zwei Tagen großartig riechen.«
    »Das werden wir alle«, meint Kalina schläfrig, »mach dir nur deswegen keine Sorgen.«

    Aroha ist körperlich müde, aber sonst ist sie es nicht. Sie fühlt mit Erregung das Kapakapa, das irgendwie aktiv ist. Es beginnt eine Verbindung zwischen Natur und ihr herzustellen. Sie spürt wie der Wind flüstert und sie ruft, sie möge zur ‚Kathedrale‘ im verborgen Tal kommen. Aroha weiß, dass sie alle am nächsten Tag dort hin gehen werden und schläft mit einem Gefühl der Vorfreude und Neugier ein.
    Am nächsten Morgen wachen sie beim ersten Vogelgezwitscher auf. Sie lassen die großen Rucksäcke auf der Lichtung zurück und nehmen nur mit, was sie untertags brauchen werden. Aroha führt sie zum Rand der Lichtung, wo es steil in das verborgene Tal hinunter geht. Sie stolpern und rutschen lachend hinunter, schon jetzt überall voll Schmutz und Lehm, bis zum Ursprung des Bachs, bis sie schließlich zu der Stelle gelangen, wo man nur auf den Knien kriechend durch kann, wie Aroha es seinerzeit gemacht hatte. Dann stehen sie erstaunt und in Ehrfurcht in der ‚Kathedrale‘. Ihre Augen folgen den großen Kauribäumen, die durch das Blätterdach zum Himmel durchstoßen. Alle sind von dieser Stelle überwältigt und beeindruckt. Kevin berührt Aroha kurz an der Hand.
    [17] Wanderungen in Neuseeland, vor allem auf der Nordinsel, sind oft nur möglich, wenn man Bäche nicht nur immer wieder durchquert, sondern sogar fallweise in ihnen entlang geht, weil der Busch daneben zu undurchdringlich ist, oder die Felsen zu unwegsam sind. Die Schuhe auszuziehen, wie man das in Europa machen würde, wäre ein Fehler, man würde sich früher oder später verletzen. Das Wasser durch geschicktes Ausnutzen von Steinen zu vermeiden, führt unweigerlich dazu dass man irgendwann ausrutscht und zur Gänze ins Wasser fällt...
    »Danke, dass du uns zu diesem Platz gebracht hast. Er ist wie aus einer anderen Welt.« Ihre Augen treffen sich.
    Da merkt Aroha, dass der Wind ihr drängend zuflüstert. Sie sieht, wie der Wind zwei dünne Stämme von jungen, nebeneinander stehenden Kauris bewegt, die ihr zuwinken.
    »Hier müssen wir weiter gehen«, flüstert sie, »es wird Zeit.«
    Wie sie nacheinander zwischen den beiden Kauris durchgehen merken alle, aber nicht alle gleich stark, dass sich vieles um sie in eigentümlicher Weise verändert. Aroha, die dies am stärksten spürt, schnürt es die Kehle zusammen, sie bringt kein Wort heraus. Sie merkt, wie sich das Licht gewandelt hat, die Farbtöne und die Intensität. Wieso? Was hat das zu bedeuten?
    »Schaut euch die Farbe der Bäume an«, flüstert schließlich Jeannie.
    »Sie sind irgendwie seltsam, oder seltsam geworden. Aber ich kann es nicht richtig in Worte fassen«, murmelt Kevin.
    »Und merkt ihr den Geruch«, sagt Mike, »er ist irgendwie frischer als ich ihn je in irgendeinem Tal bemerkt habe.«
    »Ja, ich habe auch ein ganz starkes Gefühl, dass hier alles irgendwie jünger ist, neu ist«, stammelt Aroha, die ihre Sprache wieder gefunden hat.
    Langsam und vorsichtig gehen sie weiter talabwärts. Sie klettern an einer Reihe von Wasserfällen vorbei, rutschen über feuchte Grashänge, überqueren mehrmals den Bach, wobei sie ohne zu zögern mit ihren Bergschuhen direkt in das Wasser steigen 17 .
    Nachdem sie an einem Wasserfall hinunter vorbeigeklettert sind, der größer war als alle vorhergehenden, machen sie Rast und essen eine Kleinigkeit und genießen diese unberührte ungewöhnliche Umgebung.
    »Also ich muss schon sagen«, beginnt Mike zögernd, »diese ganze Gegend erscheint mir irgendwie fremd«.
    »Ja«, ergänzt Kevin, »ich habe noch nie einen so hohen Wasserfall in den ganzen Waitakeres gesehen, und wir sind in einer Gegend, die ich an sich gut kenne!«
    »Sind wir vielleicht bei der ‚Kathedrale‘ irgendwie auf die andere Seite des Bergrückens gekommen ohne es zu merken? Aber ich kann mir das nicht vorstellen: Wir sind doch nie weit vom Bach weggekommen«, sagt Mike.
    Kevin ist ganz sicher: »Nein, das ist unmöglich. Alles erscheint mir seit der ‚Kathedrale‘ irgendwie wundersam. Ist dir aufgefallen, wie leicht wir den schwierigen
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